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Nebenberuflich toxikologischer Gutachter: Anmeldungen?

Frage

Ich bin promovierter Biologe und zertifizierter Toxikologe und arbeite Vollzeit bei einem Pharmaunternehmen. Ich trage mich mit dem Gedanken, im kleinen Rahmen nebenberuflich als toxikologischer Gutachter zu arbeiten und wurde hierzu gerne einmal die Voraussetzungen erörtern. Die berufliche Qualifikation ist vorhanden. Welche Anmeldungen wären notwendig, entstehen Kosten und wenn ja, in welchen Rahmen bewegen sie sich etc.? Gibt es bei Ihnen diesbezüglich Informationsmaterial oder einen Ansprechpartner, den man hierzu kontaktieren könnte?

Antwort

Im Einkommensteuerrecht gibt es neben den so genannten "Katalogberufen" auch ähnliche Berufe und Tätigkeitsberufe. Zu letzteren zählen die selbstständig ausgeübten künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden, erzieherischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten. Wissenschaftliche Tätigkeit ist an Mindestanforderungen gebunden, vor allem hinsichtlich der inhaltlichen Qualität (Bundesfinanzhof - BFH Urteil vom 29.4.1993, IV R 61/92, BFH/NV 1994, 89). Zur Definition der wissenschaftlichen Tätigkeit hat der BFH zuletzt mit Urteil vom 8.10.2008 (VIII R 74/05, BStBl II 2009, 238) ausführlich Stellung genommen. Demnach setzt die Annahme einer wissenschaftlichen Tätigkeit voraus, dass eine hochstehende, besonders qualifizierte Arbeit ausgeübt wird, die dazu geeignet ist, schwierige Streit- und Grenzfälle nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen. Der Begriff der Wissenschaftlichkeit ist in besonderem Maße mit den Disziplinen verbunden, die an den Hochschulen gelehrt werden. Kenntnisse, die ein Steuerpflichtiger sich lediglich aufgrund praktischer Erfahrungen angeeignet hat, reichen in der Regel nicht als Grundlage für eine wissenschaftliche Tätigkeit aus (BFH Urteile vom 24.2.1965, I 349/61 U, BStBl III 1965, 263; vom 18.8.1988, V R 73/83, BStBl II 1989, 212; vom 27.2.1992, IV R 27/90, BStBl II 1992, 826; vom 11.1.1997, XI R 2/95, BStBl II 1997, 687; vom 23.11.2000, IV R 48/99, BStBl II 2001, 241).

Auf der Grundlage dieser Anforderungen hat der BFH auch die Dokumentation des Vorkommens und der Fortpflanzungsstätten bestimmter Tiere durch einen selbstständigen Biologen als wissenschaftliche Tätigkeit angesehen, obwohl sie laufend und zu praktischen Zwecken für den Auftraggeber erfolgt war (BFH Urteil vom 26.11.1992, IV R 64/91, BFH/NV 1993, 360). Entscheidend dafür war, dass die Tiere und Pflanzen nach wissenschaftlichen Methoden bestimmt worden waren und für die Erstellung dieser Dokumentation schwierige Streit- und Grenzfragen nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen waren. Denn auch die auf konkrete Vorgänge angewandte Wissenschaft unterfällt § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Wissenschaftliche Tätigkeit setzt folglich entsprechende Kenntnisse und Vorgehensweisen voraus, wenn auch ein Hochschulstudium nicht als generelle Vorgabe anzusehen ist. Wissenschaftlich tätig ist auch derjenige, der aus der Forschung hervorgegangene Erkenntnisse auf konkrete Vorgänge anwendet (angewandte Wissenschaft). Deshalb kann die Wissenschaftlichkeit nicht allein mit der Begründung verneint werden, der Steuerpflichtige sei für seinen Auftraggeber im Wesentlichen praxisorientiert tätig. Zudem müssen für die Annahme der Wissenschaftlichkeit die Ergebnisse von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar sein. Art und Umfang der aus den allgemeinen Kriterien abzuleitenden Anforderungen richten sich allerdings nach den Besonderheiten der jeweiligen Fachgebiete.

Im Kern der Wissenschaft steht hier die forschende Tätigkeit, bei der grundsätzliche Fragen oder konkrete Fälle systematisch in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden, d.h. schwierige Grundsatzfragen zu beurteilen sind, wie dies z.B. in wissenschaftlichen Gutachten, bei denen schwierige Streit- und Grenzfragen nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen sind, der Fall ist. Bei Gutachtern ist eine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes nicht gegeben, wenn der Sachverständige bei seinem Gutachten im Wesentlichen auf seine praktischen Erfahrungen oder seine Marktkenntnisse zurückgreift. In solchen Fällen ist der Sachverständige gewerbesteuerpflichtig.

Da bei toxikologischen Gutachten von einer hohen Übereinstimmung zwischen allgemeinen Anforderungen an die steuerliche Freiberuflichkeit sowohl mit Ihrer Qualifikation als auch Ihrer Tätigkeit auszugehen ist, genügt die kostenfreie Anzeige dieser Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt. Weitere Anforderungen wären gegeben, wenn Sie als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger tätig werden wollen.

Weitere Informationen zu freiberuflichen Tätigkeiten oder auch Beratungstermine in Hessen finden Sie beim Institut für Freie Berufe unter www.ifb.uni-erlangen.de (www).
Dort finden Sie auch die Kontaktdaten unserer Berater.

Das beste deutsche Internet-Angebot für Gründer finden Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter www.existenzgruender.de.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2014

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