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Eltern-Kind-Kurse anbieten: Nutzung des eigenen Hauses? Freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich bin Diplom-Soziologin, habe sechs Semester Grundschullehramt studiert, als Lehrerin an einer Grundschule gearbeitet und mich in kinesiologischer Reflexintegration sowie systemischer Familienberatung weitergebildet. Nun möchte ich mich gern selbständig machen, indem ich Eltern-Kind-Kurse für frühkindliche Bildung, Eltern-Kurse zu bindungs- und bedürfnisorientierter Erziehung und Vorschulkind-Kurse zur Schulvorbereitung anbieten. Sämtliche Kursinhalte entwickle ich selbst. Die Kurse möchte ich gern im eigenen Haus und Garten abhalten; die Räumlichkeiten lassen es zu. Was muss ich bzgl. der Nutzung meines Hauses zu diesem Zweck beachten (Nutzungsänderung auch wenn es kein Gewerbe ist)? Darf ich den Eltern einen Kaffee kochen oder muss erst das Gesundheitsamt kommen? Entspricht meine Qualifikation einer freiberuflichen Tätigkeit? Wie viel „Beratung" fällt unter die Freiberuflichkeit?

Antwort

Grundsätzlich ist die Nutzung des eigenen Hauses zu Unterrichtszwecken bauplanungsrechtlich zulässig. Nach dem Bauordnungsrecht sind spezifische Vorschriften zu beachten, unabhängig davon, ob die Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist oder nicht. Dies gilt etwa für Brandschutz oder verfügbare Stellplätze. Hierzu kontaktieren Sie Ihr Bauamt. Auch bauliche Anforderungen aus dem Regelungsbereich des Gesundheitsamtes müssen beachtet werden. Hinzu kommt die Gebäude- und Haftpflichtversicherung: Dort sollten Sie anfragen, ob der Versicherungsschutz auch Ihre freiberufliche Tätigkeit umfasst.

Falls für Sie relevant: In Bayern sind in Städten wie München oder Nürnberg rechtliche Regelungen zur Zweckentfremdung von Wohnraum zu beachten. Beispiel - Zweckentfremdung von Wohnraum in München.

Kommen wir zu Ihrem Kursangebot: Unterricht ist hier nach der Rechtsprechung die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt unter anderem ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit.

Ein „schulmäßiges Programm“ kann auch ein von Ihnen selbst entwickelter Kurs sein. Erfordert hingegen die Tätigkeit die Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.

Im Rahmen beratender Tätigkeiten kann etwa Einzelunterricht oder Coaching insbesondere auch freiberuflich sein, sofern diese Tätigkeit zu psychologischen, soziologischen, pädagogischen, sozialpädagogischen, medizinischen, juristischen und theologischen Berufsbildern zählt auf der Grundlage einschlägiger Hochschulausbildungen (Ausnahme ohne Hochschulausbildung: Heilpraktiker für Psychotherapie).

Ergänzend verweise ich auch die PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101  KB) des BMWi-Existenzgründungsportals zu unterrichtenden Tätigkeiten, für Sie insbesondere zum Coaching unter
Ihre Tätigkeit ist auf der Grundlage Ihrer Qualifikation auch aus gewerberechtlicher Sicht als freiberuflich anzusehen. Die Inhalte Ihrer künftigen Bildungseinrichtung decken sich mit Ihren Kenntnissen. In der genannten Information finden Sie auch Angaben zur erzieherischen Tätigkeit. Diese Form der Freiberuflichkeit ist für Sie vor für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen von Bedeutung. Denn: Eine erzieherische Tätigkeit liegt nach der Rechtsprechung nur im Umgang mit Kindern und Jugendlichen vor. Bei Erfüllung der einschlägigen Anforderungen würde bei Ihnen eine unterrichtende und erzieherische freiberufliche Tätigkeit vorliegen. Damit würde die Anmeldung beim Finanzamt genügen (neben den Voraussetzungen für die Nutzungsänderung).

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Juni 2020

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