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Textbüro: Welche Rechtsform eignet sich?

Frage

Meine Frau und ich wollen aus dem Süden in den Norden ziehen, um näher bei ihrer betagten Mutter zu sein. Wir wollen gemeinsam freiberuflich eine Art Textbüro gründen mit Dienstleistungen rund um das Schreiben, dazu weiterhin eigene Bücher schreiben. In der Anfangsphase werden die Einnahmen wohl überschaubar bleiben, wir werden auch von Ersparnissen leben.


Was wäre die beste Rechtsform? Am liebsten würden wir die Sache gemeinsam auf Augenhöhe betreiben, auch um den Aufwand zu begrenzen. Als Einzelunternehmen, und wir losen aus, wer das Unternehmen gründet und wer „nur" mitarbeitet? Als GbR? Als Partnergesellschaft?

Antwort

Wenn Sie eine Tätigkeit aufnehmen, müssen Sie ein Gewerbe oder eine freiberufliche Tätigkeit anmelden. Gehört Ihre Tätigkeit aufgrund Ihrer Qualifikation, z.B. durch ein Hochschulstudium, zu den sogenannten Katalogberufen des §18 EStG, so haben Sie auch die Möglichkeit eine freiberufliche Tätigkeit auszuüben und diese beim Finanzamt anzumelden.

Freiberufler
sind nicht gewerbesteuerpflichtig. In §18 des Einkommenssteuergesetzes ist geregelt, welche Berufe zu den freien Berufen gehören und welche Qualifikationen erforderlich sind. In der Regel sind dies selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten. Dabei ist nicht ein absolviertes Hochschulstudium das Kriterium, sondern es muss sich um eine Ausbildung wissenschaftlicher Art handeln. Darunter fallen auch das Selbststudium oder durch Berufstätigkeit erworbene Kenntnisse. Die Kenntnisse müssen dem Niveau eines Hochschulstudiums entsprechen.

Das Verfassen eigener Bücher gehört zu den freiberuflichen Tätigkeiten. Inwieweit dies auf die Dienstleistungen rund ums Schreiben zutrifft, kann ich aufgrund Ihrer Angaben nicht beurteilen. Ich empfehle Ihnen das Gespräch mit dem zuständigen Finanzamt zu suchen. Eventuell kommt für Sie beides, eine freiberufliche Tätigkeit und ein Gewerbe, in Betracht. Arbeiten Sie und Ihre Frau beide freiberuflich, so können Sie eine Partnergesellschaft gründen.

Sollten Sie auch ein Gewerbe betreiben, so müssen Sie es, nach § 14 GewO, beim zuständigen Gewerbeamt Ihrer Stadt oder Ihrer Gemeinde anmelden. In der Regel, viele Behörden bieten dies mittlerweile an, kann die Anmeldung online erfolgen. Das Gewerbe muss gleichzeitig mit der Aufnahme der Tätigkeit angemeldet werden und die Anmeldung ist gebührenpflichtig. Sie können Ihr Gewerbe auch nebenberuflich betreiben.

Bei der Gewerbeanmeldung müssen Sie auch angeben, ob Sie ein Handwerk oder einen Handel betreiben. Aus Ihrer Angabe wird auch abgeleitet, ob Sie Mitglied der Industrie und Handelskammer (IHK) oder der Handelskammer werden müssen. In Deutschland gibt es eine Pflichtmitgliedschaft von Gewerbetreibenden in Handwerks- oder Industrie- und Handelskammern, die gesetzlich geregelt ist.

Als Mitglied einer Industrie und Handelskammer und/oder einer Handwerkskammer müssen Sie einen jährlichen Mitgliedsbeitrag zahlen. Die Höhe dieses Beitrages wird von Ihrer zuständigen Industrie- und Handelskammer festgelegt. Für Existenzgründer gibt es häufig Sonderregelungen.

Auch wenn das Gewerbeamt die IHK bzw. die Handwerkskammer über Ihre Gewerbeanmeldung informiert, so empfehle ich Ihnen, mit Ihrer Gewerbeanmeldung auch direkt das Gespräch mit der jeweiligen Kammer zu suchen und sich über fällige Gebühren und Mitgliedsbeiträge informieren.

Mit Ihrer Gewerbeanmeldung geht auch automatisch eine Meldung an das Finanzamt Auch hier empfiehlt es sich, direkt das Gespräch zu suchen und nicht darauf zu warten, bis Sie angeschrieben werden.

Für das Finanzamt müssen Sie einen Fragebogen ausfüllen, in dem Sie zum Beispiel nach den zu erwarteten Einkünften befragt werden. Das ist für das Finanzamt vor allem wichtig, um zu entscheiden, ob eine Befreiung von der Umsatzsteuer im Rahmen der sogenannten Kleinunternehmer-Regelung nach § 19 UStG möglich ist.

Für Unternehmensgründer gilt, dass sie im ersten Jahr hochgerechnet nicht über 22.000 Euro Umsatz kommen dürfen. „Hochgerechnet“ bedeutet, dass das Finanzamt Ihren getätigten Jahresumsatz, wenn Sie Ihr Geschäft unterjährig gründen, auf 12 Monate hochrechnet. Zum Beispiel sind Sie in einem Jahr nur sechs Monate unternehmerisch aktiv und erwirtschaften in diesem halben Jahr einen Umsatz von 10.000 Euro, so geht das Finanzamt von einem Jahresumsatz von 20.000 Euro aus.

Wählen Sie die Kleinunternehmerregelung müssen Sie auf Ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen, können aber auch keine Vorsteuer geltend machen.

Ihre Angaben sind ebenfalls wichtig für die Festsetzung einer möglichen Einkommensteuer und gegebenenfalls einer Gewerbesteuervorauszahlung. Ob und welcher Höhe Sie Vorauszahlungen leisten müssen, sollten Sie direkt mit Ihrem Ansprechpartner beim Finanzamt besprechen. Auf jeden Fall müssen Sie Vorauszahlungen, die Sie ggf. leisten müssen, in Ihrer Liquiditätsplanung berücksichtigen.

Versteuern müssen Sie Ihre gesamten Jahreseinkünfte. Die Höhe Ihrer Einkommenssteuer ermittelt das Finanzamt aufgrund Ihrer Einkommenssteuererklärung, in der Sie all Ihre Einkünfte angeben müssen.

Die Wahl der Rechtsform im Zuge Ihrer Unternehmensgründung hängt von verschiedenen Faktoren wie Startkapital oder Haftung ab. Möglich ist die Selbstständigkeit als Einzelunternehmen, Partnergesellschaft-PartG oder Kapitalgesellschaft.

In Ihrem Fall bietet sich vermutlich eine Gesellschaft-buergerlichen-Rechts-GbR oder eine Unternehmergesellschaft (UG) an. Ich empfehle Ihnen sich weitergehend beraten zu lassen und möchte Sie noch darauf hinweisen, dass es in Deutschland eine Reihe von, größtenteils kostenfreien, Beratungsangeboten für Existenzgründer gibt.

Mit Hilfe des Behörden­wegweisers finden Sie notwendige Adressen und Ansprechpartner in Ihrer Region.

Quelle:
Sven Kraffzick
Diplom-Betriebswirt (FH)
Master of Business Consulting (M.BC.)
Unternehmens- und Managementberatung

Stand:
Mai 2021

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