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Sie möchten wissen, ob die auf Gewinnerzielung gerichteten Durchführungen von Tages-Segeltörns, bei denen Ihr Segelschiff von Ihnen als Schiffseigentümer und Skipper geführt wird und bei denen Ihre Frau als Mitanbieterin der Segeltörns im Rahmen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) die kulinarische Verpflegung und Betreuung der Segeltörnteilnehmer übernimmt, unter den Begriff einer „Reiseveranstaltung“ fallen oder ob eine „Bootsvermietung“ vorliegt.
Ein Reisevertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag, der dem Werkvertrag angenähert ist, weil der Erfolg beziehungsweise der Nutzen einer gelungenen Reise wie angeboten geschuldet wird und der Reisende verpflichtet ist, den Reisepreis als Gegenleistung zu bezahlen. Reiseveranstalter ist nach der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur, wer in eigenem Namen auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko touristische Dienstleistungen anbietet. Besondere Regelungen speziell zu Pauschalreisen sind in den §§ 651 a ff BGB im Bürgerlichen Gesetzbuch zu finden. Nach der Definition in § 651 a Absatz 1 bis Absatz 3 BGB liegt eine Pauschalreise vor, wenn mindestens zwei touristische Dienstleistungen von einem Veranstalter zu einem Pauschalpreis angeboten werden, dabei kann die Pauschalreise auch modular-artig zusammengesetzt werden. Liegt keine Pauschalreise vor, dürfte meist ein Reisevertrag über einzelne touristische Dienstleistungen vorliegen.
Bei der reinen Vermietung eines Segelbootes zur Nutzung durch den Bootsmieter handelt es sich normalerweise, wenn keine Besonderheiten hinzutreten, um einen Mietvertrag einer beweglichen Sache nach den §§ 535 ff BGB. Allerdings kann möglicherweise selbst bei einer reinen Bootsvermietung ohne Skipper, also ohne Ihre Begleitung und Reisedurchführung, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Urteil vom 29.6.1995 zum Aktenzeichen VII ZR 201/94 (Hochseeyacht in Kiel) nach den Umständen des Einzelfalls nicht nur ein klassischer Mietvertrag gemäß der §§ 535 ff BGB mit der vertraglich vereinbarten vorübergehenden Überlassung einer beweglichen Sache anzunehmen sein. Denn es kommt immer auf alle Umstände des Sachverhaltes an. Im Vordergrund steht dabei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Prüfung, was vertraglich vom Anbieter angeboten wird und was der Kunde erwarten darf. Bei der von Ihnen überlegten und beschriebenen Planung überlassen Sie den Kunden nicht Ihr Schiff zur freien Verfügung und der Kunde hat keine eigenständige Nutzungsmöglichkeit und Entscheidungsfreiheit beim Segeltörn. Sie planen und beschreiben den Tagessegeltörn als Reise und somit als Angebot, das die Kunden buchen können, und führen dann als Skipper mit Ihrer Crew den Segeltörn durch und die Teilnehmer ordnen sich Ihren Vorgaben unter, so dass die reinen Mietrechtsregelungen über die Miete einer beweglichen Sache nicht passen dürften und zu kurz greifen, so dass vielmehr - vorbehaltlich der vertieften Prüfung aller Umstände Ihrer geplanten Einzelangebote - von einem Reisevertrag auszugehen ist.
Somit gilt zusammengefasst: Da Sie nicht nur Ihr Segelboot zur Verfügung stellen wollen, sondern die gesamte Fahrt planen und als Skipper das Boot selbst führen und die vollständige Verantwortung für die sichere Durchführung des Segeltörns mit vollständiger Verpflegung und die Verantwortung auch für das entsprechende „Urlaubsgefühl“ der Segeltörnteilnehmer tragen, dürfte eine Reiseveranstaltung, eventuell sogar mit Pauschalcharakter vom Begriff her, vorliegen, bei der Sie als touristische Dienstleistungen die Planung und Reisedurchführung mit Beförderung der Segeltörnteilnehmer per Segelschiff durch Sie als Skipper mit Ihrer Crew sowie die kulinarische Verpflegung ihrer Kunden mit Speisen und Getränken anbieten. Sofern jedoch alle Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 651 a Absatz 5 Nr. 2 vorliegen, wären allerdings die Vorschriften für Pauschalreisen nicht anwendbar. Das wäre dann der Fall, wenn die Segeltörns weniger als 24 Stunden dauern, was ja aktuell Ihre Überlegung ist, keine Übernachtung umfassen und der Reisepreis nicht EUR 500,00 übersteigt (Gesetzesstand April 2019), wobei Sie keinen Angaben zu Ihrer Preisgestaltung gemacht haben. Kommt das Pauschalreiserecht der §§ 651 a ff BGB nicht zur Anwendung, gelten für den Reisevertrag ersatzweise die allgemeinen bürgerlichen Regelungen des Dienstvertrags, des Werkvertrags, des Mietvertrags und weiterer Vertragsarten je nach dem konkreten Inhalt der angebotenen Einzelleistung.
Die Rechtsprechung zum Thema Segeltörns mit Skipper und Crew und ohne Skipper und Crew der vergangenen Jahrzehnte zeigt dabei weiterhin klar und eindeutig, dass es immer auf den Einzelfall ankommt. Die Gerichte untersuchen jeweils bei Haftungsfällen, Mängeln der Reisen oder ausgefallenen oder stornierten Reisen, was das konkrete Angebot war, welche Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart worden sind und ob diese wirksam sind, wie die konkrete Reise dann praktisch durchgeführt wurde und in welchen Bereichen die Schwerpunkte lagen. Sodann wird geprüft, zu welchem Aspekt das Rechtsthema entstanden ist und welche vertraglichen und gesetzlichen Regelungen anwendbar sind und welche rechtlichen Konsequenzen dann unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und unter der angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen sich ergeben.
Da es sich bei der Durchführung von Segeltörns um eine für Leib und Leben der Teilnehmer möglicherweise gefährliche Veranstaltung handeln kann, sollten Sie Ihr geplantes Konzept von einer erfahrenen Anwaltskanzlei prüfen lassen, die für Sie abklärt, in welchem Umfang nach der konkreten Ausgestaltung spezialgesetzliches (§§ 651 a ff BGB) oder allgemeingesetzliches (BGB-Vertragsarten, Schuldrecht etc.) Reisevertragsrecht zur Anwendung kommt und für Sie abklärt, welche zwingenden Bestimmungen im Reiserecht und in anderen Rechtsgebieten zu beachten sind, welche Versicherungen Sie benötigen und wie Sie durch gesetzlich zulässige Haftungsausschlüsse und/oder Haftungsbeschränkungen Ihre GbR - und damit das Privatvermögen von Ihnen und Ihrer Frau - vor der Inanspruchnahme bei Unfällen oder sonstigen Schadens- und Haftungsfällen möglichst gut absichern können. Dabei wäre dann auch zu prüfen, welche gesetzlichen Regelungen für das Anbieten von einwandfreien Lebensmitteln und Getränken und deren Kühlung etc. gegebenenfalls zur Anwendung kommen können.
Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
April 2019
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