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Freiberufliche Tätigkeit wechseln: Mitteilung ans Finanzamt?

Frage

Ich habe bereits eine freiberufliche Tätigkeit angemeldet und war tätig als Telefon-Interviewerin. Nun werde ich die Tätigkeit wechseln und freiberuflich Kurse im DJ-Bereich und in der Musikproduktion anbieten. Reicht es, dies so auch dem Finanzamt in einem offiziellen Brief mitzuteilen? Wenn nicht, wie sollte ich dem Finanzamt mitteilen, dass ich die Tätigkeit wechsle?

Antwort

Unterricht ist nach der Auffassung im Einkommensteuerrecht die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese Art des Unterrichts setzt vor allem ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit, die bei Ihnen nicht freiberuflich wäre. Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass die Unterrichtende die ihr Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln.

So eindeutig diese Feststellung ist, so schwierig wird es mit der Frage nach Freiberuflichkeit oder Gewerbe. Denn: Im Einzelfall kann die Finanzverwaltung die Freiberuflichkeit akzeptieren, während das Gewerbeamt eine Gewerbeanmeldung fordert. Die Begründung aus der Sicht der Gewerbebehörden lautet: Eine Dienstleistung höherer Art liegt nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein einschlägiges Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlich ist. Für den Nachhilfeunterricht etwa wird dies nach vorherrschender Meinung verneint. Nachhilfe könne nach dieser Auffassung etwa auch von Studenten oder fortgeschrittenen Schülern erbracht werden: Ein solcher Unterricht ist aber gewerberechtlich weder inhaltlich noch vom Lehrpersonal als Dienstleistung „höherer Art“ anzusehen. Entsprechendes gilt normalerweise für viele andere Unterrichtsleistungen wie Tanz-, Koch-, Turn-, Schwimm-, Reit-, Musik-, Zeichen- oder Fahrunterricht. Für das Verständnis von Finanz- und Gewerbeämtern wäre bei Ihnen ein einschlägiges Studium von Vorteil wie Kunstpädagogik oder auch Pädagogik.

Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständig Lehrende dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden auch Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und Kosten verbunden.

Sollten Sie sich entschließen, auf die Gewerbeanmeldung zu verzichten und lediglich dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so müssen Sie noch das Folgende beachten: Als Einzelunternehmerin wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.000 Euro gewährt. Bleiben Ihre Einkünfte regelmäßig unterhalb dieser Grenze, müssten Sie keine Nachzahlungen der Gewerbesteuer befürchten. Akzeptiert das Finanzamt Ihre Anzeige einer freiberuflichen Unterrichtstätigkeit und wird im weiteren Verlauf die Gewerbeanmeldung reklamiert, so ist eine Bußgeldforderung nicht auszuschließen. In der Praxis zeigen sich die Gewerbeämter in solchen Fällen nachsichtig, aber das Risiko der Bußgeldzahlung kann nicht ausgeschlossen werden.

Zur Anzeige der Änderung Ihrer Tätigkeit genügt eine formlose Mitteilung an das Finanzamt. Sie haben dann Ihrer Pflicht genügt und können die Reaktion der Finanzverwaltung abwarten. Anmeldungen sollten vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. In der Praxis werden auch zwei bis drei Monate akzeptiert.

Ergänzend verweise ich auf die Rechtsprechung zur Marktforschung, die auch für Interviewer gilt in Bezug auf die Voraussetzungen für die steuerliche Freiberuflichkeit, z.B. BFH-Urteil vom 27.2.1992 (IV R 27/90) BStBl. 1992 II S. 826

Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
September 2017

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