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Unternehmen nicht am Unternehmensstandort anmelden?

Frage

Wir gründen gerade eine GbR für eine spanische Fachkräftevermittlung. Wir Gesellschafter könnten unseren Firmensitz im Haus meiner Eltern anmelden (Entfernung 75 km vom Unternehmensstandort und unserem Wohnort). Dort ist der Hebesatz um 110% geringer als an unserem Wohnort - was unsere Motivation hierbei wäre. Die eigentliche Arbeit erfolgt aber von beiden Gesellschaftern im Homeoffice vom Hauptwohnsitz aus. Welche Voraussetzungen müssen wir erfüllen, damit wir dort unseren Firmensitz machen könnten (wie z.B. Anwesenheit am Firmensitz, Telefonnummer, Mietvertrag mit den Eltern)? Würde es helfen, wenn ich meinen zweiten Wohnsitz dort anmelde?

Antwort

Der Sitz einer Gesellschaft ist rechtlich dort, wo ihn die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag bestimmt haben (sogenannter Satzungssitz, siehe auch § 11 Abgabenordnung) und wo idealerweise, aber nicht notwendig, die Geschäftsverwaltung tatsächlich stattfindet und alle wesentlichen Entscheidungen der Geschäftsleitung stattfinden (sogenannter Verwaltungssitz). Am Satzungssitz der Gesellschaft müssen ein Firmenschild, ein Briefkasten und eine Klingel sein und die Postweiterleitung an die zuständigen Personen muss zuverlässig eingerichtet sein. Wenn Sie im Wohngebäude Ihrer Eltern den satzungsgemäß bestimmten Gesellschaftssitz anmelden möchten, ist es - um Ihre Fragen zu beantworten - durchaus empfehlenswert, dass Sie dort einen Zweitwohnsitz anmelden oder - noch besser und mutmaßlich von den Kosten her als Betriebsausgabe steuerlich absetzbar - einen Mietvertrag für die Gesellschaft mit Ihren Eltern abschließen und einen Telefonvertrag für den Standort einrichten, von welchem aus Sie dann eine Rufweiterleitung an Ihre Wohnadresse in München einrichten.

Soweit es Ihr Ziel ist, steuerliche Vorteile aus der Wahl des Gesellschaftssitzes zu generieren, ist zusätzlich u.a. § 2 Gewerbesteuergesetz i.V.m. § 12 Abgabenordnung zu beachten, der an die "Betriebsstätte" anknüpft und eine Legaldefinition enthält, wann von einer "Betriebstätte" auszugehen ist. Einzelheiten finden Sie in den genannten Paragrafen.
Anbei § 12 Abgabenordnung (Stand 16.4.2014):
§ 12 AO Betriebstätte
Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:
1. die Stätte der Geschäftsleitung,
2. Zweigniederlassungen,
3. Geschäftsstellen,
4. Fabrikations- oder Werkstätten,
5. Warenlager,
6. Ein- oder Verkaufsstellen,
7. Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
8. Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn
a) die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b) eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
c) mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.
(Quelle: www.gesetze-im-internet.de (www))

Am besten lassen Sie sich zu den steuerlichen Einzelheiten durch Ihren Steuerberater beraten.

Quelle:
Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
April 2014

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