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Tourguide und Vertriebsingenieur: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Ich habe 15 Jahre als technischer Vertriebsingenieur im Bereich elektrotechnische Anlagen für Industrie und Wissenschaft gearbeitet. Mein Plan ist, ab nächstem Jahr freiberuflich als Tourguide für ein Reiseunternehmen zu arbeiten, das weltweit Motorradreisen veranstaltet. Da dies wohl nicht ausreicht, um meine Lebenshaltungskosten zu erwirtschaften, möchte ich parallel dazu verschiedenen Firmen meine Dienste als Vertriebsingenieur anbieten z.B. für direkte Kundenbetreuung als auch Organisation und Durchführung internationaler Kundenbesuche sowie Konferenzen und Messen. Aus meinen bisherigen Recherchen kann ich leider nicht ableiten, ob ich mit der Kombination der genannten Tätigkeiten freiberuflich arbeiten kann oder ein Gewerbe anmelden muss.

Antwort

Die freiberufliche Tätigkeit ist im Einkommensteuergesetz nicht zweifelsfrei geregelt. Einerseits gibt es keine abschließende Aufzählung der in dieser Einkunftsart erfassten Berufe und andererseits muss diese Tätigkeit "eigenverantwortlich" erfolgen, d.h. es darf kein großer Mitarbeiterstamm beschäftigt werden. Beide Kriterien scheinen in Ihrem Fall aber gegeben. Der Berufsstand „Ingenieur" ist im Gesetz sogar ausdrücklich aufgezählt. Da Sie diese Tätigkeit neben der weiteren Tätigkeit als Tourguide erbringen, ist davon auszugehen, dass Sie keinen oder einen sehr überschaubaren Mitarbeiterstab beschäftigen werden. Diese Tätigkeit sollten Sie dem Finanzamt gegenüber als freiberufliche deklarieren. Ich sehe keine Argumente, mit denen das Finanzamt dieses verwehren könnte.

Ihre Tätigkeit als Tourguide ist allerdings eine gewerbliche. Dies ist allerdings aus zwei Gründen nicht mit negativen Folgen, die ja in der Gewerbesteuerpflicht liegen könnten, verbunden. Erstens wird für die Gewerbesteuer ein Freibetrag von 24.500 Euro gewährt, d.h. solange Sie aus der Tätigkeit als Tourguide nicht mehr als diesen Betrag als Gewinn erwirtschaften, fällt keine Gewerbesteuer an. Zweitens wird die Gewerbesteuer, die anfällt, soweit der Gewinn 24.500 Euro übersteigt, auf die Einkommensteuer angerechnet. Die Anrechnung ist in der Höhe begrenzt. Die Begrenzung richtet sich nach dem Hebesatz der Gemeinde, so dass ich an dieser Stelle keine betragsmäßigen Aussagen treffen kann. Wenn und solange die Gewinne nicht erheblich sind, werden sich die gewerbesteuerlichen Belastungen jedoch in Grenzen halten. Hierzu sollten Sie bitte Ihre Steuerberaterin bzw. ihren Steuerberater befragen.

Was ist jetzt zu tun?
Bitte melden Sie Ihre Tätigkeit als Tourguide bei der Gewerbeaufsicht an.
Weiterhin melden Sie BEIDE Tätigkeiten beim zuständigen Finanzamt an. Dies ist nicht grundsätzlich schwer, dennoch rate ich, einen Steuerberater mit dieser Aufgabe (und evtl. der weiteren steuerlichen Beratung) zu betrauen.

Quelle: Dr. J.R. Lüders
Dipl. Oec.
Wirtschaftsprüfer - Steuerberater - Rechtsbeistand
Dr. Lüders & Partner mbB
Steuerberater - Rechtsanwälte - Fachanwälte für Steuerrecht
Zuständige Aufsichtsbehörden: Steuerberaterkammer Hamburg, Wirtschaftsprüferkammer Berlin

Dezember 2020

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