Antwort
Zum besseren Verständnis dieser Antwort auf Ihre Anfrage muss ich vorausschicken, dass die folgenden Ausführungen vor allem Bezug auf die Rechtsprechung zu freien Berufen im Einkommensteuerrecht nehmen.
Beginnen wir mit der Personalberatung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Jahr 2002 einen Diplom-Kaufmann für gewerblich erklärt, der in der Personalberatung tätig war. Dabei handelte es sich nicht nur um eine vermittelnde Tätigkeit, sondern um eine komplexe Dienstleistung: Erstellung von Anforderungsprofilen, Kontaktpflege, Beurteilung von Bewerbungsunterlagen, Führung von Bewerbungsgesprächen und Unterbreiten von Vorschläge für geeignete Kandidaten. Als wichtigen Vorbehalt stellte das Gericht fest, dass die Zahlung von Erfolgshonoraren für Personalvermittlung grundsätzlich gewerblich sei (Erfolgshonorare sind immer ein deutliches Indiz für Gewerbe). Hauptargument war jedoch die Spezialisierung der Aufgabe. Zitat: „Für die Zuordnung zum Beruf eines beratenden Volks- oder Betriebswirts (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) fehlt die Voraussetzung, dass sich die Tätigkeit auf einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft erstrecken muss (BFH-Urteil vom 4. 5. 2000 IV R 51/99, BStBl II 2000, 616). Denn prägend für die streitige Tätigkeit ist nicht die Beratung sondern die Vermittlung von Personal, die nicht typisch für einen beratenden Betriebswirt, sondern für eine - gewerbliche - Maklertätigkeit ist (vgl. BFH, Urteil v. 26.11.1998, IV R 59/97, BStBl II 1999, 167 zu sog. Spielerberatern). Dies gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige im Übrigen die berufsrechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines sog. Katalogberufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt (BFH, Urteil v. 27. 2. 1992, IV R 131/90, BFH/NV 1992, 664).“ (Zitatende) Quelle: BFH, Urteil vom 19.09.2002, IV R 70/00
Hier würde also bei Ihnen die Freiberuflichkeit in Frage gestellt. Zur näheren Information: Schwerpunkte der BWL sind nach der Rechtsprechung des BFH: Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen. Dabei ist also Personalwesen in seiner Gesamtheit gefordert und nicht „nur“ Personalberatung - inwieweit dies der Realität in Unternehmen entspricht, ist eine andere Frage! Möglicherweise könnten Sie das Finanzamt hier von einer freiberuflichen Tätigkeit überzeugen, wenn Sie Erfolgshonorare ausschließen und argumentieren, dass Ihre Personalberatung nur auf der Grundlage profunder Kenntnisse in unterschiedlichen Unternehmensbereichen erfolgreich gestaltet werden kann (was der Praxis deutlich näherkäme!).
Zum Marketing: Hier wird für die Freiberuflichkeit - als beratende Betriebswirtin nach dem Einkommensteuergesetz - zunächst ein bestimmtes Qualifikationsniveau gefordert. Über diese Anforderung hinaus gilt auch (Zitat) „ein vergleichbares Selbststudium als ausreichend, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnissen in allen hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden können. Er muss die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen. … Die notwendige Breite der Betätigung ist allerdings schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH-Urteil vom 18. August 1988 V R 73/83). Nicht ausreichend ist die Tätigkeit, wenn sie sich nur auf einen engen Teilbereich der Betriebswirtschaft bezieht." (Zitatende) Quelle: Urteil vom 14.08.1990, Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Az.: 2 K 57/88
Beim Thema Marketing/Werbung könnten Sie mit Ihrer Qualifikation von einer freiberuflichen Tätigkeit ausgehen.
Besonders schwierig wird es bei PR-Beratern und Werbeberatern, die von der Finanzverwaltung auf der Grundlage der Rechtsprechung als gewerblich angesehen werden. PR-Berater sind normalerweise für die Darstellung von Unternehmen in der Öffentlichkeit zuständig. Sie erreichen dies durch Pressearbeit, also die Kontaktaufnahme zu Medien, die Veranstaltung von Pressekonferenzen und die Herstellung von langfristigen Kontakten zwischen Journalisten und Unternehmen usw. Sie erarbeiten Strategien für die Öffentlichkeitsarbeit, erstellen Pressemitteilungen und werten in Effizienzanalysen den Erfolg ihrer Arbeit aus.
Aus der bei Ihnen vorliegenden Kombination von Journalismus und PR- bzw. Werbeberatung ergeben sich zwei Möglichkeiten:
- Sie können nachweisen, dass die beratende Dienstleistung lediglich ein Hilfsgeschäft zu Ihrer journalistischen Tätigkeit darstellt, der Journalismus Ihre Tätigkeit eindeutig prägt.
- Sie trennen beide Tätigkeiten in gewerblich und freiberuflich, rechnen also getrennt ab, verbuchen getrennt und haben dafür unterschiedliche Konten.
Bedenken Sie dabei, dass für die Finanzverwaltung der wichtigste Maßstab das ist, was Sie konkret in Rechnung stellen. Die beste Lösung wäre also eine eindeutige und plausible Zuordnung dieser Tätigkeitsmerkmale zum Marketing oder zum Journalismus!
Coaching, Seminare u.ä. Dienstleistungen. Damit kommen wir zur unterrichtenden Tätigkeit: Unterricht ist nach der Rechtsprechung die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit.
Auch hier könnten Sie den freien Berufen zugeordnet werden.
Möglicherweise liegt eine „trennbar gemischte Tätigkeit“ vor. Hierbei übt eine Einzelfreiberuflerin sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wobei diese steuerlich getrennt zu behandeln sind. Dies ist aber nur der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Für eine getrennte Behandlung sind getrennte Rechnungsstellung und Buchführung erforderlich sowie separate Bank- und Kassenkonten. Betriebsausgaben sind durch Schätzung aufzuteilen. Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten also getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer.
Eine andere Möglichkeit wäre der Nachweis, dass die als gewerblich anzusehenden Dienstleistungen lediglich eine Hilfsfunktion für die freiberuflichen Tätigkeiten haben, letztere also die gesamte Dienstleistung eindeutig prägen. Das dürfte bei Ihnen schwierig sein.
Beachten Sie bitte: Akzeptiert das Finanzamt Ihre Dienstleistung als freiberuflich („selbstständig“ im Steuerdeutsch), ist damit keine förmliche Anerkennung verbunden. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes, die mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden ist.
Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
November 2017
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