Antwort
Das Widerrufsrecht findet zunächst nur Anwendung, wenn der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von sogenannten Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wurde. Das bedeutet konkret, dass sich die Frage in Ihrer Situation nur dann stellt, wenn der Interessent, angespornt durch den Flyer, sich per E- Mail, Fax oder Brief anmeldet und Sie in gleicher Weise die Anmeldung bestätigen. Nur in einem solchen Fall ist die Problematik des Widerrufsrechts relevant, nicht aber, wenn dieser sich bei Ihnen vor Ort anmeldet.
Gehen wir aber davon aus, dass der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmittel geschlossen wurde und kein Ausschlussgrund für das Widerrufsrecht vorliegt, erlischt dieses Widerrufsrecht nicht allein durch den Besuch der Veranstaltung. Denn nach der neuen gesetzlichen Vorschrift würde dieses Recht nur dann erlöschen, wenn Ihre Leistung vollständig erbracht ist und Sie mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen haben, nachdem Ihr Vertragspartner dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und er gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung verliert.
1. In Ihrem Fall bedeutet das aber, dass der Kunde auch nach Beginn der Veranstaltung das Widerrufsrecht ausüben kann, vorausgesetzt, die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts ist noch nicht abgelaufen. An diesem Umstand werden Sie leider nichts ändern können.
2. Hinsichtlich Ihrer Frage mit den 50 % muss man unterscheiden. Ihre Regelung in den AGB zu den 50 % betrifft mehr ein Kündigungsrecht und zwar eines vor Seminarbeginn. Die Prüfung der Zulässigkeit dieser Klausel soll hier außen vor gelassen werden. Im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht spricht man vom sogenannten Wertersatz. Eine pauschale Festlegung des Wertersatzes ist in diesem Zusammenhang nicht möglich. Stattdessen sieht das Gesetz in § 357 Abs. 8 BGB vor, dass der Kunde in einem solchen Fall Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung schuldet. Das wiederum setzt voraus, dass der Kunde ausdrücklich verlangt hat, dass Sie mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen und der Kunde über seine Rechte ordnungsgemäß informiert wurde. Wenn Sie also in einem solchen Fall ein 5-tägiges Seminar anbieten und der Kunde nach zwei Tagen den Widerruf erklärt, müsste er dann 2/5 des Gesamtpreises vom Seminar als Wertersatz leisten.
Es ist also darauf zu achten, dass Sie Ihre Anmeldungen und Bestätigungen zu den Seminaren den gesetzlichen Gegebenheiten anpassen, um im Falle des Falles Ihre Entlohnung für die bis zur Erklärung des Widerrufs erbrachten Leistungen zu bekommen.
Quelle:
Thomas R. M. Sachse
Rechtsanwalt
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Corporate Brand Manager (BAW)
Intellectual Property Manager
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
Juni 2015
Tipps der Redaktion: