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Tortendesignkurse anbieten: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich möchte Tortendesignkurse geben und benötige Infos. Ich bin Beamtin in Vollzeit-Beschäftigung und möchte Kurse neben meiner Arbeit am Wochenende geben. Das Einverständnis des Dienstherrn liegt vor. Die Kurse sollen in einem gesonderten Raum in meinem Haus stattfinden in Gruppen von vier Personen. Der Inhalt der Kurse wird die Erstellung einer Motivtorte. Von den Kursteilnehmern gebackene Kuchen sollen vorbereitet, mit gekaufter Zuckermasse eingedeckt und verziert werden. Die benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten werde ich den Teilnehmern vermitteln. Ich verkaufe nichts, Getränke und Essen stelle ich unentgeltlich zur Verfügung. Um einen Konflikt mit der HWK zu umgehen, weise ich die Teilnehmer vorab darauf hin, dass die Torten im Anschluss nicht essbar sind und nur zu Übungszwecken dienen. Ich gehe davon aus, dass ich daher auch kein Gesundheitszeugnis benötige. Bin ich nun freiberuflich oder nebengewerblich (Umsatz unter 5.000 Euro/Jahr) selbständig? Muss ich Weiteres beachten; spezielle Versicherung haben, o.ä.?

Antwort

Zunächst bedaure ich sehr, dass man Ihre Torten nicht essen kann. Über diese persönliche Anmerkung hinaus könnte Ihnen dieser Umstand den Weg in die steuerliche Freiberuflichkeit erschließen, wenn die dafür geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.

Nach meiner Auffassung scheidet Freiberuflichkeit im Bereich Lebensmitteldesign/Fooddesign oder vergleichbaren Tätigkeiten aus, da Sie hierzu keine Angaben bezüglich einer formalen Qualifizierung machen. Eine künstlerische Tätigkeit ist wohl auch ausgeschlossen, da die Anforderungen hierfür vergleichsweise hoch sind. Allerdings sind die Rechtsauffassungen zum Tortendesign sehr unterschiedlich, eine Rechtsprechung steht noch aus, Ansätze beziehen sich auf Designer mit Meisterbrief im Konditorhandwerk. Die Handhabung der Handwerkskammern ist hier sehr uneinheitlich.

Bleiben noch die unterrichtenden Tätigkeiten, die im Steuerrecht wie folgt definiert sind: Werden in fachlich strukturierter, in institutionalisierter und organisierter Form Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten an Schüler vermittelt, so liegt eine unterrichtende Tätigkeit vor. Der Unterricht muss mittels eines schulmäßigen Programmes erfolgen. Kenntnisse müssen auf der Grundlage eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermittelt werden. Unterricht umfasst hier nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch von praktischen Fertigkeiten. Erfordert hingegen die Tätigkeit die Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.

Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln. Die Gewerbeämter gehen jedoch häufig davon aus, dass eine freiberufliche unterrichtende Tätigkeit eine „Dienstleistung höherer Art“ darstellen muss. Eine solche Dienstleistung höherer Art liegt nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlich ist. Bei unterrichtenden Tätigkeiten muss es sich um Schulunterricht (hierzu gehören auch der Nachhilfe- und Musikunterricht) handeln, um als nicht gewerblich eingestuft zu werde. Tanz-, Turn-, Tennis-, Fecht-, Golf-, Ski-, Bergsteiger-, Schwimm oder ähnlicher Unterricht ist in der Regel eine anzeigepflichtige gewerbsmäßige Tätigkeit. Die unterschiedliche Handhabung durch Finanz- und Gewerbeämter ist auch für Fachleute schwer verständlich. Aus Sicht der Beratung ist es wichtig, auf die Praxis der Gewerbeämter hinzuweisen. In Ihrem Fall müssen Sie davon ausgehen, eine Dienstleistung höherer Art nicht anzubieten. Dies steht aber der Anzeige einer freiberuflichen Tätigkeit beim Finanzamt nicht entgegen, da Sie erst nach entsprechender Aufforderung durch ein Gewerbeamt reagieren müssten, die nach vorliegenden Erfahrungen in der Realität meist überhaupt nicht erfolgt. Meine Empfehlung: Im Zweifelsfall Anmeldung einer freiberuflichen Tätigkeit! Beachten Sie aber die Anmerkungen zur Anmeldung beim Finanzamt unten bezüglich Anerkennung der Freiberuflichkeit! Sollten Sie sich entschließen, eine gewerbliche Tätigkeit anzumelden, würde bei der Gewerbesteuer ein Freibetrag von 24.500 Euro gelten.

Grundsätzlich sollten Sie beachten: Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht, Zivil- und Handelsrecht (für die Rechtsform Ihres Unternehmens) und Versicherungen.

Das Einverständnis Ihres Dienstherrn sollte schriftlich vorliegen. Dabei ist zu beachten: Beamte dürfen höchstens zu einem Fünftel der wöchentlichen Dienstzeit nebenberuflich selbstständig sein. Die Grenze für die Einnahmen beträgt 40 Prozent des jährlichen Endgrundgehalts. Da Beamte ein Dienstverhältnis und keinen Arbeitsvertrag haben, ergeben sich weitere Besonderheiten. Diese werden im Bundesbeamtengesetz (§ 99 BBG ff.) beschrieben.

Beachten Sie bitte: Nebenberuflich Selbstständige müssen die Nebentätigkeit der Krankenkasse mitteilen. Zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung würden Ihnen als Beamtin in Vollzeit wohl erspart bleiben. Da Sie Beamtin sind, ist auch darauf hinzuweisen, dass Sie auch im Fall der Mitgliedschaft in der privaten Krankenversicherung nachfragen sollten, ob und inwieweit eine Tarifumstellung erforderlich ist.

In der Rentenversicherung gibt es unbedingt zu beachtende Vorschriften auch für die nebenberufliche Selbstständigkeit. Hinzu kommt in Ihrem Fall, dass selbstständige Lehrkräfte pflichtversichert sind, wenn sie damit regelmäßig mehr als 450 Euro monatlich verdienen (auch nebenberuflich). Der Lehrbegriff wird dabei weit ausgelegt. Nach § 2 I Nr. 1 SGB VI ist Verdienst aus der selbstständigen Nebentätigkeit auch im hauptberuflichen Beamtenstatus grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Die Versicherungsfreiheit aus § 5 I Nr. 1 SGB VI ist tätigkeitsbezogen und greift lediglich für Ihre beamtenrechtliche Haupttätigkeit. Dies gilt auch dann, wenn Ihnen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusteht, die von Ihrer Beamtenpension in Abzug zu bringen wäre. Es bliebe noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Deutschen Rentenversicherung zu stellen, der allerdings sehr geringe Aussichten auf Erfolg hätte. Dies folgere ich aus der einschlägigen Rechtsprechung. Bleibt für Sie noch § 8 SGB IV Geringfügige Beschäftigung und geringfügige selbständige Tätigkeit. Eine solche geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn erstens das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt und zweitens die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt. Der Weg aus der Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung könnte für Sie also über diese Geringfügigkeit führen. Der von Ihnen angegebene Jahresumsatz von 5.000 Euro lässt diesen Schluss zu. Ich weise an dieser Stelle darauf hin, dass diese Ausführungen eine rechtliche Beratung nicht ersetzen, insbesondere deshalb, weil Umstände Einfluss nehmen könnten, die mir nicht bekannt sind.

Unfallversicherung: Sie sind nicht verpflichtet, eine zusätzliche Unfallversicherung abzuschließen. Grundsätzlich ist jedoch zu empfehlen, über einen ergänzenden Schutz nachzudenken, da der Versicherungsschutz über den Arbeitgeber Ihrer Angestelltentätigkeit nur für dessen Wirkungsbereich greift.

Sie machen eine Einkommensteuererklärung. Dort geben Sie Einkünfte aus selbstständiger - also freiberuflicher - Tätigkeit an. Beachten Sie: Für selbstständige Arbeiten können Sie mehr und andere Kosten absetzen denn als Angestellte. Nähere Informationen zum Thema Einkommensteuer finden Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Gruendungswissen/Steuern/Einkommensteuer/inhalt.html

Zur Umsatzsteuer sehen Sie sich bitte unbedingt die so genannte „Kleinunternehmerregelung“ an: http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Gruendungswissen/Steuern/Kleinunternehmerregelung/inhalt.html

Eine Arbeitslosenversicherung für Selbstständige dürfte sich in Ihrem Fall erübrigen.

Beachten Sie bitte auch: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und Kosten verbunden. Die Empfehlung ist, der Anzeige der Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit eine schriftliche Begründung beizufügen.

Auch bei kleineren Aufträgen führen Sie ein Unternehmen. Beachten Sie also bitte besonders, dass Sie ohne besondere Formalitäten in einer Selbstständigkeit eine Einzelunternehmung haben und damit auch mit Ihrem Privatvermögen haften, was in Ihrem Fall kein besonderes Problem darstellen dürfte. Informationen zu Rechtsformen finden Sie wieder beim BMWi unter http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Rechtsformen/inhalt.html

Abschließend verweise ich auf die Informationen des BMWi zu Teilzeit- und Kleinstgründungen unter http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Entscheidung/Gruendungsarten/Teilzeit-Kleinstgruendungen/inhalt.html

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Mai 2017

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