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Stressbewältigungskurse anbieten: Psychologe oder Lehrer?

Frage

Wann ist bei freiberuflichen Sozialpädagogen von einem Tätigkeitsbereich auszugehen, der vergleichbar ist mit dem eines Psychologen, wann mit dem eines Lehrers? Können Sie konkrete Tätigkeitsunterschiede benennen? Ich selbst bin Dipl. Sozialpädagogin und gebe Kurse, Seminare und Einzelsitzungen im Bereich Stressbewältigung - sprich MBSR, Autogenes Training. Diese Angebote enthalten neben der methodischen Vermittlung einen sehr hohen Anteil der klienten-spezifischen Problem- bzw. Situationsanalyse und Entwicklung von individuellen Strategien zur Stressreduktion.

Antwort

Die von Ihnen genannten Tätigkeiten könnten auch dem Berufsbild der Psychologin zugeordnet werden. Nach meiner langjährigen Erfahrung ist die Praxis der Finanzämter hier zwar nicht einheitlich, doch werden Sozialpädagoginnen (Sozialarbeiterinnen) mit Hochschulabschluss mit derartigen Dienstleistungen als Freiberuflerinnen akzeptiert. Dazu ist allerdings festzustellen, dass eine formale Anerkennung des Finanzamtes nur mittels einer so genannten „verbindlichen Auskunft“ gegeben ist.

Ähnlichkeiten von Berufsbildern können Sie etwa bei der Bundesagentur für Arbeit in der Datenbank BERUFENET ermitteln.

Mittlerweile liegt jedoch ein Urteil des Finanzgerichts Köln vor, das zu einem anderen Ergebnis kommt (Finanzgericht Köln, 15-K-243/14, Urteil vom 01.06.2017). Demnach ist eine Diplomsozialarbeiterin bei der Betreuung behinderter und suchtkranker Menschen gewerblich tätig. Nun erscheint dieses Urteil nicht als der Weisheit letzter Schluss, da die Ähnlichkeit zu Diplom- Psychologen offenbar nicht (hinreichend) berücksichtigt wurde. Jedoch muss davon ausgegangen werden, dass die Finanzämter darauf Bezug nehmen. Sie sollten in jedem Fall mit Ihrem Finanzamt sprechen und den Status der Freiberuflerin für Ihre klientenspezifischen Dienste reklamieren!

Kurse und Seminare können der unterrichtenden freiberuflichen Tätigkeit zugeordnet werden. Unterrichtende Tätigkeiten sind hier wie folgt definiert: Werden in fachlich strukturierter, in institutionalisierter und organisierter Form Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten an Schüler vermittelt, so liegt eine unterrichtende Tätigkeit vor. Der Unterricht muss mittels eines schulmäßigen Programmes erfolgen. Kenntnisse müssen auf der Grundlage eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermittelt werden. Unterricht umfasst hier nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch von praktischen Fertigkeiten. Erfordert hingegen die Tätigkeit die Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit (siehe oben). Ihre Kurse und Seminare dürften diesen Anforderungen genügen.

Sollte Ihre Gesamttätigkeit nicht als freiberuflich angenommen werden, liegt möglicherweise eine „trennbar gemischte Tätigkeit“ vor. Hierbei übt eine Einzelfreiberuflerin sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wobei diese steuerlich getrennt zu behandeln sind. Dies ist aber nur der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Für eine getrennte Behandlung sind getrennte Rechnungsstellung und Buchführung erforderlich sowie separate Bank- und Kassenkonten. Betriebsausgaben sind durch Schätzung aufzuteilen. Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten also getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Juli 2018

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