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Ernährungsberatung: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich habe ein neunmonatiges Fernstudium zum Ernährungsberater absolviert. Reicht ein solches Kurzstudium aus, um als Freiberufler zu gelten? Wie sieht es mit Beratung/Lehrtätigkeit aus? Die Beratung orientiert sich zwar an festen Leitlinien, wird aber teilweise auf den jeweiligen Kunden angepasst.

Antwort

Ernährungsberatung können Sie grundsätzlich ohne oder mit Kassenzulassung anbieten. Für die Kassenzulassung in der Ernährungsberatung sind Qualifikationen gefordert wie Diplom-Oecotrophologen, Diplom-Ernährungswissenschaftler, Diplomingenieure Ernährungs- und Hygienetechnik und Diätassistenten. Hinzu können kommen jeweils gültige Zusatzqualifikation für Ernährungsberatung.

Wenn Sie Präventionskurse anbieten, ist eine (teilweise) Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenkassen möglich. Lesen Sie hierzu den GKV-Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes unter www.gkv-spitzenverband.de, aufgerufen am 11.08.2015.

In jedem Fall ist hierzu die Absprache mit der Krankenkasse erforderlich! Entsprechendes gilt für die Ernährungstherapie. Die Abrechnung mit den Krankenkassen bedeutet jedoch k e in e automatische Erfassung als Freiberuflerin bei der Finanzverwaltung. Ein Heilberuf im Sinne des § 18 EStG liegt nicht vor, ein den Heilberufen ähnlicher Beruf auch nicht. Bleibt lediglich die unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit.

Erzieherische und unterrichtende Tätigkeiten: Die Rechtsprechung - in der Regel die des Bundesfinanzhofes (BFH) - hat zu einer Einbeziehung zahlreicher Berufe, den so genannten "Katalogberufen" "ähnlichen Berufen", im Sinne des § 18 Abs.1. Nr. 1 EStG, in den Kreis der Freien Berufe geführt. Hierbei ist in der Regel von der Erfordernis einer Einzelfallprüfung auszugehen. Den Katalogberufen stellt die Rechtsprechung die ähnlichen Berufe gleich. Da sich die Berufsbilder, insbesondere durch technologische und gesellschaftliche Entwicklungen, im Lauf der Zeit ändern, entscheiden in den einzelnen Fällen vor allem Finanzämter und Finanzgerichte über die Freiberuflichkeit. Dabei orientieren sie sich wiederum an der Unterscheidung des §18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuerrechts in wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende und erzieherische Tätigkeiten. Bei therapeutisch-erzieherischen Tätigkeiten außerhalb des Regelungsbereiches des Psychotherapeutengesetzes stehen neben dem Ziel der Heilung auch die Bildung der Persönlichkeit und die Schulung des Charakters im Vordergrund. Die Steuerpflichtigen müssen dazu keine besonders geregelte Ausbildung und keine fachliche Prüfung abgelegt haben.

Erzieherische Tätigkeiten (nur bei Kindern und Jugendlichen!)
Aus der Rechtsprechung: erzieherische Tätigkeiten Das Betreiben eines Kinderheims ist nur dann insgesamt keine gewerbliche, sondern eine erzieherische (nicht gewerbesteuerpflichtige) Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn die auswärtige Unterbringung in erster Linie zum Zweck der planmäßigen körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen erfolgt und die freiberufliche Tätigkeit der Gesamtleistung des Heims das Gepräge gibt. Erzieherische (nicht gewerbesteuerpflichtige) Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, hat in erster Linie den Zweck der planmäßigen körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen. Dabei ist unter Mündigkeit die Fähigkeit zu verstehen, selbständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bestehen. Vor allem bei der Erwachsenenbildung stellt sich die Frage, ob diese überhaupt noch erziehbar im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind, da sie schon tüchtige und mündige Menschen sind.

Unterrichtende Tätigkeiten
Zur freiberuflichen Tätigkeit gehört auch die selbstständig ausgeübte "unterrichtende" Tätigkeit, wobei als "unterrichtend" jede Art der persönlichen Lehrtätigkeit, insbesondere auch der Unterricht im Tanzen, Schwimmen, Reiten usw. gehört. Beschränkt sich die Tätigkeit allerdings nicht auf das Vermitteln von Fertigkeiten, sondern werden im Zusammenhang mit der Unterrichtstätigkeit auch noch andere Leistungen geboten, so kann je nach Art und Umfang dieser anderen Leistungen insgesamt eine gewerbliche Betätigung vorliegen. Das gilt bei der Erteilung von Reitunterricht vor allem für die Fälle, in denen neben der Unterrichtserteilung auch noch Reitanlagen zur Verfügung gestellt sowie Clubräume und dergleichen bereitgestellt werden.

Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit.

Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln (BFH IV R 130/79 v. 1. 4. 1982, BStBl. II 82, 589 = BFHE 136, 86). Schreibt jedoch das öffentliche Berufsrecht einen bestimmten Befähigungsnachweis oder eine behördliche Zulassung vor, so spricht eine Vermutung dafür, dass beim Fehlen des Nachweises oder der Zulassung der Unterrichtende die erforderlichen Fähigkeiten nicht besitzt.

Ergebnis
Es ist folglich nicht auszuschließen, dass bei Ihnen ein Gewerbe vorliegt. Aber: Viele Lehrende werden nach meiner Erfahrung von der Finanzverwaltung als freiberuflich behandelt und dies wird von den Gewerbeämtern nicht hinterfragt. Sollte ein Gewerbeamt aufmerksam werden, ergeht möglicherweise zunächst die Aufforderung zur Gewerbeanmeldung, eine Geldbuße folgt erst bei Unterlassung. Im Einzelfall kann die Finanzverwaltung die Freiberuflichkeit akzeptieren, während das Gewerbeamt eine Gewerbeanmeldung fordert. Die Begründung aus der Sicht der Gewerbebehörden lautet: Eine Dienstleistung höherer Art liegt nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlich ist. Da in der Ernährungsberatung zwar eine hochqualifizierte Ausbildung erforderlich ist, aber nicht immer ein Studium, könnten Sie sich auf diesen Umstand berufen. Mit dem Finanzamt müssten Sie also auf jeden Fall Kontakt aufnehmen.

Beachten Sie bitte hierzu noch das Folgende: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden.

Gesetzliche Rentenversicherung für Unterrichter
Beachten Sie bitte auch die Pflichtversicherung von selbstständig Lehrenden in der gesetzlichen Rentenversicherung. Näher Informationen erhalten Sie unter www.deutsche-rentenversicherung.de, aufgerufen am 11.08.2015.

Unter den genannten Voraussetzungen können Sie also steuerlich freiberuflich sein. Es tut mir leid, dass ich Ihnen keine einfachere Antwort geben konnte. Aber diese Dinge sind in Deutschland tatsächlich so "geregelt".

Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2015

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