Antwort
Ihre Unsicherheit ist verständlich. Ich schreibe Ihnen einfach, wie ich es machen würde:
Ich würde die Freiberuflichkeit und das Gewerbe getrennt betrachten. Das Spiele-Erfinden ist steuerlich freiberuflich, die Produktion und der Vertrieb sind gewerblich. In der Steuererklärung würde dafür die getrennten Formulare für selbständige (ist im Steuerdeutsch freiberufliche) und gewerbliche Tätigkeit verwenden, um damit zunächst vor allem meine Kosten in Ansatz zu bringen. Da ich noch Einkünfte aus nicht-selbstständiger Tätigkeit habe und dort Einkommensteuer zahle, könnte ich über die Kosten für die Selbständigkeit schon einmal meine zu versteuernden Gesamteinkünfte reduzieren, auch wenn ich (noch) keinen Gewinn mache. Dies würde selbst dann gelten, wenn ich weder beim Finanzamt eine freiberufliche noch beim Gewerbeamt eine gewerbliche Tätigkeit angezeigt hätte.
Da ich die freiberufliche Betätigung schon angemeldet habe, lasse ich es dabei und vermeide weiterhin die Gewerbeanmeldung. Denn: In Absprache mit dem Finanzamt kann ich zunächst in geringfügigem Maß auch ohne die Gewerbeanmeldung starten, wenn hier (noch) kein Unternehmen besteht. Bis zu einem gewissen zeitlichen Umfang akzeptiert das Finanzamt diese Praxis (eine Festlegung gibt es hier nicht, das wird im Einzelfall entschieden). Wenn der Zeitraum mit Verlust zu lang wird, kann das Finanzamt mir so genannte "Liebhaberei" unterstellen, ich würde dann keine Kosten mehr anerkannt bekommen.
Ich muss mir auch vergegenwärtigen, was ein Gewerbe eigentlich ist: Ein Gewerbe ist jede erlaubte, selbständige, nach außen erkennbare Tätigkeit, die planmäßig, für eine gewisse Dauer und zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübt wird und kein freier Beruf ist. Hier ist vor allem das Kriterium der planmäßigen und auf Dauer angelegten Tätigkeit relevant, denn: planmäßig und auf gewisse Dauer betriebene gewerbliche Tätigkeit bedeutet, dass diese nicht nur gelegentlich betrieben werden darf. Damit habe ich also (noch) kein gewerbliches Unternehmen. Wenn ich also nie Geld einnehme, muss auch keinen Gewinn versteuern, könnte aber Kosten steuermindernd in Ansatz bringen.
Weiter: Ich erfinde ein Spiel und lasse es zunächst schützen (dafür nehme ich eine öffentliche Beratung in Anspruch). Nun überlege ich mir, ob ich das Spiel in Lizenz von einem Spiele-Verlag produzieren und vertreiben lasse oder dies selbst tun möchte. Komme ich zu dem Schluss, dies selbst zu tun, wäre das Internet wohl der betriebswirtschaftlich einzig sinnvolle Vertriebsweg. Aber es bleibt die Produktion. Also überlege ich, Muster herstellen zu lassen und damit auf Messen zu gehen (dafür nehme ich wiederum eine öffentliche Messeförderung in Anspruch). Während dieser Zeit behalte ich in Bezug auf Freien Beruf und Gewerbe die oben skizzierte Konstruktion. Erst wenn das Unternehmen anläuft und regelmäßige Einnahmen ich wegen regelmäßiger Einnahmen einen Geldspeicher bauen müsste, würde ich das ändern (sofern das Finanzamt nicht schon vorher eine Änderung verlangt hat). Über das Internet nehme ich Vorbestellungen entgegen und gebe einen Rabatt dafür. Wenn eine ausreichende Anzahl an Bestellungen vorliegt, lasse ich produzieren und wickle erst dann auch die Vorbestellungen ab. Ansonsten storniere ich mit vielem Bedauern (das Recht auf folgenlose Stornierung habe ich mir durch die potenziellen Kunden vorher schriftlich bzw. im Internet explizit bestätigen lassen; den nicht belieferten Käufern entstehen natürlich keinerlei Kosten, was ebenfalls von vorneherein zugesichert wurde). Außerdem mache ich mir einen kleinen Marketingplan. Da steht zum Beispiel drin, welche Medien oder Veranstaltungen ich bei möglichst geringen Kosten wie nutzen könnte, um mein Spiel bekannt zu machen). Grundsätzlich bedenke ich dabei nochmals: Ein gewerbliches Unternehmen habe ich immer noch nicht, weil ich erst dann selbst in größerem Umfang produziere und vertreibe, wenn ich einigermaßen sicher sein kann, dass es sich auch lohnt.
Es könnte sich bei einer positiven Entwicklung auch die Frage stellen, wie ich denn meine Arbeiten bei der Erfindung des Spieles vergütet bekommen, wenn ich keine Rechte verkaufe. Dann könnte ich als Freiberufler meinem gewerblichen Vertriebsunternehmen eine entsprechende Rechnung stellen (also faktisch mir selbst). Dazu ist allerdings ein Steuerberater zu empfehlen.
Selbst wenn ich ein Gewerbe angemeldet hätte: Der IHK-Beitrag besteht aus einem in der Regel gestaffelten Grundbeitrag und einer so genannten Umlage. Nach § 3 IHK-Gesetz gilt: Mitglieder, die nicht im Handelsregister eingetragen sind und deren Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb 5.200 Euro nicht übersteigt, zahlen keine Beiträge. Darüber hinaus gäbe es noch weitere Befreiungstatbestände.
Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Januar 2014