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Interior Design und eigene Gemälde verkaufen: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Ich habe Architektur studiert und arbeite in einem Architekturbüro. Dabei würde ich mich gerne selbständig machen und ich würde gerne zwei Aktivitäten ausüben: Interior Design (habe schon bei der Kammer nachgefragt und ich kann es, ohne in Kammer zu sein, ausüben - soweit ich mich nicht Innenarchitektin nenne) und Kunst (würde gerne die Möglichkeit haben, meine Gemälde zu verkaufen). Kann ich mich für beides als Freiberuflerin anmelden? Was brauche ich dazu?

Antwort

Als Innenarchitektin dürfen Sie sich nicht bezeichnen, weder in Bayern noch anderswo in Deutschland. Die Berufsbezeichnung Interior Designerin oder Innendesignerin hingegen ist nicht rechtlich geschützt. Es macht deshalb Sinn, die von Ihnen geplante Dienstleistung etwa als „Interior Designerin und Architektin“ anzubieten. Mit dieser Verknüpfung erleichtern Sie sich den Zugang zum Freiberuflerstatus nach dem Einkommensteuerrecht und zugleich die Erschließung von Aufträgen.

Für Ihre Tätigkeit im Innendesign und Ihre Kunst gelten weitgehend übereinstimmende Anforderungen für den Zugang zum freien Beruf. Die folgenden Ausführungen orientieren sich weitgehend an der Rechtsprechung zum Grafikdesign, da hier die Urteilsfindung besonders fundiert ist.

(Zitat) "Für die Gerichte ist … allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen." (Zitatende) Bundesfinanzhof, BFH, 11.07.1960 - V 96/59

Zum Verwendungszweck sagt die Rechtsprechung das Folgende: (Zitat) Wenn sich ein Grafik-Designer "[...] an ins Einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung bleibt [...]", würde dies gegen die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit sprechen, da dann die künstlerische Gestaltungshöhe nicht gegeben wäre. …Dass mitunter Vorgaben von Auftraggebern zu berücksichtigen sind, liegt nach Auffassung der Gerichte an der Besonderheit des Designer-Berufes und ist für die Frage der Freiberuflichkeit unschädlich (FG Berlin, Urteil vom 23.9.1997 (VII 94/92), solange der Grafik-Designer die Art und Weise der Umsetzung gemäß seiner eigenen schöpferischen Phantasie bestimmen kann.“ (Zitatende)

Noch ein Urteil hierzu (Zitat): „Eine künstlerische Tätigkeit kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn jemand zwar seine Leistungen in den Dienst der Werbung stellt, diese aber aufgrund künstlerischer Fähigkeiten und in künstlerischer Weise vollbringt. Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu ist erforderlich, dass sie nicht das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeiten darstellen, sondern darüber hinaus etwas Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische Gestaltungshöhe aufweisen.“ (Bundesfinanzhof, BFH-Urteil vom 14.12.1976 VIII R 76/75, BStBl II 1977, 474) (Zitatende)

Einem Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 10.7.2014 (15 K 2275/11) zufolge liegt eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes nicht vor, (Zitat) „wenn der zwar eine besondere Kreativität und hohe technische Fähigkeiten erkennen lassenden Gebrauchskunst der für eine gewisse Gestaltungshöhe erforderliche Abstraktionsgrad fehlt (Vorgabe der Materialien, Formen und des Zwecks durch Auftraggeber). Gibt die handwerkliche Leistung den Drucksachen das Gepräge, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor.“ (Zitatende)

In einem Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz wurde auf ein Gutachten zurückgegriffen. (Zitat) „Die Arbeiten – so der Gutachter – würden nicht die für eine künstlerische Leistung erforderliche sog. „Gestaltungshöhe“ aufweisen. Dazu müssten sich die Gestaltungsmittel (Farbe- und Formkontraste, Farbwirkung, Raum, Perspektive, verschiedene Gestaltungsebenen, Reduzieren, Überhöhen, Verfremdungen, Bildzitate u.ä.) auf etwas Nichtsichtbares wie Stimmung, Gefühl oder Empfindung verdichten. Bei den Arbeiten überwiege dagegen bei allen Bemühungen, den geringen Freiraum künstlerisch auszufüllen, die einwandfrei gemachte handwerkliche Arbeit (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 2013 (Az.: 6 K 1301/10).“ (Zitatende)

Sehen Sie hierzu die PRAXISHILFE: Freiberufliche Künstlerinnen und Künstler (PDF, 111  KB).

Das Ergebnis könnte in einer Anzeige Ihrer Tätigkeit beim Finanzamt als „Interior Designerin und Architektin, bildende künstlerische Tätigkeit als Malerin“ bestehen. Ich gehe davon aus, dass Sie mit dem Steuerprogramm ELSTER vertraut sind. Dort finden Sie auch das Formular zur steuerlichen Erfassung.

Vorsorglich weise ich darauf hin, dass eine formelle Anerkennung als Freiberufler nur in Form der so genannten „verbindlichen Auskunft“ vorliegt. Ohne diese Voraussetzung ist eine nachträgliche Einstufung in das Gewerbe nicht auszuschließen. Nach meinen Erfahrungen sollte dieser Vorbehalt für Sie eher theoretischer Natur sein. Ihr Finanzamt wird wohl die Verbindung von Innendesign mit dem Hochschulabschluss in Architektur positiv beurteilen. Ihre künstlerische Tätigkeit hingegen ist im Gegensatz zu anderen freien Berufen nicht an besondere Anforderungen hinsichtlich der Qualifikation gebunden - die darüber hinausreichenden Anforderungen sollten Sie erfüllen (siehe oben).

Weiterhin empfehle ich die folgenden Informationen des BMWK:

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung

Januar 2021

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