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Pilates- und Fitness-Training zu Hause anbieten: Gewerbe anmelden?

Frage

Ich bin nun freiberuflich tätig als Pilates- und Fitness-Trainerin. Ich gebe Kurse außerhalb (also beim Kunden) und unterrichte eigene Pilates-Kurse zu Hause in eigenen dafür geschaffenen Räumen. Muss ich für die Kurse zu Hause ein Gewerbe anmelden oder reicht die Anmeldung als Kleiunternehmer (freiberuflich)? Können die Renovierungskosten für den Fitness-Raum von der Steuer abgesetzt werden als Aufwand?

Antwort

Zum Hintergrund: Unterricht ist nach dem Einkommensteuerrecht die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form. Dies schließt einen Individualunterricht nicht aus. Werden die Kenntnisse aber nicht auf der Grundlage eines allgemein gültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit. Die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in einzelnen Sportarten wird hier in der Regel als unterrichtend und damit als freiberuflich eingestuft. Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln. Nach dem Gewerberecht jedoch liegt Unterricht als „Dienstleistung höherer Art“ nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein Hochschulstudium erforderlich ist. Bei unterrichtenden Tätigkeiten muss es sich um Schulunterricht handeln. Nachhilfe- und Musikunterricht werden dabei als Schulunterricht angesehen. Tanz-, Sport-, Reit- oder ähnlicher Unterricht und damit auch Tennisunterricht stellen in der Regel eine anzeigepflichtige gewerbsmäßige Tätigkeit dar. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass zahlreiche Lehrende in unterschiedlichsten Fächern fälschlicherweise von freiberuflichen Tätigkeiten ausgehen, weil ihnen der gewerberechtliche Aspekt nicht bekannt ist. Betroffene Personen vermuten dann nach Anzeige eines freien Berufes beim Finanzamt ebenso häufig wie fälschlich eine Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und Kosten verbunden.

Bei der Anmeldung beim Finanzamt geht es also im Geltungsbereich der Einkommensteuer um die Alternative zwischen gewerblich und freiberuflich (hier: selbstständig). Die Kleinunternehmerregelung greift für alle Selbstständigen und bezieht sich auf die Umsatzsteuer. Demnach werden Unternehmer, die nur geringe Umsätze tätigen, als Kleinunternehmer eingestuft. Bei Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit ist der voraussichtliche Umsatz im Kalenderjahr zu schätzen. Übersteigt dieser absehbar nicht die Umsatzgrenze von 17.500 Euro, gilt der Unternehmer als Kleinunternehmer. Kommt die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung, muss der Unternehmer auf seine Umsätze keine Umsatzsteuer erheben. Die Rechnungen von Kleinunternehmern müssen immer Angaben enthalten wie: „Ich bin Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes und stelle deshalb keine Mehrwertsteuer in Rechnung“.

Kommen wir zu Ihrer Frage nach Renovierungskosten und Steuern: Als Gründerin können Sie grundsätzlich alle Kosten steuerlich geltend machen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Existenzgründung stehen. Voraussetzung ist, dass ein „klar erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und einer bestimmten Einkunftsart“ besteht. Dies gilt auch für Kosten, die vor der eigentlichen Geschäftsaufnahme entstehen bzw. dafür erforderlich ist. Die Empfehlung hierzu lautet: Listen Sie alle Kosten genau auf (Netto/Brutto und die enthaltene Umsatzsteuer). Fügen Sie dieser Auflistung sämtliche Rechnungen bei, die Ihre vorweggenommenen Betriebsausgaben belegen. Notieren Sie zu den einzelnen Vorgängen, in welchem unmittelbaren Zusammenhang die Ausgaben mit der (geplanten) Existenzgründung stehen.

Hier noch eine hoffentlich überflüssige Anmerkung: Sollten Sie in einer Wohnung unterrichten, müssen Sie unbedingt rechtliche Auflagen zur Nutzung von Wohnräumen einhalten. Fragen hierzu beantwortet die zuständige Behörde (Bauamt, Bauordnungsamt etc.).

Lehrende Personen in selbstständiger Berufsausübung sind pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Begriff der Lehrer ist hier sehr weit gefasst. Nähere Informationen erhalten Sie unter https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/02_Start_ins_Berufsleben/03_Existenzgruender/01_Selbststaendig_und_pflichtversichert/selbststaendig_und_pflichtversichert_node.html#

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
April 2018

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