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Stickereishop im Nebenerwerb: gewerblich oder freiberuflich?

Frage

Ich habe im November 2013 einen kleinen Stickereishop im Nebenerwerb (Kleinstgewerbe) unter Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UstG) gegründet. Ich bin unsicher, ob es sich hier um eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit handelt. Die Stickmuster werden von mir von Hand entweder nach Kundenvorlage oder individuell gestaltet und erstellt. Weiter beschaffe ich die zu bestickenden Textilien und verkaufe sie dem Kunden. Ich wäre für eine Einschätzung gewerblich oder freiberuflich sehr dankbar.

Antwort

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine steuerliche Freiberuflichkeit des Textildesigns können Sie der Rechtsprechung zum Grafik-Design entnehmen: In § 18 EStG werden drei Gruppen freiberuflicher Tätigkeit unterschieden: die Katalogberufe (Ärzte, Heilpraktiker, Journalisten, Bildberichterstatter etc.), die den Katalogberufen ähnlichen Berufe und die Tätigkeitsberufe. Zu den Tätigkeitsberufen zählen die künstlerischen, wissenschaftlichen, schriftstellerischen, unterrichtenden und erzieherischen Berufe. Für die Beurteilung der Freiberuflichkeit gibt es von Finanzgerichten mehrere Urteile für den Bereich Grafik-Design, die hier näher dargestellt werden sollen.

Bis zur BFH-Entscheidung vom 17.7.1958 führte eine gewerbliche Zweckbestimmung dazu, dass eine gestalterische Leistung generell nicht als eine künstlerische Tätigkeit eingestuft wurde. Seither hat sich die Rechtsprechung jedoch grundlegend geändert: "Für die Gerichte ist seitdem allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen."

Es ist davon auszugehen, dass die "hinreichende Beherrschung der Technik" bereits durch Ausbildung und die langjährige oder zumindest mehrjährige (Berufs-)Tätigkeit als Gestalter o.ä. als gegeben anzunehmen ist. Wenn sich ein Grafik-Designer "[...] an ins Einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung bleibt [...]" , würde dies gegen die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit sprechen, da dann die künstlerische Gestaltungshöhe nicht gegeben wäre.

Dass mitunter Vorgaben von Auftraggebern zu berücksichtigen sind, liegt nach Auffassung der Gerichte an der Besonderheit des Designer-Berufes und ist für die Frage der Freiberuflichkeit unschädlich (FG Berlin, Urteil vom 23.9.1997 (VII 94/92), solange der Grafik-Designer die Art und Weise der Umsetzung gemäß seiner eigenen schöpferischen Phantasie bestimmen kann.

Sie sehen, dass Ihre Frage von hier aus nicht eindeutig zu beantworten ist. Beachten Sie daher bitte: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und Kosten verbunden. Unsere Empfehlung ist, der Anzeige der Aufnahme einer freiberuflichen (selbstständigen) Tätigkeit eine schriftliche Begründung beizufügen. Die Höhe der Einkommensgrenze, ab der Sie tatsächlich Gewerbesteuer zahlen müssten, hängt von persönlichen und örtlichen (Hebesatz) Verhältnissen ab.

Da Sie wohl nur von Ihnen gestaltete Textilien weiterverkaufen, ist dieser Verkauf für eine steuerliche Freiberuflichkeit unbedenklich, wenn die Textilien von Ihnen schöpferisch bearbeitet wurden. Sollten Sie dies in Form von Serien tun, kann es wieder bedenklich werden. Dazu wiederum gibt es in der Rechtsprechung keine eindeutige Festlegung. Sie können ab einer Grenze von 20 gleich gestalteten Textilien vom Verlassen der Freiberuflichkeit ausgehen. Wenn Sie unbearbeitete Textilien an Dritte verkaufen, so ist dies gewerblich. In diesem Fall empfehle ich eine weitere Beratung, etwa durch einen Steuerberater.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Februar 2014

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