Antwort
Die Gründung im Nebenerwerb sollte genauso akribisch vorbereitet werden wie eine Gründung im Haupterwerb. Im Außenauftritt, d.h. gegenüber Geschäftspartnern, wird kein Unterschied gemacht und im Innenverhältnis sollte man denselben Anspruch an die Nebenerwerbstätigkeit haben wie im Vollerwerb: professioneller Marktauftritt und Gewinnerzielungsabsicht. Dementsprechend sollte man sich vor dem Start in die Nebenerwerbstätigkeit im Klaren sein, ob und ab wann man mit der Selbständigkeit Gewinn erzielen kann und wie viel Geld (und Zeit) man bis dahin investieren muss.
Idealerweise sollte man sich einen kleinen Business- und Finanzplan - mindestens aber das Business Model Canvas oder ein Pitch-Deck erarbeiten. Aus formaler Sicht muss die selbständige Tätigkeit angemeldet werden: bei einer freiberuflichen Tätigkeit reicht zunächst ein formloses Schreiben an das zuständige Finanzamt - bei einer gewerblichen Tätigkeit muss man zum Gewerbeamt gehen und die Gewerbeanmeldung ausfüllen. Ob eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit angemeldet werden muss, hängt von Ihrer Qualifikation ab bzw. ob das zuständige Finanzamt sie anerkennt. In Ihrem konkreten Fall (laut den Angaben: erlernter Beruf Zahnmedizinische Fachangestellte/ Ernährungsberaterin und künftige selbständige Tätigkeit als Ernährungsberaterin) muss geprüft werden, ob die Ausbildung zur Ernährungsberaterin anerkannt wird/ist. Am besten Sie stellen eine verbindliche Anfrage bei Ihrem Finanzamt, geben an in welcher Branche bzw. mit welchem Dienstleistungsangebot Sie sich selbständig machen möchten und fügen Ihre Zeugnisse bei. Diese Anfrage kostet in der Regel eine kleine Gebühr, aber Sie haben im Anschluss daran Rechtssicherheit.
Im zweiten Schritt müssen Sie das Formular „Anmeldung zur steuerlichen Erfassung“ ausfüllen und an das Finanzamt schicken. Auf der Basis dieses Formulars erhalten Sie einerseits Ihre Steuernummer und andererseits werden die Vorauszahlungen für Einkommens- und/oder Gewerbesteuer für das erste Geschäftsjahr veranlagt. Weiterhin geben Sie in der Anmeldung zur steuerlichen Erfassung an, ob Sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen möchten oder nicht. Diese Option haben Sie nur, wenn Ihr Jahresumsatz weniger als 17.500 Euro beträgt. Mit der Kleinunternehmerregelung entscheiden Sie, ob Sie eine regelmäßige Umsatzsteuererklärung abgeben wollen oder nicht. Wenn nicht, dann dürfen Sie auf Ihren Ausgangsrechnungen keine Mehrwertsteuer ausweisen (weder in Prozent noch in Euro) bzw. an Ihre Kunden*innen in Rechnung stellen und Sie dürfen die in Eingangsrechnungen enthaltene Vorsteuer nicht abziehen - d.h. Sie bekommen die Vorsteuer vom Finanzamt nicht erstattet.
Wenn Sie am Anfang größere Investitionen planen (Mobiliar, Hardware, Software, Internetauftritt, Logo, Geschäftsausstattung etc.), dann rate ich dazu, die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch zu nehmen, da Sie von diesen Investitionen die darin enthaltene Vorsteuer im Folgemonat der Anschaffung vom Finanzamt zurückerstattet bekommen. Das ist für Sie ein Liquiditätsvorteil. Wenn Sie die Kleinunternehmerregelung auswählen, dann „outen“ Sie sich gegenüber Ihren Kunden*innen „mit jeder Rechnung als Kleinunternehmerin, da Ihre Rechnung keine ausgewiesene Mehrwertsteuer enthält. Damit weiß jeder Kunde/jede Kundin auf den ersten Blick, dass Sie mit Ihrem Geschäft weniger Umsatz als 17.500 Euro pro Jahr machen. Ob das vertrauenserweckend ist oder nicht, müssen Sie für sich entscheiden.
Unabhängig von der Kleinunternehmerregelung gibt es noch die Möglichkeit, ein Kleingewerbe (Umsatz < 5.000 Euro im Jahr und unregelmäßiger Geschäftsbetrieb) anzumelden. Als Kleingewerbe sind Sie von den üblichen Buchführungspflichten befreit. Insgesamt empfehle ich Ihnen, einen Steuerberater /eine Steuerberaterin zu Rate zu ziehen. Bezüglich allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) und Verträgen sollten Sie ebenfalls einen Fachmann (Rechtsanwalt) hinzuziehen.
Ansonsten kann ich Ihnen nur nochmals raten, auch die selbständige Nebenerwerbstätigkeit professionell zu beginnen. Dazu gehört auch ein entsprechender Internetauftritt. Den ersten Eindruck kann man nur einmal machen! Wenn Sie eine schlechte Außendarstellung haben (Logo von der Stange oder selbst gemalt, Internetauftritt selber „gebastelt“, Geschäftsausstattung selber entworfen) - dann dürfen Sie sich über mangelnde Kunden nicht wundern.
Quelle: Wolfgang Dykiert
Gründungs- und Mittelstandsberatung
dykiert beratung
September 2019
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