Antwort
Grundsätzlich gilt: Wenn Sie im Bereich der Gesundheitsvorsorge bzw. -förderung Seminare anbieten, die inhaltlich Ihrem Berufsbild als Physiotherapeutin zuzuordnen sind, so kann dies freiberuflich sein im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Hierzu müssen Sie allerdings noch die allgemeinen Anforderungen an eine freiberuflich unterrichtende Tätigkeit erfüllen.
Unter den folgenden rechtlichen Voraussetzungen kann Ihre Tätigkeit steuerlich freiberuflich (= selbstständig im Steuerdeutsch) sein: „Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form“ (hier und im Folgenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes). Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an die Lernwilligen voraus. In diesem Zusammenhang müssen Lehrmethoden und Lernziele definiert sein. Dies schließt einen Individualunterricht nicht aus, wobei Lehrende auf die individuellen Bedürfnisse der Unterrichteten eingehen müssen. Dazu sind nach der Rechtsprechung auch persönliche Anwesenheit und Kontrolle des Lernerfolges erforderlich.
Werden Kenntnisse nicht auf der Grundlage eines für das bestimmte Fachgebiet allgemein gültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit. Da Sie auch Einzelcoaching anbieten, müssen Sie hier besonders auf die Abgrenzung zum Gewerbe achten. Beachten Sie besonders: Dieses „allgemein gültige Lehrprogramm“ können Sie auch selbst erstellen!
Mehr zur unterrichtenden Tätigkeit finden Sie in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101 KB).
Beachten Sie hier auch den Aspekt der gesetzlichen Rentenversicherung im Besonderen und der Risikovorsorge im Allgemeinen. Eine weitere Information finden Sie in den GründerZeiten Nr. 17: Existenzgründungen durch freie Berufe (PDF, 932 KB). Sprechen Sie vor allem auch mit Ihrer Krankenkasse!
Sie zeigen die selbstständige unterrichtende Tätigkeit dem Finanzamt an. Hierzu gibt es etwa beim Bayerischen Landesamt für Steuern den „Fragebogen zur Aufnahme einer gewerblichen, selbständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit bzw. Beteiligung an einer Personengesellschaft/-gemeinschaft mit integrierter Ausfüllhilfe“.
Zur Tätigkeit machen Sie eine Angabe wie „unterrichtende Physiotherapeutin“.
Sie machen eine Einkommensteuererklärung. Dort geben Sie Einkünfte aus selbstständiger - hier also freiberuflicher - Tätigkeit an. Beachten Sie: Für selbstständige Arbeiten können Sie mehr und andere Kosten absetzen denn als Angestellte. Nähere Informationen zum Thema Einkommensteuer finden Sie im BMWi-Existenzgründungsportal. Beachten Sie besonders die so genannte „Kleinunternehmerregelung“ und die „Übungsleiterpauschale“.
Der Umfang Ihrer unterrichtenden Tätigkeit stellt Ihren Status als Freiberuflerin nicht infrage. Auswirkungen können sich etwa auf Kranken- und Rentenversicherung ergeben. Beachten Sie hierzu die GründerZeiten Nr. 05: Versicherungen (PDF, 790 KB).
Es ist nicht so kompliziert, wie es den Anschein hat! Viel Erfolg!
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Januar 2020
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