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Online-Coaching und Ernährungsberatung: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeiten?

Frage

Wenn man plant, sich im Bereich Online-Coaching selbständig zu machen mit Fitness-Coaching und Ernährungsberatung, wird man dann als Freiberufler oder Gewerbetreibender eingestuft? Würde in diesem Fall auch eine Pflicht zur Rentenversicherung bestehen? Wenn ja, kann man sagen wie hoch diese Beiträge wären?

Antwort

Zunächst gilt zu beachten, dass eine virtuelle Leistungserbringung häufig vom Finanzamt als Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit gewertet wird. So kann eine Web-Seminar-Plattform als gewerblich eingestuft werden, wenn es sich eher um einen Verkauf von Informationen handelt, als um eine unterrichtende Tätigkeit. Um bei online erbrachten Leistungen trotzdem freiberufliche Einkünfte zu erzielen, ist es wichtig, dass die Leistung persönlich und eigenverantwortlich erbracht wird, da dies per Definition die freien Berufe charakterisiert. Nur wenn ein deutlich interaktiver und individueller Austausch nachgewiesen werden kann, ist eine freiberufliche Einstufung möglich.

Unabhängig von der Problematik der virtuellen Leistungserbringung, müssen die Tätigkeiten in der Ernährungsberatung und im Fitness-Coaching hinsichtlich der Freiberuflichkeit getrennt voneinander betrachtet werden.

Die Tätigkeit eines Fitness-Coachs könnte gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu der sog. „unterrichtenden Tätigkeit“ zählen und somit eine Freiberuflichkeit begründen. Der Unterricht muss in institutionalisierter und organisierter Form erfolgen (vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). Des Weiteren muss eine „persönliche Dienstleistung höherer Art“ erbracht werden (vgl. OVG NRW, Beschluss v. 29.03.2001, Az.: 4 A 4077/00). In anderen Worten, eine unterrichtende Tätigkeit wird als freiberuflich bewertet, wenn Sie das Wissen bzw. die Fähigkeiten, die Sie im Unterricht vermitteln möchten, im Rahmen eines Hochschulstudiums erlernt haben. Unter der Annahme, dass Sie über ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Bereich Sport verfügen, gilt noch zu prüfen, ob die von Ihnen geplante Tätigkeit eine gewisse Komplexität aufweist, die ein abgeschlossenes Sportstudium als Voraussetzung für Ihren Unterricht unabdingbar macht.

In Bezug auf Ihre geplante Tätigkeit der Ernährungsberatung ist zu sagen, dass diese als freiberufliche Tätigkeit gesehen werden könnte, wenn sie therapeutischen Zwecken dient, also bspw. eine Ernährungsumstellung speziell bei Diabetikern. Verfolgt die Ernährungsberatung jedoch eher „kosmetische“ Ziele, wie bspw. eine Gewichtsreduktion für rein optische Zwecke, handelt es sich um eine gewerbliche Tätigkeit. Sollte Ihre geplante Ernährungsberatung therapeutische Zwecke verfolgen, gilt noch zu prüfen, ob Sie über die benötigten Qualifikations-Anforderungen verfügen. Eine freiberufliche Ernährungsberatung liegt vor, wenn die Tätigkeit z.B. durch einen Dipl.-Ökotrophologen oder einen Diätassistenten durchgeführt wird. Falls Ihnen keine entsprechende Qualifikation vorliegt und/oder Ihr Angebot lediglich kosmetische statt medizinische Zwecke beinhaltet, sollte hierfür ein Gewerbe angemeldet werden.

Prüfen Sie also, inwiefern Sie die obigen Anforderungen an die Freiberuflichkeit erfüllen. Die endgültige Entscheidung, ob Ihre Tätigkeit eine Freiberuflichkeit begründet oder nicht, obliegt allein dem zuständigen Finanz- bzw. Gewerbeamt und ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

Lehrer, die im Zuge einer unterrichtenden Tätigkeit regelmäßig mehr als 450 Euro monatlich verdienen, sind i.d.R. gesetzlich rentenversicherungspflichtig. Beachten Sie, dass auch selbständige Coaches und Trainer durchaus als Lehrer gelten können. Die Rentenversicherungspflicht würde unabhängig von Ihrer Einstufung als Freiberufler oder Gewerbetreibender bestehen. Die Pflichtbeiträge der gesetzlichen Rentenversicherung (Stand 2019) betragen in den ersten drei Jahren monatlich 289,70 Euro in den alten und 266,91 Euro in den neuen Bundesländern. Im Anschluss kann der Beitragspflichtige zwischen einer einkommensgerechten Beitragszahlung in Höhe von 18,6 Prozent des Einkommens oder dem monatlichen Regelbeitrag von 579,39 Euro in den alten und 533,82 in den neuen Bundesländern wählen. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit bereits innerhalb der ersten drei Jahre den einkommensgerechten Beitrag von 18,6 Prozent zu bezahlen. Weitere Informationen erhalten Sie bei der Deutschen Rentenversicherung: „Versicherungspflichtige Selbständige“. Zur Klärung der Frage inwieweit in Ihrem konkreten Fall Versicherungspflicht besteht, empfehle ich Ihnen ein Gespräch mit einem Berater der Deutschen Rentenversicherung.

Quelle: Hamid Rezai
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Gründungsberatung
www.ifb.uni-erlangen.de
August 2019

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