Navigation

Coach und Unternehmensberater: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Mich interessiert, ob eine Tätigkeit als Coach und Unternehmensberater auf Basis einer universitären Ausbildung als Diplom-Psychologe plus Zusatzqualifizierung als freiberufliche Tätigkeit gelten kann. Aus den Antworten auf andere Fragen habe ich entnommen, dass der Diplom-Psychologe als heilkundlicher Katalogberuf freiberuflich tätig werden kann, der Coach in der Regel aber nicht, sofern er eine rein individuelle Beratung anbietet.

Die IHK Hamburg bezeichnet den Coach unter Bezug auf die Einkommensteuerrichtlinien H 15.6 b) und einen Artikel im "Betriebs-Berater (BB)", 1996 Heft 30 Seite 1529, als Gewerbetreibenden. Ich selbst bin Diplom-Psychologe mit abgeschlossenem Universitätsstudium, langjähriger Berufserfahrung als unternehmensinterner Personal- und Führungskräfteentwickler in einem Konzern sowie einer abgeschlossenen zertifizierten Zusatzausbildung als systemischer Berater und Coach. Ich möchte mich auf freiberuflicher Basis selbständig machen und folgende Dienstleistungen anbieten: - individuelles Coaching für Einzelpersonen (Beratung hinsichtlich Fragestellungen z.B. zur beruflichen Standortbestimmung, zum Verhalten als Führungskraft etc.; keine seminarähnlichen Lehrpläne), - fachliche Beratung von Unternehmen hinsichtlich der Ausgestaltung der betrieblichen Personal- und Führungskräfteentwicklung (Analyse des betrieblichen Bedarfs, Konzeption von entsprechenden Instrumenten und Methoden und Begleitung von deren Einführung). Ist in meinem individuellen Fall nach Ihrer Einschätzung davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine freiberufliche Tätigkeit handelt? Oder muss ich beide Tätigkeitsfelder voneinander trennen?

Antwort

Grundsätzlich kommen für Sie zwei Zugänge zur steuerlichen Freiberuflichkeit in Betracht:

Über so genannte "Tätigkeitsberufe", hier eine unterrichtende Tätigkeit oder über die "Katalogberufe", die im Gesetz ausdrücklich genannt sind wie den beratenden Betriebswirt und Diplom-Psychologinnen bzw. Diplom-Psychologen (letztere werden im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz genannt). Wenn Ihre Dienstleistungen zum Berufsbild der Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen gehören, so ist - wie beim beratenden Betriebswirt oder der Unterrichterin und dem Unterrichter - die Prüfung weiterer Voraussetzungen ist für Sie als Diplom-Psychologe nicht erforderlich. Unschädlich dabei ist der Umstand, dass Sie sich in einem Teilgebiet der Psychologie spezialisiert haben, nämlich die Wirtschaftspsychologie. Im Folgenden ist nachzulesen, dass die von Ihnen angebotenen Dienstleistungen zum Berufsbild insbesondere des Wirtschaftspsychologen zählen:

Die Bundesagentur für Arbeit beschreibt das Berufsbild der des Wirtschaftspsychologin und des Wirtschaftspsychologen so: (Zitat)
Aufgaben und Tätigkeiten (Kurzform)
Die Arbeitsfelder der Wirtschaftspsychologie sind vielfältig: Betriebliche Organisation, Personalwesen, Management, Beratung und Marketing zählen dazu. Aber egal ob sie in einem Unternehmen angestellt sind oder freiberuflich Beratungskunden coachen, immer ist sorgfältiges Analysieren und Bewerten einer vorliegenden Situation und eines bestimmten Handelns mit seinen Auswirkungen grundlegend. Im Bereich Personalwesen und der betrieblichen Organisation untersuchen sie etwa personalwirtschaftliche Abläufe und Strukturen. Auf Grundlage ihrer Untersuchungsergebnisse entwickeln sie Vorschläge für zielorientierte Optimierungs- und Veränderungsprozesse. Außerdem konzipieren sie anforderungsgerechte Personalauswahl- und Recruitingsysteme, identifizieren Weiterbildungsbedarf und planen Trainingsmaßnahmen. Da Wissensmanagement immer mehr an Bedeutung gewinnt, versuchen Wirtschaftspsychologen und -psychologinnen das vorhandene Mitarbeiterpotential optimal zu nutzen und auszubauen. Dazu müssen sie natürlich einerseits in Erfahrung bringen, welche Arten von Anforderungen am jeweiligen Arbeitsplatz gestellt werden, sowie andererseits, welches Wissen die Mitarbeiter/innen aktuell besitzen und welche Entwicklung möglich ist. Daher erheben sie Anforderungs- und Potenzialanalysen.

Im Auftrag des Unternehmensmanagements wirken Wirtschaftspsychologinnen und Wirtschaftspsychologen mit, geplante Veränderungen positiv zu positionieren und so Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiter- oder Kundinnen- und Kundenakzeptanz herzustellen. Zur Optimierung von Ergonomie und Arbeitssteuerung untersuchen sie speziell Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze. In der wirtschaftspsychologischen Beratung hingegen beschreiben sie systematisch ökonomisch relevante Größen, wie das tatsächliche oder potenzielle Verhalten und Erleben von Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter oder Zielgruppen. Danach beurteilen sie, was Veränderungen bewirken können und beraten ihre Kunden zielorientiert.

Im Marketing entwickeln sie Marktforschungsprojekte, mit denen sie das Konsumentenverhalten beobachten. Hierzu erstellen sie zunächst Fragebögen und leiten Befragungen. Anhand der Ergebnisse konzipieren sie dann Marketingkampagnen und passgenaue Vertriebsmaßnahmen. Dabei nutzen sie Erkenntnisse der Markt-, Werbe- und Konsumpsychologie. Für Tätigkeiten in Wissenschaft und Forschung ist eine Promotion oder ggf. eine Habilitation üblich. (Zitatende)
Quelle:
Bundesagentur für Arbeit, berufenet,
http://berufenet.arbeitsagentur.de

Hinzu kommen die Kompetenzen des Wirtschaftspsychologen - (Zitat 2) Kernkompetenzen, die man während des Studiums erwirbt:
Arbeits-, Betriebs-, Organisationspsychologie
Betriebswirtschaftslehre
Coaching
Kommunikationspsychologie
Kundenberatung, -betreuung
Personalentwicklung
Sozialpsychologie
Unternehmensberatung
Weitere Kompetenzen, die für die Ausübung dieses Berufs bedeutsam sein
können:
Arbeits-, Betriebssoziologie
Bewerberauswahl, -beurteilung
Bildungsberatung
Controlling
Differenzielle und Persönlichkeitspsychologie
Fachpublikationen erstellen
Forschung
Gutachter-, Sachverständigentätigkeit
Lehrtätigkeit (Hochschule)
Marktforschung
Mediation
Organisationsberatung
Organisationsentwicklung
Personalberatung
Projektmanagement
Statistik
Volkswirtschaftslehre
Vortragstätigkeit
Werbekommunikation
Wirtschaftssoziologie (Ende Zitat 2)
Quelle:
Bundesagentur für Arbeit, berufenet,
http://berufenet.arbeitsagentur.de

Da beide Dienstleistungen in dem skizzierten Berufsbild enthalten sind, liegen zwei steuerliche Freiberuflichkeiten vor, die zusammen eine eindeutige Zuordnung zu den Freien Berufen ergeben.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander
M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)

Stand:
August 2019

Tipps der Redaktion:

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben