Antwort
Nach der Rechtsprechung ist Unterricht im Sinne des Einkommensteuergesetzes die planmäßige Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form. Auch die nebenberufliche Lehrtätigkeit wird hier zugeordnet, wenn sie sich ohne Schwierigkeiten von der Haupttätigkeit trennen lässt. Der Unterricht kann der Rechtsprechung zufolge auch individuell erteilt werden. Die Wissensvermittlung muss aber auch dann abstrakt und nicht konkret auf persönliche Probleme des Unterrichteten hin erfolgen. Werden die Kenntnisse oder Erkenntnisse nicht auf Grund eines allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit.
Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln (BFH IV R 130/79 v. 1. 4. 1982, BStBl. II 82, 589 = BFHE 136, 86). Schreibt jedoch das öffentliche Berufsrecht einen bestimmten Befähigungsnachweis oder eine behördliche Zulassung vor, so spricht eine Vermutung dafür, dass beim Fehlen des Nachweises oder der Zulassung der Unterrichtende die erforderlichen Fähigkeiten nicht besitzt.
Aber: Die Rechtsprechung geht einen eigenen Weg, wie am Beispiel der Yogalehrerin zu zeigen ist. Die Finanzverwaltung beruft sich bei der einkommensteuerlichen Zuordnung von Yogalehrenden auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen:
(Zitat) OVG NRW, Beschluss vom 29.03.2001, Aktenzeichen 4 A 4077/00 - "Die Klägerin betreibt eine Yogaschule, in der auch Lehrgangsteilnehmer zu Yogalehrern ausgebildet werden. Diese erhalten nach erfolgreicher Abschlußprüfung das Berufsdiplom des Berufsverbandes Deutscher Yogalehrer e.V.. Ihre Klage gegen die Aufforderung des Beklagten, der Anzeigepflicht gemäß § 14 Gewerbeordnung nachzukommen, wies die erste Instanz ab und führte zur Begründung u.a. aus, daß die Klägerin ein Gewerbe im Sinne der GewO betreibe und deshalb zur Anmeldung verpflichtet sei. Einen freien Beruf übe sie nicht aus. Namentlich stelle der Betrieb der Yogaschule keine persönliche Dienstleistung höherer Art dar." (Zitatende)
(Zitat) Das OVG hat den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Gewerbe im Sinne des § 14 GewO sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes jede nicht sozial unwertige (generell nicht verbotene), auf Gewinnerzielung gerichtete und auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit, ausgenommen Urproduktion, freie Berufe (freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeit höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern) und bloße Verwaltung des eigenen Vermögens. Bei dem Ausnahmetatbestand der "persönlichen Dienstleistungen höherer Art" komme es darauf an, ob diese eine "höhere Bildung" erforderten oder nicht. Unter "höherer Bildung" sei grundsätzlich ein abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium zu verstehen.
Die Klägerin meint, die Vielfalt und das hohe Niveau der an ihrer Schule erbrachten Dienstleistungen erforderten eine Bildung, die ebenfalls als "höhere Bildung" zu qualifizieren sei. Ein abgeschlossenes Studium als Voraussetzung für eine "höhere Bildung" sei nach Auffassung des BVerwG eben nur grundsätzlich erforderlich, wohingegen in Ausnahmefällen auch darauf verzichtet werden könne. Dieser Argumentation folgt das OVG nicht. Vielmehr führt es aus, daß das BVerwG die "höhere Bildung" stets im Hochschulbereich angesiedelt und zugleich betont habe, daß kein Anlaß bestehe, insoweit geringere Anforderungen zu stellen und dadurch den Gewerbebegriff und den Anwendungsbereich der GewO betreibe und deshalb zur Anmeldung verpflichtet sei. Einen freien Beruf übe sie nicht aus. Namentlich stelle der Betrieb der Yogaschule keine persönliche Dienstleistung höherer Art dar." (Zitatende) einzuschränken. Sofern der Begriff "grundsätzlich" im Zusammenhang mit der o.g. Argumentation des BVerwG überhaupt Ausnahmen zulasse, solle damit lediglich auch in Zukunft die Möglichkeit offengehalten werden, auf Veränderungen im Bildungswesen zu reagieren, die sich durch eine Annäherung einzelner Bildungsgänge an den Hochschulbereich ergeben könnten." (Zitatende)
http://www.kommunen-in-nrw.de/information/staedte-und-gemeinderat/gericht-in-kuerze/downloads/heft-juli-august-2001.html
aufgerufen am 16.07.2015
Sie müssten also ein Gewerbe anmelden. Viele Lehrende werden nach meiner Erfahrung von der Finanzverwaltung als freiberuflich behandelt und dies wird von den Gewerbeämtern nicht hinterfragt. Sollte ein Gewerbeamt aufmerksam werden, ergeht zunächst die Aufforderung zur Gewerbeanmeldung, eine Geldbuße folgt erst bei Unterlassung. Mit dem Finanzamt müssten Sie also auf jeden Fall Kontakt aufnehmen.
Beachten Sie bitte auch die Pflichtversicherung von selbstständig Lehrenden in der gesetzlichen Rentenversicherung. Näher Informationen erhalten Sie unter
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/02_Start_ins_Berufsleben/03_Existenzgruender/01_Selbststaendig_und_pflichtversichert/selbststaendig_und_pflichtversichert_node.html
aufgerufen am 16.07.2015
Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juli 2015
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