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Textilproduktion und -handel: GbR gründen?

Frage

Ich möchte mich mit einem Textilhandel (Online-Shop) selbständig machen. Dies soll als Kleingewerbe starten. Die Produkte werden von meiner Mutter und meiner Tante gefertigt (gelernte Textildesignerin und Schneiderin). Wäre dies als GbR möglich oder ist es besser, wenn jeder von uns jeweils ein Kleingewerbe anmeldet und ich die Produkte bei ihnen in Auftrag gebe und sie mir Rechnungen stellen? Eine Anmeldung im Handelsregister ist nicht geplant. Können Sie beurteilen, wie wir diesen Textilhandel korrekt im Kleingewerbe betreiben? Welche Anmeldungen sind nötig?

Antwort

Eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gemäß der §§ 705 ff BGB bietet sich an, wenn Sie und Ihre Mutter und Ihre Tante sich sehr gut verstehen und auf Augenhöhe gemeinsam die Geschäftstätigkeit durchführen möchten. Bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts leisten alle Gesellschafter Beiträge zur Gesellschaft. Diese Beiträge können zunächst in Einzahlungen auf das Geschäftskonto der Gesellschaft, also in Form finanzieller Beiträge, erfolgen, damit ein Startkapital für alle Ausgaben vorhanden ist. Im weiteren Verlauf der Gesellschaft könnten Sie und Ihre Verwandten dann jeweils nach Begabung, Zeit und Möglichkeiten unterschiedliche Beiträge leisten. Da Ihre Mutter und Ihre Tante sehr gut im Bereich vom Designen und Herstellen der Textilwaren sind, wie Sie mitteilen, könnten sie in dieser Weise Beiträge leisten, während Sie u.a. die kaufmännische Seite mit der Verwaltung, dem Vertrieb und dem Online-Marketing übernehmen könnten. Sofern die Beiträge in etwa gleich hoch wären, würde jede von Ihnen drei Frauen mit einem Drittel an der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts beteiligt sein. Wenn die Beiträge sich anders darstellen würden, wäre eine Quotelung vorzunehmen, z.B. 40 %, 30 % und 30 % oder wie auch immer.

Vorteil bei dieser Geschäftstätigkeit, bei der die GbR aus den Vor- und Nachnamen der Gesellschafterinnen bestehen würde und den Rechtsformzusatz „GbR“ tragen würde, wäre, dass alle gemeinsam am Gewinn und Verlust beteiligt sind und das gleiche unternehmerische Risiko tragen. Das bedeutet, dass die Haftung für Verluste und die Außenhaftung gegenüber Kunden, Geschäftspartnern sowie sonstigen Personen im Geschäftsverkehr oder Behörden alle gemeinsam trifft. Dabei kann nach dem gesetzlichen Konzept bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts immer jede Gesellschafterin allein in voller Höhe für eine finanzielle Verpflichtung der Gesellschaft in Anspruch genommen werden. Die Wahl hat der Gläubiger der Gesellschaft, wenn nicht davon abweichende vertragliche oder gesetzliche Regelungen zwischen dem Gläubiger und der Gesellschaft bestehen. Der Ausgleich unter den Gesellschafterinnen untereinander kann dann anschließend intern vorgenommen werden, hierzu gibt es die gesetzliche Regelung in § 426 BGB über den Innenausgleich. Auch werden die geschäftlichen Entscheidungen in Gesellschafterbeschlüssen gemeinsam getroffen.

Läuft die Gesellschaft gut und macht Gewinne, werden die Gewinne anteilig unter den Gesellschafterinnen aufgeteilt. Werden Verluste gemacht, gilt der gleiche quotale Aufteilungsmaßstab, d.h. bei gleichberechtigten Gesellschafterinnen haftet jede mit einem Drittel intern für die Verluste. Alle Einzelheiten sollten bei der Gründung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Gesellschaftsvertrag schriftlich niedergelegt werden. Die Schriftform ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aus Gründen der Beweisbarkeit und weil das Finanzamt, andere Ämter, Banken und andere Rechtspersonen wie z.B. Lagervermieter etc. den Gesellschaftsvertrag gegebenenfalls zur Ansicht erhalte möchten, wäre ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag sehr zu empfehlen.

Wenn Sie die Geschäftstätigkeit lieber auf Ihren eigenen Namen führen möchten und im Rahmen von Einzelverträgen mit Einzelrechnungen von Ihrer Mutter und Ihrer Tante Ware bestellen und bezahlen wollen, sollten Sie bedenken, dass Sie das unternehmerische Risiko allein tragen. Rechnungen für von Ihnen bestellte und gelieferte Ware müssen auch dann bezahlt werden, wenn Sie auf Ihrer Online-Handelsplattform keine Abnehmer finden oder Besteller bestellte Ware mittels Widerrufs zurückgeben. Auch müssten Sie allein die gesamten Kosten für die technische Einrichtung, Wartung und Betreuung der Online-Handelsplattform tragen. Sie haften bei dieser Gestaltung also allein für alles mit Ihrem Privatvermögen. Regress können Sie normalerweise nur bei besonderen Umständen bei Ihrer Mutter oder Ihrer Tante nehmen, nämlich dann, wenn diese im Rahmen von den jeweiligen Vertragsbeziehungen gegen Pflichten verstoßen, z.B. Designen von Plagiaten, verspätete Lieferung von Ware, Lieferung von mangelhafter Ware o.ä. Klären müssten Sie vor allem auch wettbewerbsrechtliche Fragen wie u.a., ob und in welchem Umfang Ihre Mutter und Ihre Tante die von ihnen designten und hergestellten Produkte auch selbst anderweitig an Dritte verkaufen dürfen oder sollen. Weitere Abgrenzungen sind Fragen wie Scheinselbständigkeit, wenn die zwei Frauen exklusiv für Sie arbeiten würden und nicht für andere Abnehmer. Denn dann könnte quasi ein faktisches Anstellungsverhältnis vorliegen.

Ob und welche Anmeldungen alle erforderlich sind, hängt von der Rechtswahl ab und kann auch nur in Kenntnis aller Besonderheiten der konkreten Einzelsituation von Ihnen, Ihrer Mutter und Ihrer Tante und der dann konzipierten Form des Angebots geprüft und beurteilt werden.

Am besten lassen Sie sich zu dritt in einer auf Handels- und Gesellschaftsrecht sowie auf Steuerrecht spezialisierten Kanzlei beraten, damit die optimale Gestaltung für Ihr Geschäftsangebot im Textil-Online-Handel gefunden werden kann.

Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
Februar 2019

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