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UG-Geschäftsführer: Haftung?

Frage

Haftet der gesellschaftende Geschäftsführer einer UG privat im Falle der Niederlage bei einem unvorhergesehenen Rechtsstreit bzgl. Markenrecht?

Antwort

Sowohl Gesellschafterinnen und Gesellschafter als auch Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer können im Einzelfall bei einer GmbH oder bei einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit ihrem privaten Vermögen für eigene Pflichtverletzungen, für eigene Zusicherungen, Garantien oder Bürgschaften und/oder für Ansprüche haften, die gegen die Gesellschaft gerichtet sind. Es kommt immer auf alle konkreten Umstände des Sachverhaltes an, was der Gesellschafter und/oder der Geschäftsführer vorhersehen konnte oder unter Zuhilfenahme von Expertenrat hätte feststellen und abwenden können und welche vertraglichen und/oder gesetzlichen Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen können. So gibt es die unterschiedlichsten Konstellationen in der Praxis, z.B. kann die Gesellschaft selbst die Geschäftsführerin oder den Geschäftsführer und/oder die Gesellschafterin oder den Gesellschafter in die Haftung nehmen, z.B. wenn die Gesellschaft durch einen Insolvenzverwalter vertreten wird, und es können Gläubigerinnen und Gläubiger der Gesellschaft die Gesellschafterin oder den Gesellschafter und/oder die Geschäftsführerin oder den Geschäftsführer in die Haftung nehmen, z.B. Banken, Kundinnen und Kunden, Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner, Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner, Investortinnen oder Investoren u.v.m. und es können die Gesellschafterinnen oder die Gesellschafter die Geschäftsführerin oder den Geschäftsführer in die persönliche Haftung nehmen.

Nachfolgend kann daher nur ein erster Überblick zu beispielsweise möglichen Haftungskonstellationen geben:

Haftung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers

  • Grundsatz: Vom Grundsatz her haftet im Außenverhältnis nur die Gesellschaft, für die die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer handelt, wenn die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer alle vertraglichen und gesetzlichen Regelungen beachtet hat, sich alle Informationen und Kenntnisse besorgt hat, alle Geschäfte vorsorglich durch Sicherheiten wie Bürgschaften und Sicherungsabtretungen etc. geschützt hat und seriös und ordnungsgemäß alle Entscheidungen getroffen hat, denn dann ist die sorgfältig handelnde Geschäftsführerin oder der sorgfältig handelnde Geschäftsführer durch die Business Judgement Rule geschützt.
  • Haftung gegenüber der Gesellschaft: Nach § 43 GmbHG haftet die Geschäftsführerin und der Geschäftsführer allerdings der Gesellschaft, wenn ein Schaden für die Gesellschaft eingetreten ist, weil die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer nicht mit der Sorgfalt einer ordentlichen Geschäftsfrau oder eines ordentlichen Geschäftsmanns gehandelt hat, wenn Verschulden der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers vorliegt, entweder in Gestalt von Fahrlässigkeit oder von Vorsatz, und wenn zwischen der Pflichtverletzung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers und dem Schadenseintritt eine Kausalität vorliegt, das heißt, die Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wurde oder wenn die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer darauf vertraut hat, dass kein Schaden eintreten wird. Vorsatz ist gegeben, wenn die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer den Schadenseintritt billigend in Kauf genommen hat oder sogar direkt gewollt hat.
  • Haftung gegenüber Dritten: Gegenüber Dritten haftet die GmbH-Geschäftsführerin und der GmbH-Geschäftsführer nach allgemeinen Grundsätzen persönlich immer dann, wenn er Geschäfte tätigt und nicht ausreichend deutlich macht, dass er nicht für sich persönlich, sondern für die Gesellschaft handeln möchte. Das gleiche gilt, wenn er in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt, wenn er als Privatperson eine Bürgschaft für die Vertragserfüllung durch die GmbH übernimmt, wenn er ein persönliches meist wirtschaftliches Interesse an einem Vertragsabschluss hat oder wenn er eine Straftat begeht wie beispielsweise Diebstahl, Betrug, Untreue oder Insolvenzstraftaten. Prüft die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer nicht ständig die Finanzen der Gesellschaft und meldet im Falle der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der GmbH nicht rechtzeitig Insolvenz an, kann er beim Vorliegen sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen den dadurch geschädigten Gläubigern gegenüber schadensersatzpflichtig sein. Wichtig ist auch, dass der Geschäftsführer sich bewusst ist, dass er bereits im Gründungsstadium die sogenannte persönliche Handelnden-Haftung hat, bis die zukünftige Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist.

Haftung der Gesellschafterin und des Gesellschafters

Je nach den konkreten Einzelumständen können auch Gesellschafterinnen und Gesellschafter einer GmbH oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit ihrem Privatvermögen haften, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, zum Beispiel dann, wenn sie schuldhaft die Geschäftsführung nicht ordnungsgemäß anleiten, überwachen und unterstützen, wenn sie rechtswidrige Weisungen schuldhaft an die Geschäftsführerin oder den Geschäftsführer erteilen, wenn sie Ansprüche der Gesellschaft gegen die Geschäftsführerinnen und gegen die Geschäftsführer nicht rechtlich durchsetzen, wenn sie gegen ihre Treuepflicht zum Unternehmen verstoßen, wenn sie unerlaubte Wettbewerbsgeschäfte machen oder wenn sie in sonstiger Weise dem Unternehmen schaden oder Straftaten zu Lasten von Gläubigern des Unternehmens begehen.

Weitere Beispiele von sogenannten Durchgriffshaftungen gegenüber Gesellschafterinnen-Geschäftsführerinnen oder Gesellschafter-Geschäftsführern sind z.B. bei der Ein-Personen-Gesellschaft u.a. dann gegeben, wenn eine Vermischung von Privat- und Gesellschaftsvermögen oder existenzvernichtende Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen stattgefunden haben.

Sonderfall des verlorenen Markenrechtsprozesses

Sofern also - wie Sie in Ihrer Fragestellung mitteilen - ein Schaden durch einen nicht vorhergesehenen Markenrechtsverletzungsprozess eingetreten ist bzw. eintreten könnte, ist a) zu prüfen, ob der Markenrechtsverletzungsprozess mit einer gründlichen Recherche nicht vorhersehbar gewesen wäre und über z.B. über eine Lizenz hätte verhindert werden können und b) ist eine gründliche individuelle Überprüfung der verschiedenen Rechtspositionen zwingend geboten: Haftung der Gesellschaft, Haftung der Geschäftsführerin und des Geschäftsführers, Haftung der Gesellellschafterin oder Gesellschafterinnen und des Gesellschafters oder der Gesellschafter u.v.m.

Am besten wenden Sie bzw. die betroffenen Personen sich an eine erfahrene Anwaltskanzlei mit dem Auftrag einer Komplettüberprüfung aller Einzelheiten einschließlich der Frage, welche sinnvollen Handlungsmöglichkeiten es in Anbetracht der aktuellen Lage zur Schadensabwehr oder zur Schadensminderung gibt.

Sofern die Gesellschaft durch die Vorfälle in eine schwere Krise geraten sein sollte, wäre unverzüglich zu prüfen, ob die Gesellschaft bei einer Bestätigung des Markenrechtsverstoßes überschuldet und/oder zahlungsunfähig sein könnte und ob ein Insolvenzantrag zu stellen ist, da sonst eine strafbare Insolvenzverschleppung vorliegen könnte. Der Insolvenzverwalter würde dann die Haftungsfragen in alle Richtungen prüfen und mit dem Insolvenzgericht besprechen und beim Vorliegen aller Voraussetzungen etwaige Ansprüche gegen die Geschäftsführerin oder den Geschäftsführer und/oder die Gesellschafterinnen oder die Gesellschafter sowie gegen ggfs. sonstige Verantwortliche zum Schutz der Gläubigerinnen und Gläubiger der Gesellschaft geltend machen.

Quelle:
Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München

Stand:
August 2020

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