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Illustrator plus Kundensupport: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Ich möchte eine freiberufliche Tätigkeit als Illustrator anmelden. Später wird noch ein Kleingewerbe in Form eines Onlineshops hinzukommen, über welchen ich eigene Originalwerke sowie Produkte mit meinen Zeichnungen vertreiben möchte. Kann ich nun eine zweite freiberufliche Tätigkeit parallel dazu im kaufmännischen Bereich ausüben? Es handelt sich dabei um eine Kundensupport-Tätigkeit für ein Unternehmen.

Antwort

Als Illustrator werden Sie den freien Berufen zugeordnet, wenn Ihre Tätigkeit weitestgehend diesem Berufsbild entspricht und dabei die in der Rechtsprechung zum Einkommensteuergesetz genannten Anforderungen an eine künstlerische Arbeit erfüllt sind.

Die Tätigkeit des Illustrators kann zusammenfassend wie folgt dargestellt werden:

  • Grafikkonzept entwickeln
  • Skizzen per Hand anfertigen
  • Zeichnungen erstellen (3-D-, Bild- und Videobearbeitungssoftware anwenden, verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten anwenden, z.B. Lichtführung, Farbabstimmung, Schärfentiefe usw., Details herausarbeiten und hervorheben, z.B. vergrößerte Darstellung einbinden)
  • Fotografien und Videos herstellen, z.T. unter Verwendung von Multimedia- und Animationssoftware

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, berufenet, hier: Medizinischer Illustrator
https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/faces/index?path=null/suchergebnisse/kurzbeschreibung/taetigkeitsinhalte&dkz=29135&such=illustrator

Die Anforderungen an eine künstlerische Tätigkeit sind auch in der Rechtsprechung sehr allgemein gefasst - hier vorwiegend in Bezug auf Grafikdesigner: „Für die Gerichte ist … allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen.“ In diesem Zusammenhang sind einschlägige (Hochschul-)Ausbildungen für die Einordnung als Freiberufler hilfreich.

Die wichtigsten Merkmale einer künstlerischen Tätigkeit sind folglich

  • individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft: Hier sind vor allem persönlicher Stil und Note gemeint;
  • eigenschöpferische Gestaltungsmöglichkeit: Sie können zwar nach allgemeinen Vorgaben (von Auftraggebern) arbeiten, müssen dabei aber noch einen breiten Raum für eigene Kreativität haben;
  • künstlerische Gestaltungshöhe: Was damit gemeint ist, können Sie der unten zitierten Rechtsprechung entnehmen

Der Zweck von Illustrationen kann durchaus kommerziell ausgerichtet sein: „Eine künstlerische Tätigkeit kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn jemand zwar seine Leistungen in den Dienst der Werbung stellt, diese aber aufgrund künstlerischer Fähigkeiten und in künstlerischer Weise vollbringt. Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu ist erforderlich, dass sie nicht das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeiten darstellen, sondern darüber hinaus etwas Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische Gestaltungshöhe aufweisen.“ (Bundesfinanzhof, BFH-Urteil vom 14.12.1976 VIII R 76/75, BStBl II 1977, 474) (Zitatende)

Nähere Informationen zur Gestaltungshöhe können Sie einem Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 10.7.2014 (15 K 2275/11) entnehmen: Demnach liegt eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes n i c h t vor, (Zitat) „wenn der zwar eine besondere Kreativität und hohe technische Fähigkeiten erkennen lassenden Gebrauchskunst der für eine gewisse Gestaltungshöhe erforderliche Abstraktionsgrad fehlt (Vorgabe der Materialien, Formen und des Zwecks durch Auftraggeber). Gibt die handwerkliche Leistung den Drucksachen das Gepräge, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor.“ (Zitatende)

In einem Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz wurde auf ein Gutachten zurückgegriffen. (Zitat) „Die Arbeiten - so der Gutachter - würden nicht die für eine künstlerische Leistung erforderliche sog. „Gestaltungshöhe“ aufweisen. Dazu müssten sich die Gestaltungsmittel (Farbe- und Formkontraste, Farbwirkung, Raum, Perspektive, verschiedene Gestaltungsebenen, Reduzieren, Überhöhen, Verfremdungen, Bildzitate u.ä.) auf etwas Nichtsichtbares wie Stimmung, Gefühl oder Empfindung verdichten. Bei den Arbeiten überwiege dagegen bei allen Bemühungen, den geringen Freiraum künstlerisch auszufüllen, die einwandfrei gemachte handwerkliche Arbeit (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 2013 (Az.: 6 K 1301/10).“ (Zitatende)

Nach vorliegenden Erfahrungen werden Illustratoren (Grafikdesigner) von der Finanzverwaltung in den meisten Fällen als freiberuflich eingestuft. Es kommt aber häufig vor, dass Steuerpflichte dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Anerkennung als Freiberufler ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt jedoch nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden.

Die bloße Verwertung eigener künstlerischer Werke im Rahmen des Üblichen - insbesondere über den Verkauf durch Fremdverlage oder Internetanbieter - ist in der Regel der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen. Erst wenn Sie für den Vertrieb eine eigene Organisation schaffen und diese eine neue Erwerbsgrundlage darstellt, wird es gewerblich. Dies beginnt etwa damit, dass sie Arbeiten für Ihre Online-Vermarktung über die eigene Homepage direkt betreiben oder von Angestellten bzw. Honorarkräften erledigen lassen. Ihr Onlineshop wäre demnach zweifellos gewerblich und damit von der freiberuflichen Tätigkeit zu trennen (insbesondere getrennte Rechnungen, separate Buchführung und Konten). Sie würden dann schlichtweg zwei Unternehmen führen. Wollen Sie zwischen beiden Unternehmen Verrechnungen vornehmen, empfehle ich dringend die Unterstützung durch einen Steuerberater.

Bei der anderen von Ihnen genannten Dienstleistung gehe ich davon aus, dass sie freiberuflich ist im Rahmen der Tätigkeit eines „beratenden Betriebswirtes“ nach dem Einkommensteuerrecht. Auch hier würde die Anforderung der Trennung von anderen Unternehmen gelten.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
März 2018

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