Navigation

Sprachkurse anbieten: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich habe Germanistik, Französisch und Arabistik mit der Zusatzqualifikation Deutsch als Fremdsprache studiert und bereits freiberuflich an einer privaten Sprachschule unterrichtet. Nun würde ich gern in unserem Haus (Eigentum) selbst Kurse anbieten. Eine Toilette wäre angeschlossen und vom Privatwohnraum abtrennbar. Hierbei wäre es wichtig zu wissen, welche Auflagen es gibt Privaträume auch beruflich nutzen zu können und welche Versicherungen nötig sind. Muss ich ein Gewerbe anmelden, um offiziell eine Schule zu eröffnen? Ich plane die Schule zunächst mit einem weiteren Kollegen gemeinsam zu betreiben.

Antwort

Hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit kann von einer freiberuflich-unterrichtenden Tätigkeit ausgegangen werden. Bitte berücksichtigen Sie folgende Hinweise zu dieser ausgeübten Tätigkeit im Rahmen der Freiberuflichkeit bzw. Gründung einer privaten Schuleinrichtung.

Kommen wir zunächst zu der Frage, welchen Einfluss die Beschäftigung von Lehrern auf die Freiberuflichkeit hat. In diesem Zusammenhang zählt die persönliche Arbeitsleistung zu den wesentlichen Abgrenzungsmerkmalen einer freiberuflichen gegenüber einer gewerblichen Tätigkeit. Sind Sie aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig, so führt auch die Mitwirkung von fachlich vorgebildeten Arbeitskräften, die womöglich ihrerseits freiberuflich tätig sind, nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit. Die leitende und eigenverantwortliche Aufgabenerbringung muss sich auf die Gesamttätigkeit und nicht nur auf einen Teilaspekt der Berufspraxis erstrecken. Unter Leitung ist nicht nur die Festlegung der Grundzüge für Organisation und Durchführung der Tätigkeit, sondern die Entscheidung und Überwachung grundsätzlicher Fragen nach festgelegten Grundzügen, also die volle fachliche Verantwortung für jeden einzelnen Auftrag zu verstehen. Die Leitung und die Verantwortlichkeit darf einem Geschäftsführer oder Vertreter nur vorübergehend übertragen werden, wenn also der Berufsträger z.B. während einer Erkrankung, eines Urlaubs, der Zugehörigkeit zu einer gesetzgebenden Körperschaft oder der Mitarbeit in einer Standesorganisation seine Berufstätigkeit nicht selbst ausüben kann.

Die Frage der Eigenverantwortlichkeit wird von Berufsgruppe zu Berufsgruppe unterschiedlich definiert und ist auch von berufsrechtlichen Regelungen - also letztendlich vom Einzelfall - abhängig. Insbesondere der Umfang der Arbeitsdelegation wird verschieden ausgelegt. Dabei kann eine hohe Anzahl von fachlich vorgebildeten Arbeitskräften als Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit dienen. Der Einsatz von technischen Hilfsmitteln wie Computern und Analyseautomaten beeinträchtigt die Freiberuflichkeit nicht. Grundsätzlich gilt:
"Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form" (vgl. BFH-Urteile vom 13. Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.

Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln (BFH IV R 130/79 v. 1. 4. 1982, BStBl. II 82, 589 = BFHE 136, 86).

Schreibt jedoch das öffentliche Berufsrecht einen bestimmten Befähigungsnachweis oder eine behördliche Zulassung vor, so spricht eine Vermutung dafür, dass beim Fehlen des Nachweises oder der Zulassung der Unterrichtende die erforderlichen Fähigkeiten nicht besitzt. Was die Qualifikation der Lehrenden betrifft, so sollte die spezifische Befähigung für den angebotenen Unterricht nachgewiesen werden. Zwar kann in Deutschland jeder eine Schwimmschule eröffnen ohne Qualifikationsnachweis, jedoch ist dies nach Auffassung des Instituts für Freie Berufe gewerblich. Diese Auffassung vertreten nicht alle Steuerberater, doch sollte gelten: freiberufliche Tätigkeit ist grundsätzlich hochqualifiziert, die dafür erforderliche Qualifikation sollte auch nachgewiesen werden können!

Beachten Sie bitte die Pflichtmitgliedschaft von selbstständigen Lehrern in der gesetzlichen Rentenversicherung!

Zu den Thematiken der baulichen Veränderung Ihres Eigentumes, zu den Bestimmungen von Bauauflagen sowie Vorschriften: Kontaktieren Sie bitte die örtliche Baubehörde bzw. Bauamt. Kontaktieren Sie auch einen Steuerberater, inwiefern sich durch die Umnutzung der ehemals privaten Räume Änderungen in der Abschreibung bzw. dem jährlichen Steuervortrag gegenüber den örtlichen Finanzbehörden ergeben. Hinsichtlich der Versicherungen, können in Ihrem Fall vor allem eine betriebliche Haftpflichtversicherung sowie evtl. eine betriebliche Rechtsschutzversicherung zu empfehlen sein.

Nähere Informationen zum Thema Versicherungen finden Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unter bmwi-softwarepaket.de (www).

Quelle:
Dipl.-Sozialwirt (Univ.) Antonio Jansen Trejo
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2013

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben