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04.11.2025 -

KI ist bei Start-ups auf dem Weg in die Selbstverständlichkeit“

Einleitung

Ob Start-up oder KMU – kein Unternehmen möchte die Chance verpassen, die Potenziale der Künstlichen Intelligenz zu nutzen. Aber welche KI passt zu welcher Geschäftsidee? Und wie lässt sie sich gewinnbringend einsetzen? Zu diesen und weiteren Fragen steht KI-Trainer Dr. Sebastian Gerth im Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau als Ansprechpartner zur Verfügung. Wir haben ihn befragt, wie er speziell Gründende unterstützt.

Dr. Sebastian Gerth, koordinierender KI-Trainer im Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau

Dr. Sebastian Gerth ist koordinierender KI-Trainer im Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau.

© Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau

Herr Dr. Gerth, mit welchen Anliegen kommen Start-ups zu Ihnen?

Es gibt zwei Gruppen von Start-ups, die bei uns Unterstützung suchen: Auf der einen Seite sind es Gründende, die sich mit einem Geschäftsmodell im Bereich KI selbstständig machen wollen. Da wir in Ilmenau viel mit etablierten kleinen und mittleren Unternehmen – kurz: KMU – zusammenarbeiten, wissen wir, wo der Schuh drückt. Die Gründenden erkundigen sich bei uns nach den Bedarfen der Unternehmen, um die eigenen Geschäftsmodelle danach und damit an ihren zukünftigen Kunden auszurichten. Man könnte diese Gruppe auch als KI-Start-ups bezeichnen.

Und wer ist die andere Gruppe?

Auf der anderen Seite gibt es Start-ups, die nicht explizit im KI-Bereich aktiv werden wollen – das können zum Beispiel Händler, Handwerker oder Logistiker sein. Diese Start-ups aus ganz unterschiedlichen Branchen wollen zumeist wissen, wie KI als Unterstützung ihrer Geschäfts- und Dienstleistungs- bzw. Produktionsprozesse eingesetzt werden kann.

Unterscheiden sich die beiden Gruppen in ihrem Enthusiasmus im Hinblick auf den KI-Einsatz?

Da gibt es keine großen Unterschiede – bei der erstgenannten Gruppe ist KI der Dreh- und Angelpunkt des eigenen Gründungsprojekts. Bei zweitgenannter Gruppe geht es vornehmlich darum, KI als Werkzeug einzusetzen, damit der Gründungsprozess erfolgreich verläuft und sie zukunftsfest aufgestellt sind.

Ist das Angebot der KI-Trainer sehr gefragt?

Ja, bei beiden Gruppen ist die Nachfrage bei uns sehr hoch – aktuell so hoch, dass wir mit unseren Unterstützungsangeboten schon Wartelisten führen müssen. KI ebnet sich also den Weg in die Selbstverständlichkeit bei Start-ups. Meinem Gefühl nach wird KI mittlerweile bei jeder Gründung zumindest mitgedacht. KI rückt zunehmend in das allgemeine Selbstverständnis der Unternehmer. Das hat zur Folge, dass KI immer mehr eingesetzt wird. Damit wächst auch der Bedarf an Unterstützungsleistungen, denn kaum jemand hat einen Überblick über die Möglichkeiten, die Vielzahl an KI-Tools oder Rahmenbedingungen. Dazu kommt, dass sich technologische Trends und regulatorische Anforderungen fortlaufend ändern – das ist ebenso ein großes Teilproblem, da eingesetzte Technologien und KI-Konzepte immer wieder neu bewertet werden müssen. Genau hier setzen die Mittelstand-Digital Zentren an.

Wie können Sie Start-ups beim KI-Einsatz helfen?

Das Schöne ist, dass es so vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen der Mittelstand-Digital Zentren gibt – gerade, weil die Anfragen so unterschiedlich sind. Insgesamt kann man bei den Angeboten in zwei Ebenen unterteilen: Einerseits helfen wir auf individueller Basis. Ein einzelnes Unternehmen bzw. Start-up kommt dabei auf uns mit einer spezifischen Frage zu und wir suchen gemeinsam nach einer Antwort. Anderseits bieten wir Informations- und Orientierungsangebote auf breiter Basis. Hier sprechen wir nicht direkt ein Unternehmen an, sondern viele. Solche Angebote können Vorträge, Publikationen oder Workshops sein, die allen Interessierten offen stehen, zum Beispiel der KI-Stammtisch oder das Online-Format KI-Frühling, das wieder im kommenden März stattfinden wird.

Die Förderung von Networking ist also auch ein Schwerpunkt?

Ja, das Spannende ist: Aus diesen breitenwirksamen Aktivitäten ergibt sich meist ein individueller Austausch und manchmal sogar ein gemeinsames Projekt. Das liegt daran, dass die Start-ups zu einem bestimmten KI-Thema bei einem für ein großes Zielpublikum angedachten Format einen ersten Input erhalten – meist sind die Inhalte niederschwellig, da wir die Start-ups und KMU unabhängig vom Vorwissen erreichen möchten. Auf diese Sensibilisierung folgt dann eine individuelle Orientierung und Vertiefung vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen des Gründenden. Dieses Prinzip wird bei Mittelstand-Digital seit vielen Jahren verfolgt und es konnte bereits durch eine externe Evaluation gezeigt werden, wie erfolgreich das Programm ist.

Wie vermitteln Sie den Gründenden die Chancen der KI konkret in der Praxis?

Die Praxisnähe ist der große Vorteil von Mittelstand-Digital: Wir haben an vier Modellfabriken zahlreiche Demonstratoren und Testumgebungen, die Start-ups nutzen können, ohne zum Beispiel zahlreiche finanzielle Ressourcen aktivieren zu müssen. Auch das ist eine große Herausforderung, gerade beim Start eines Unternehmens. Auch verfügen wir über ein breites Netzwerk im KI-Bereich. Das ist zum einen aufgrund unserer Verortung in Ilmenau, Jena und Schmalkalden vor allem regional und durch den KI-Hub Sachsen-Thüringen in diesen beiden Bundesländern besonders ausgeprägt.

Demonstratoren für digitale Technologien am Ilmenauer Mittelstand-Digital Zentrum

Anhand von Demonstratoren werden digitale Technologien auch für Start-ups am Ilmenauer Mittelstand-Digital Zentrum greifbar.

© Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau

Was ist der KI-Hub?

Beim KI-Hub handelt es sich um einen von uns gemeinsam mit dem Zentrum in Chemnitz geleiteten Zusammenschluss unterschiedlicher KI-Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft. So können auch Start-ups von aktueller KI-Forschung profitieren und bleiben damit stets up-to-date und laufen während der Gründungsphase nicht möglicherweise in eine falsche Richtung. Auch das ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung im dynamischen KI-Umfeld.

Haben Sie ein praktisches Beispiel, wie Sie ein Start-up unterstützt haben?

Besonders viele Anfragen haben wir aktuell zum Einsatz von KI im Büro, in der Produktion und im Marketing. Vielleicht zu letztgenanntem ein Beispiel, weil es viele Start-ups mit knappem Budget betrifft. Wenn ein junges Start-up mit zum Beispiel technischem Hintergrund vor der Herausforderung steht, seine Öffentlichkeitsarbeit professionell zu gestalten, dann will es diese Aufgabe meist an Dritte abgeben. Das liegt zum einen daran, dass man sich – verständlicherweise – lieber intensiv mit dem Bereich beschäftigt, in dem man gründet. Gleichzeitig sind Gründende häufig angehalten, mit wenig Personal alle Geschäftsbereiche abzudecken.

Zum anderen spielen sicher auch finanzielle Gründe eine Rolle…

Ja, häufig scheitert das gewünschte Outsourcing an begrenztem Budget in der Gründungsphase. Eine professionelle, externe Unternehmenskommunikation macht sich jedoch nicht von allein – es gibt aber zahlreiche KI-Werkzeuge, die unterstützen können. Wenn strategischer Ansatz, Bild- und Textmaterial sowie erste Ideen für Online-Auftritte, Publikationen oder Storytelling fehlen, dann können wir helfen. Wir bleiben bei diesen Informationsgesprächen stets anbieterneutral und vorwettbewerblich – wir können also nicht das Marketing selbst übernehmen. Aber wir können Hilfe zur Selbsthilfe leisten.

Herr Dr. Gerth, haben Sie ganz herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit mit den Start-ups im Bereich KI.

Über Dr. Sebastian Gerth:

Dr. Sebastian Gerth ist koordinierender KI-Trainer im Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau. Der Experte für digitale Ökonomie, Innovationsmanagement und Wirtschaftspsychologie beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit Künstlicher Intelligenz und verfügt über einen exzellenten Überblick über die Gründungslandschaft in Thüringen. Gemeinsam mit seinem Team zeigt er Start-ups und mittelständischen Betrieben auf, wie sie sich mit KI-Technologien zukunftsfähig aufstellen und wirtschaftliche Potenziale erfolgreich nutzen können.

Über die Mittelstand-Digital Zentren:

Die Mittelstand-Digital Zentren, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE), unterstützen Gründende und KMU in allen Branchen, zum Beispiel Handwerk, Handel oder Produktion, kostenfrei bei allen Fragen der Digitalisierung. Sie bieten praxisnahe Informationen, Workshops, individuelle Sprechstunden, Networking Events und vieles mehr. Mit aktuell 26 Zentren in ganz Deutschland sind sie regional verankert und machen Wissen und Unterstützung direkt vor Ort verfügbar.

Näheres zu den Mittelstand-Digital Zentren bundesweit

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