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„Freie Mitarbeit“: wie definiert?

Frage

Ich möchte mich als Altenpflegerin selbständig machen. Da ich eine Zusatzausbildung als Pflegedienstleitung sowie eine Weiterbildung zur Pflegeberaterin habe, plane ich, mich bei Krankenkassen vorzustellen. Jetzt habe ich ein Stellenangebot einer Krankenkasse gefunden, die „freie Mitarbeiter in Voll- oder Teilzeit für Pflegebegutachtungen“ suchen. Ist das im Sinne der Freiberuflichkeit überhaupt zulässig? Wie definiert man in diesem Fall die freie Mitarbeit?

Antwort

Wenn Sie einen Vertrag über freie Mitarbeit abschließen wollen, sollten Sie die Themen „Selbstständige mit einem Auftraggeber“ und „Scheinselbstständigkeit“ beachten. Hier finden Sie die Kriterien, die für eine freie Mitarbeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn gelten.

Wie ein Vertrag über die freie Mitarbeit aussehen könnte, können Sie in folgendem Beispiel der IHK München einsehen.
Beachten Sie bitte besonders die §§ 1 und 2. An dieser Stelle ist im Ernstfall juristischer Beistand zu empfehlen.

Nach dem Einkommensteuerrecht sind Sie als Pflegegutachterin freiberuflich tätig, wenn Sie die folgenden Anforderungen erfüllen: Für eine freiberufliche Tätigkeit spricht es grundsätzlich, wenn Sachverständige auf der Grundlage von Disziplinen, die an Hochschulen gelehrt werden, nach „sachlichen und objektiven Gesichtspunkten zur Lösung schwieriger Streitfragen Stellung bezieht“; für gewerbliche Tätigkeit hingegen spricht es, wenn der Sachverständige an seine gewerblichen oder handwerklichen Erfahrungen anknüpft und kommerzielle Gesichtspunkte in den Vordergrund treten (Bundesfinanzhof BFH IV 6/53 U v. 4. 2. 54, BStBl III 54, 147; IV 696-697/54 U v. 24. 1. 57, BStBl III 57, 106; VIII 23/65 v. 22. 6. 71, BStBl II 71, 749). Das ist leider sehr abstrakt. Hier würde Ihnen nur die Absprache mit dem Finanzamt helfen, da der Grundsatz der Einzelfallprüfung gilt.

Wann ist nun Pflege freiberuflich? Die Antwort finden wir in einem Schreiben der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main aus dem Jahr 2019:
„2.1 Leistungen der häuslichen Krankenpflege, § 37 SGB V
Werden Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht, stellt dies die Ausübung eines Heilhilfsberufs dar, die mit der Tätigkeit eines Krankengymnasten vergleichbar ist. Es handelt sich somit um eine freiberufliche Tätigkeit.
Wesentlicher Bestandteil einer solchen Pflegeleistung ist immer die Behandlungspflege, die als medizinische Hilfeleistung unter Verantwortung eines Arztes erbracht wird und somit auf einer Stufe mit Leistungen anderer Heilhilfsberufe steht.
Wird die Behandlungspflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erbracht, prägt sie die gesamte Pflegeleistung, so dass auch gem. § 37 SGB V zusätzlich zu erbringende Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung nichts an der Vergleichbarkeit der Tätigkeit mit anderen Heilhilfsberufen ändern.

2.2 Leistungen der häuslichen Pflegehilfe, § 36 SGB XI
Die Erbringung von Leistungen der häuslichen Pflegehilfe stellt keine heilhilfsberufliche Tätigkeit dar, da hierbei primär Hilfeleistungen für gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen des täglichen Lebens erbracht werden.“
Quelle: OFD Frankfurt/M. v. 26.07.2019 - S 2246 A - 023 - St 21

Qualifikation und Tätigkeit aus Abschnitt 2.1 dieses Schreibens müssen also die Pflegetätigkeit eindeutig prägen, um eine Zuordnung zu den freien Berufen zu erzielen.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander

Unternehmensberatung

Stand:
Oktober 2020

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