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Coach und Berater: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich bin Dipl.-Germanistin, habe berufsbegleitend eine Ausbildung zur systemischen Organisationsberaterin und bald auch die zum systemischen Coach abgeschlossen (und in drei Jahren die zum systemischen Therapeuten). Ich möchte mich jetzt als Coach und Berater selbständig machen. Das Berufsbild passt eigentlich nicht ins Gewerbebild und eher in die Freiberuflichkeit. Können Sie mir weiterhelfen?

Antwort

Anzumerken ist zunächst, dass jede Ihrer Tätigkeiten („Coach“ und „Beraterin“) jeweils für sich betrachtet werden müssen und sodann geprüft wird, ob es sich hierbei um eine freiberufliche oder um eine gewerbliche Tätigkeit handelt.
Im Besonderen unter der Bezeichnung „Coach“ verstehen Gründer/innen teilweise ganz unterschiedliche Leistungen, teilweise werden die Begriffe „Coaching“ und „Beratung“ auch synonym verwendet.

Die Tätigkeit als Coach kann als freiberuflich im einkommensteuerlichen Sinne einzustufen sein, wenn es sich um eine sog. „unterrichtende Tätigkeit“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt (sog. Tätigkeitsberuf).
„Unterricht im Sinne des Einkommensteuergesetzes ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form“ (vgl. BFH-Urteile vom 13.01.1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18.04.1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl. 1996, 573). Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts erfordert u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen. Der Unterricht kann hierbei auch individuell in Form von Einzelunterricht erteilt werden (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). Für die unterrichtende Tätigkeit ist eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis im Allgemeinen nicht erforderlich. Maßgeblich ist, dass der Lehrende die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten beherrscht und vermitteln kann.

Kein Unterricht, aber dafür eine beratende Tätigkeit liegt vor, wenn die Erarbeitung oder Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programmes im Vordergrund steht. Im Falle einer beratenden Tätigkeit muss für das Vorhaben ein Gewerbe angemeldet werden. Da Sie als „Beraterin“ tätig werden wollen, müssen Sie genau prüfen, ob eine unterrichtende Tätigkeit und damit ein Freier Beruf ausgeübt wird.

Beim systemischen Coaching wird die Auffassung vertreten, dass kein schulmäßiges Programm mit individuellem Bezug umgesetzt wird, sodass keine unterrichtende Tätigkeit vorliegt. Vertretbar ist es, die Tätigkeit als systemischer Coach als zum Berufsbild der Diplom-Psychologen gehörig anzusehen. Als sog. Katalogberuf zählen Diplom-Psychologen/innen unstreitig zu den Freien Berufen. Wer diesem Katalogberuf ähnlich sein will, muss eine vergleichbare Ausbildung und eine entsprechende Tätigkeit vorweisen können. Dies wird bei einem Hochschulabschluss der Sozialpädagogik oder in verwandten Fächern, in welchem Pädagogik/Psychologie zumindest als Nebenfach gelehrt wurde, angenommen. Sollten Sie in Ihrem Germanistik-Studium in einem Schwerpunkt Pädagogik absolviert haben, bestehen meines Erachtens gute Chancen, dass auch Ihre Tätigkeit als systemischer Coach als freiberuflich einzustufen ist.

Die abschließende Einstufung obliegt jedoch allein dem zuständigen Finanzamt.

Quelle:
Chanell Eidmüller
Rechtsanwältin
Leiterin der Gründungsberatung
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)

Stand:
März 2023

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