Antwort
In Ihrer GbR müssen beide Gesellschafterinnen freiberuflich tätig sein, um diesen steuerlichen Status erhalten zu können. Auch geringfügige gewerbliche Tätigkeiten können zu einer „Infektion“ führen und damit in das Gewerbe. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat 2014 die Bagatellgrenze für die „Abfärberegelung“ (Infektion der GbR durch gewerbliche Tätigkeiten) festgelegt: Liegen die gewerblichen Umsätze eines Freiberuflers unterhalb von 3 % der Gesamtnettoumsätze und auch unterhalb von 24.500 Euro, greift die Abfärberegelung nicht und es wird somit keine Gewerbesteuer fällig (BFH, Az.: VIII R 6/12, VIII R 16/11, VIII R 41/11. Es kommt also nicht auf die überwiegende Tätigkeit an. Der Betrag von 24.500 Euro orientiert sich an dem gewerbesteuerlichen Freibetrag für Umsätze von Personengesellschaften, wobei unterhalb dieser Grenze grundsätzlich keine Gewerbesteuer erhoben wird.
Wenn etwa eine Grafik-Designerin von Druckereien Provisionen für die Vermittlung von Aufträgen erhält, so wäre das eine gewerbliche Tätigkeit. Ausschließen kann man eine solche Infektion durch Trennung der freiberuflichen und gewerblichen Dienstleistungen in zwei Gesellschaften, wobei Konten des Unternehmens, Rechnungen und Buchführung, möglicherweise gar die Betriebsräume zu trennen wären.
Nun können freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit auch untrennbar verbunden sein. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn bei der Rechnungsstellung gegenüber Auftraggebern keine Unterscheidung vorgenommen wird. Als Beispiel wird hier gerne die Grafikdesignerin genannt, die neben der künstlerischen Tätigkeit auch den Druck ihrer Werke überwacht. Würde hier die Abwicklung des Druckes nur eine Nebentätigkeit darstellen, so könnte man davon ausgehen, dass der Druck lediglich eine Hilfstätigkeit für den künstlerischen Beruf darstellt, die freiberufliche Dienstleistung insgesamt der Berufsausübung das „Gepräge“ gibt.
(Zitat) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, …, schließen auch im Grenzbereich zwischen Kunst und Gewerbe der gewerbliche Verwendungszweck und die bestimmungsgemäße Verwendung als Gebrauchsgegenstand die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit nicht aus, wenn die Arbeiten nach ihrem Gesamtbild eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen (BFH-Urteil vom 14. Dezember 1976 VIII R 76/75, BFHE 121, 410, BStBl II 1977, 474) (Zitatende)
„Für die Gerichte ist seitdem allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen.“ Es ist davon auszugehen, dass die „hinreichende Beherrschung der Technik“ bereits durch ihre Ausbildung und die langjährige Berufstätigkeit als Gestalter o.ä. als gegeben anzunehmen ist.
Die wichtigsten Merkmale einer künstlerischen Tätigkeit sind folglich
- individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft: Hier sind vor allem persönlicher Stil und Note gemeint;
- eigenschöpferische Gestaltungsmöglichkeit: Sie findet vor allem in der Umsetzung von Punkt 1 ihren Ausdruck
- künstlerische Gestaltungshöhe: Was damit gemeint ist, können Sie der unten zitierten Rechtsprechung entnehmen
- Verwendungszweck
Zum Verwendungszweck sagt die Rechtsprechung das Folgende: (Zitat) Wenn sich ein Grafik-Designer „[...] an ins Einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung bleibt [...]“, würde dies gegen die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit sprechen, da dann die künstlerische Gestaltungshöhe nicht gegeben wäre. …Dass mitunter Vorgaben von Auftraggebern zu berücksichtigen sind, liegt nach Auffassung der Gerichte an der Besonderheit des Designer-Berufes und ist für die Frage der Freiberuflichkeit unschädlich (FG Berlin, Urteil vom 23.9.1997 (VII 94/92), solange der Grafik-Designer die Art und Weise der Umsetzung gemäß seiner eigenen schöpferischen Phantasie bestimmen kann. (Zitatende)
Noch ein Urteil hierzu (Zitat) Eine künstlerische Tätigkeit kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn jemand zwar seine Leistungen in den Dienst der Werbung stellt, diese aber aufgrund künstlerischer Fähigkeiten und in künstlerischer Weise vollbringt. Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu ist erforderlich, dass sie nicht das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeiten darstellen, sondern darüber hinaus etwas Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische Gestaltungshöhe aufweisen.“ (BFH-Urteil vom 14.12.1976 VIII R 76/75, BStBl II 1977, 474) (Zitatende)
Webdesigner werden von der Finanzverwaltung häufig als Gewerbetreibende eingestuft. Es gibt auch hier eine gegenteilige Rechtsprechung: Nach dem rechtskräftigen Urteil des FG Münster vom 19.6.2008 (8 K 4272/06 G, EFG 2008, 1975) erzielt ein Selbstständiger, dessen Tätigkeit dem Berufsbild eines Webdesigners entspricht, Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Dieses Urteil wird hier deshalb zitiert, um deutlich zu machen, dass eine einheitliche Vorgehensweise der Finanzverwaltung im Bereich Design nicht festgestellt werden kann. Es gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung.
Einem Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 10.7.2014 (15 K 2275/11) zufolge liegt eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes nicht vor, (Zitat) wenn der zwar eine besondere Kreativität und hohe technische Fähigkeiten erkennen lassenden Gebrauchskunst der für eine gewisse Gestaltungshöhe erforderliche Abstraktionsgrad fehlt (Vorgabe der Materialien, Formen und des Zwecks durch Auftraggeber). Gibt die handwerkliche Leistung den Drucksachen das Gepräge, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor. (Zitatende)
In einem Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz wurde auf ein Gutachten zurückgegriffen. (Zitat) Die Arbeiten - so der Gutachter - würden nicht die für eine künstlerische Leistung erforderliche sog. „Gestaltungshöhe“ aufweisen. Dazu müssten sich die Gestaltungsmittel (Farbe- und Formkontraste, Farbwirkung, Raum, Perspektive, verschiedene Gestaltungsebenen, Reduzieren, Überhöhen, Verfremdungen, Bildzitate u.ä.) auf etwas Nichtsichtbares wie Stimmung, Gefühl oder Empfindung verdichten. Bei den Arbeiten überwiege dagegen bei allen Bemühungen, den geringen Freiraum künstlerisch auszufüllen, die einwandfrei gemachte handwerkliche Arbeit (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 2013 (Az.: 6 K 1301/10) (Zitatende)
Ich hoffe, hinter die abstrakten Aussagen der Grundsatzurteile eine Vorstellung vermittelt zu haben, was hier mit Kunst gemeint ist (oder gemeint sein könnte).
Hier noch zwei Hinweise:
- Besonders wichtig ist der Schutz geistigen Eigentums auch und gerade im Design, etwa durch eine Geschmacksmusteranmeldung.
- Für Sie wäre der Zugang zur Künstlersozialversicherung möglich. Dabei wäre zu beachten, dass die Mitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung nicht automatisch zu einer allgemeinen Einordnung als Freier Beruf führt.
Zur Umsatzsteuer: Die so genannte „Kleinunternehmerregelung“ gilt für alle Unternehmen, sowohl gewerbliche als auch freiberufliche - hierbei handelt es sich um eine umsatzsteuerliche Kategorie und nicht um eine Frage der einkommensteuerlichen Zuordnung als Freier Beruf! Bei der Größenordnung der von Ihnen erwarteten Umsätze ist die Frage der Gewerbesteuerpflicht nachrangig, da Sie zwar gewerbesteuerpflichtig sein könnten, aber tatsächlich diese Steuer nicht abführen müssten. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter http://www.existenzgruender.de/DE/Gruendung-vorbereiten/Gruendungswissen/Steuern/Kleinunternehmerregelung/inhalt.html
Beachten Sie bitte noch das Folgende: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden.
Das BMWi informiert zu Teilzeit- und Kleinstgründungen unter http://www.existenzgruender.de/DE/Gruendung-vorbereiten/Entscheidung/Gruendungsarten/Teilzeit-Kleinstgruendungen/inhalt.html
Grundsätzliches zur Gründung in freien Berufen erfahren Sie unter http://www.existenzgruender.de/DE/Gruendung-vorbereiten/Gruendungswissen/Freie-Berufe/inhalt.html
Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
Dezember 2017
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