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Übersetzung und Unterricht: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Seit geraumer Zeit habe ich den Gedanken mich im Nebengewerbe selbständig zu machen (ich bin derzeit in Vollzeit angestellt). Meine Idee ist, dass ich Firmen aus Großbritannien anbiete, deren Homepage ins Deutsche zu übersetzen. Nun habe ich gelesen, dass diese Tätigkeit ggf. auch unter die Rubrik "freie Berufe" fallen könnte. Dies zu beurteilen ist für mich aber sehr schwierig, insbesondere da ich neben der Übersetzertätigkeit auch noch Nachhilfe für Schüler sowie zu einem späteren Zeitpunkt (wenn ich später in Mutterschaftsurlaub gehe) auch "English für Kids" anbieten möchte. Darf ich überhaupt mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausführen? Fallen diese Tätigkeiten unter die Rubrik "freie Berufe" oder muss ich eher ein Nebengewerbe anmelden? Zu beachten ist, dass ich auch Werbung machen würde, dies in Form von Flyern, Anzeigen in der Zeitung etc.

Antwort

Bei beiden Inhalten kann eine unterrichtende Tätigkeit bzw. freiberufliche Übersetzertätigkeit angestrebt werden. Beide Tätigkeitsschwerpunkte können somit auch unter einen "Dach" einer freiberuflichen Gründung erfolgen (Übersetzer/unterrichtender Dozent/Lehrer). Jedoch sollten Sie bedenken, dass das reine Nachhilfeangebot noch keine unterrichtende Tätigkeit darstellt. Bitte berücksichtigen Sie hierbei die folgenden Inhalte:

Grundsätzlich zählt die Erteilung von Nachhilfeunterricht zu den Freien Berufen. Eine besondere Zulassung oder andere Anmeldungen sind nicht erforderlich. Sie zeigen die Freiberuflichkeit lediglich dem Finanzamt an.

Im Nachhilfeunterricht wird in der Regel den Lehrplänen der Schulen gefolgt. Damit wird die Bedingung des Vorliegens eines schulmäßigen Programms erfüllt. Was die Qualifikation der Lehrenden betrifft, so sollte die spezifische Befähigung für den angebotenen Unterricht nachgewiesen werden. Zwar kann in Deutschland jeder eine Schwimmschule eröffnen ohne Qualifikationsnachweis, jedoch ist dies nach Auffassung des Instituts für Freie Berufe gewerblich. Diese Auffassung vertreten nicht alle Steuerberater, doch sollte gelten: freiberufliche Tätigkeit ist grundsätzlich hochqualifiziert, die dafür erforderliche Qualifikation sollte auch nachgewiesen werden können!

"Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form" (vgl. BFH-Urteile vom 13. Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.

Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln (BFH IV R 130/79 v. 1. 4. 1982, BStBl. II 82, 589 = BFHE 136, 86). Schreibt jedoch das öffentliche Berufsrecht einen bestimmten Befähigungsnachweis oder eine behördliche Zulassung vor, so spricht eine Vermutung dafür, dass beim Fehlen des Nachweises oder der Zulassung der Unterrichtende die erforderlichen Fähigkeiten nicht besitzt.

Beachten Sie bitte die Pflichtmitgliedschaft von selbstständigen Lehrern in der gesetzlichen Rentenversicherung!

Hinweise zum Themengebiet des Angebotes von Übersetzungen in der Freiberuflichkeit:

Übersetzer/in ist in Deutschland keine geschützte Berufsbezeichnung. Entsprechend groß ist auch die Konkurrenz.

Als Übersetzerin sind Sie normalerweise freiberuflich tätig. Sie müssen lediglich diese Freiberuflichkeit dem Finanzamt anzeigen. Die Umsatzsteuer wird auch auf diesem Weg geregelt. Pflichtmitgliedschaften gibt es nicht.

Neben der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (siehe auch Künstlersozialversicherung im folgenden Text) sind vor allem eine Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Betriebsunterbrechungsversicherung oder auch eine Haftpflichtversicherung sowie evtl. eine Rechtsschutzversicherung zu empfehlen. Nähere Informationen zum Thema Versicherungen finden Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unter bmwi-softwarepaket.de (www).

Verbände und Institutionen:
Der VdÜ (Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V.) vertritt die Interessen von Literaturübersetzerinnen und -übersetzern in der Öffentlichkeit sowie gegenüber ihren Vertragspartnern und deren Verbänden. Insbesondere bemüht er sich um die öffentliche Anerkennung ihrer Leistungen und um die Verbesserung ihrer rechtlichen und ökonomischen Situation, indem er z.B. mit den Verwertern von Übersetzungen über Mindeststandards bei Vertragsgestaltung und Honorierung verhandelt. Die derzeit über 1000 Mitglieder des VdÜ erhalten Rat und Unterstützung in allen beruflichen Fragen, auch bei Vertragsabschlüssen, in Versicherungs- und Rechtsangelegenheiten.

Die Künstlersozialkasse ist die Sozialversicherung für "selbstständige Künstler und Publizisten", also auch für Literaturübersetzer. Diese zahlen nur 50% der gesetzlichen Beiträge zu Renten- Kranken- und Pflegeversicherung, den "Arbeitgeberanteil" zieht die KSK bei Verwertern und Bund ein und überweist beides an eine frei wählbare gesetzliche Krankenkasse bzw. die Deutsche Rentenversicherung Bund. Wer die Tätigkeit des Literaturübersetzers selbstständig und hauptberuflich ausübt und damit mindestens 3.900 Euro jährlich verdient, muss sich bei der KSK anmelden. Grundlage für die Beitragshöhe ist das vom Versicherten selbst geschätzte Jahreseinkommen.

Die Verwertungsgesellschaft WORT nimmt für Urheber und Verlage diejenigen Rechte wahr, die diese nicht selbst nutzen können, z.B. verlangt sie für die Bibliotheksausleihe oder das Fotokopieren urheberrechtlich geschützter Texte (also auch Übersetzungen) Tantiemen. Die Tantiemen werden einmal jährlich an die so genannten "Wahrnehmungsberechtigten" ausgeschüttet. Um in den Genuss der Ausschüttung zu kommen, ist der Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags mit der VG Wort erforderlich; Voraussetzung dafür ist einzig und allein die Veröffentlichung eines oder mehrerer urheberrechtlich geschützter Werke.

Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ)
Geschäftsstelle: Kurfürstendamm 170, 10707 Berlin
Tel.: 030 88712830, Fax: 030 88712840
E-Mail: bgs@bdue.de, Internet: www.bdue.de (www)

Künstlersozialkasse
26380 Wilhelmshaven
Tel. 04421/75439, Fax: 04421/7543586
Internet: www.kuenstlersozialkasse.de (www)
VG WORT
Goethestr. 49, 80336 München
Tel. 089/514120, Fax: 089/5141258
Internet: www.vgwort.de (www)

Literaturempfehlungen:
BDÜ (Hrsg.): Erfolgreich selbständig als Dolmetscher und Übersetzer
BDÜ (Hrsg.): Das berufliche Umfeld des Dolmetschers und Übersetzers

Es kann auch für beide Tätigkeiten eine Marketingmaßnahme erfolgen.

Quelle:
Dipl.-Sozialwirt (Univ.) Antonio Jansen Trejo
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2013

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