Navigation

UG Gründung: Kann ich mich selbst als Angestellter anstellen?

Frage

Gründung UG und Anstellung als Angestellter.

Ich habe seit vielen Jahren ein "Buchhaltungsbüro" mit ca. 20 Mandanten und möchte eine UG (für GmbH fehlt mir das Geld) gründen. Kann ich mich selbst als Angestellter anstellen, nicht als GF (wegen fehlender SV-Pflicht). Ich würde nämlich gerne wieder in die gesetzl. Rentenversicherung einzahlen.

Antwort

Ihre Frage verstehe ich so, dass Sie Alleingesellschafter(-in) sein möchten, also die UG (haftungsbeschränkt) als Ein-Mann-GmbH bzw. Ein-Frau-GmbH gründen möchten. Und Sie möchten sich selbst als Inhaber(-in) und Alleingesellschafter(-in) in ein Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft bringen. Sie möchten sich aber nicht als Geschäftsführer(-in) anstellen? Somit würden Sie also einen oder mehrere Fremdgeschäftsführer(-innen) auch als Angestellte anstellen?

Bei dieser Konstellation lautet die Antwort aktuell im April 2022 wie folgt: Gesellschafter(-innen) können in einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) als Angestellte tätig sein, wenn sie nicht Mehrheitsgesellschafter sind. Wenn Sie zu 100 % die Geschäftsanteile halten, sind Sie als Alleingesellschafter(-in) Mehrheitsgesellschafter(-in). Daher haben Sie dann die Leitungsmacht über das Unternehmen und sind selbständig.

Anders wäre es, wenn es eine(-n) oder mehrere Mitgesellschafter(-innen) geben würde, die zusammen 50 % der Gesellschaftsanteile oder mehr innehaben würden, so dass Sie selbst 50 % der Gesellschaftsanteile oder weniger halten würden. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Beschluss vom 17.9.2014 zum Aktenzeichen 10 AZB 43/149 wichtige Hinweise gegeben, wie ein Gesellschafter arbeits- und sozialversicherungsrechtlich einzuordnen ist. Zusammengefasst kommt es im Wesentlichen auf den Gesellschaftsvertrag und die rechtlichen Verhältnisse in dem Unternehmen an: Danach kann ein Gesellschafter kein Angestellter des Unternehmens sein, sondern ist ein Selbständiger, wenn er die Mehrheit der Geschäftsanteile und damit die Mehrheit der Stimmrechte hat oder wenn er über eine Sperrminorität verfügt. Um Ihr Ziel zu erreichen, bräuchten Sie also mindestens einen weiteren Gesellschafter oder eine weitere Gesellschafterin, der bzw. die nun 50 % oder mehr der Gesellschaftsanteile hält, und der Gesellschaftsvertrag müsste von den Anteilen der (mit Ihnen) zwei oder mehr Gesellschafter(-innen) und den Stimmrechten her so gestaltet sein, dass die anderen Gesellschafter(-innen) Ihnen als Angestelltem/-r Weisungen der Gesellschafterversammlung hinsichtlich Ihrer Tätigkeit erteilen können, die Sie rechtlich nicht abwehren könnten. Es müsste also vor allem auch durch einen oder mehrere andere Gesellschafterpersonen ein entsprechendes Stimmgewicht in der Gesellschafterversammlung vorhanden sein. Nachfolgend finden Sie den Text im Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 17.9.2014 zum Aktenzeichen 10 AZB 43/149, siehe https://openjur.de/u/751333.html

„bb) Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht nicht entgegen, dass der Kläger einer von zwei Mitgesellschaftern der beklagten GmbH ist.

(1) Auch Gesellschafter können in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, deren Gesellschafter sie sind (BAG 9. Januar 1990 - 3 AZR 617/88 -; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 140). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein Gesellschafter als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft hat, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hat. In diesem Fall unterliegt er nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Ob ein solcher Einfluss besteht, richtet sich in erster Linie nach den Stimmrechtsverhältnissen. Dementsprechend kann regelmäßig ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Stimmrechte zustehen, nicht zugleich Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sein. Auch der Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer (BAG 6. Mai 1998 - 5 AZR 612/97 - zu I 2 a der Gründe).

(2) Hiernach steht der rechtlichen Einordnung des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis nicht entgegen, dass der Kläger über einen Gesellschaftsanteil von 50 % verfügt. Er ist damit nicht Mehrheitsgesellschafter der Beklagten. Aufgrund dieses Gesellschaftsanteils besitzt er keine Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführerin. Hierfür bedarf es nach § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags mindestens 75 % der Anteile. Der Kläger kann damit als Gesellschafter die Geschäftsführerin nicht anweisen, ihm bestimmte Weisungen zu erteilen oder solche zu unterlassen.

(3) Der Kläger kann auch nicht über eine Sperrminorität einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft ausüben, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hätte. Zwar könnte er aufgrund seiner hälftigen Kapitalbeteiligung die in § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags aufgeführten "besonderen" Geschäfte blockieren und auf diese Weise z. B. Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer und die Geltendmachung von gegen ihn als Gesellschafter gerichteten Ersatzansprüchen durch die Geschäftsführer verhindern. Er kann die Geschäftsführung bezüglich des Tagesgeschäfts jedoch nicht behindern. Eine Erweiterung der Liste der "besonderen" Geschäfte etwa um Angelegenheiten des Tagesgeschäfts kann der Kläger mit seinem Anteil von 50 % nicht allein durchsetzen, weil sie nur durch Mehrheitsbeschluss möglich ist. Der Kläger kann daher mit seinem Anteil von 50 % nicht die Leitungsmacht über die Beklagte ausüben.

cc) Diesem Verständnis entspricht auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung mitarbeitender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Diese sind hiernach nur dann Selbständige, wenn mit der Kapitalbeteiligung zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist, etwa durch ein dem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität, und wenn der Gesellschafter damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl. nur BSG 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - Rn. 16 mwN). In derartigen Fällen fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG 3. April 2014 - B 2 U 26/12 R - Rn. 16). Der Kläger konnte indes aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung nicht jede ihm nicht genehme Weisung der Geschäftsführerin der Beklagten verhindern. Vielmehr war er an ihre Weisungen gebunden. Sie konnte ihm - wie geschehen - einseitig Aufgaben zuteilen, Arbeitsanweisungen erteilen und ihn von seinen Aufgaben durch fristlose Kündigung entbinden, ohne dass er sich dagegen bereits aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter mit Erfolg hätte wehren können.“

Der Notar, der für Sie und die weitere Gründungsperson(-en) die Gründung der UG (haftungsbeschränkt) beurkunden würde, kann Sie zu dieser Thematik beraten und passend zu Ihren Wünschen einen Gesellschaftsvertrag entwerfen und beurkunden.

Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

April 2022

Tipps der Redaktion:

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben