Antwort
Generell gilt in Deutschland die Gewerbefreiheit - d.h. alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. In der § 1 Abs. 1 der deutschen Gewerbeordnung (GewO) heißt es dazu: „Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind.“
Für Ihr Dienstleistungsangebot „Reiki, Lebensberatung, Edelsteinarbeit und Tarot“ gibt es keinerlei Beschränkungen oder gesetzliche Anforderungen - d.h. Sie benötigen keine spezielle Ausbildung, um sich mit diesem Dienstleistungsangebot selbständig zu machen. Der Schritt in die Selbständigkeit wird entweder als Gewerbebetrieb oder als Freiberufliche Tätigkeit begonnen. Die freiberufliche Tätigkeit, mit ihren steuerlichen Vorzügen (Befreiung von der Gewerbesteuer), setzt voraus, dass Sie eine vom Finanzamt anerkannte Qualifikation nachweisen können. Sollte diese nicht vorliegen, müssen Sie Ihre Tätigkeit als Gewerbebetrieb bei der zuständigen Behörde anmelden. Sie können sowohl die gewerbliche als auch die freiberufliche Tätigkeit im Nebenerwerb oder im Haupterwerb ausüben. Solange Sie noch einen Teilzeitjob als Arzthelferin ausüben, gehen Sie Ihrer selbständigen Tätigkeit im Nebenerwerb nach.
Unabhängig ob Sie die selbständige Tätigkeit im Neben- oder im Vollerwerb ausüben, Sie müssen sich entscheiden, ob Sie das Gewerbe als Einzelunternehmen (mit voller privater Haftung) oder als juristische Person / Kapitalgesellschaft (GmbH oder UG) betreiben wollen. Sollten Sie die selbständige Tätigkeit gemeinsam mit einer zweiten Person ausüben, müssen Sie sich vorher informieren, ob Sie dann eine sog. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen müssen und welche rechtlichen Konsequenzen (Stichwort Haftung) damit einhergehen.
Die Ausübung der selbständigen Tätigkeit in einer Miet-Immobilie hängt vom Mietvertrag und von den rechtlichen Möglichkeiten ab. Wenn Sie einen Mietvertrag mit reiner Wohnnutzung abgeschlossen haben, sollten Sie in jedem Fall den Vermieter schriftlich um sein Einverständnis einer sog. teilgewerblichen Nutzung bitten. Ggf. muss auch geprüft werden, ob die von der Gemeinde / Stadt vorgesehene Flächennutzung eine gewerbliche Nutzung zulässt.
Sobald Sie die Ausbildung als Heilpraktikerin abgeschlossen haben, können Sie entweder das bestehende Gewerbe entsprechend erweitern oder, falls das Finanzamt die Ausbildung anerkennt, auch zusätzlich eine freiberufliche Tätigkeit als Heilpraktikerin anmelden. Allerdings sollten Sie das mit Ihrem Steuerberater klären, denn das würde bedeuten, dass Sie zwei getrennte Buchhaltungen (einmal für den Gewerbebetrieb mit Reiki, Lebensberatung, Edelsteinarbeit und Tarot und einmal als freiberufliche Tätigkeit als Heilpraktikerin) führen müssen.
Die sog. Kleinunternehmerregelung (Umsatzsteuerbefreiung) macht aus meiner Sicht nur dann Sinn, wenn:
- Ihre Kunden ausschließlich Privatkunden (sog. B2C) sind und diese keine Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer benötigen.
- Sie keine hohen Anschaffungs- und laufenden Betriebsausgaben haben. Denn sobald Sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, dürfen Sie die in den Eingangsrechnungen enthaltene Vorsteuer nicht beim Finanzamt geltend machen.
Welche Kosten auf Sie zukommen, hängt vom Umfang Ihres Geschäftsbetriebes ab. Generell müssen Sie zwischen fixen und variablen Kosten unterscheiden.
Beispiele fixe Kosten (unabhängig ob der Geschäftsbetrieb gut oder schlecht läuft): Miete, Versicherungen, Kfz-Kosten, Werbung, Marketing etc.
Beispiele variable Kosten (Umsatzabhängig): wenn Sie nicht nur Dienstleistungen verkaufen - sondern auch bestimmte Produkte zusammen mit Ihrer Dienstleistung im Paket verkaufen, dann haben Sie eine sog. Wareneinstand (Einkauf von Waren, die Sie abhängig vom Umsatzverlauf, in den verschiedenen Perioden mehr oder weniger oft beziehen und vertreiben müssen).
Die Höhe der Steuerberaterkosten hängt davon ab, ob Sie die laufende Buchhaltung selber machen können/wollen und in welcher Form (geordnet oder „Schuhschachtel“) Sie die Unterlagen dem Steuerberater übergeben. Die einmalig zu entrichtende Gewerbeanmeldung kostet z.B. in München knapp 50 Euro - was Ihre Gemeinde-/Stadtverwaltung verlangt müssten Sie erfragen. In jedem Fall sollten Sie für Ihre gewerbliche Tätigkeit auch betriebliche Versicherungen abschließen!! Ihre privaten Versicherungen decken keinerlei Schäden, die im Rahmen selbständiger Tätigkeiten entstehen. Hier sollten Sie mindestens eine Haftpflichtversicherung gegen Personen- und Sachschaden abschließen. Am besten informieren Sie sich diesbezüglich bei einem unabhängigen und vertrauenswürdigen Versicherungsmakler.
Quelle: Wolfgang Dykiert
Gründungs- und Mittelstandsberatung
dykiert beratung
August 2018
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