Antwort
Unterricht ist nach der Auffassung im Einkommensteuerrecht die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese Art des Unterrichts setzt vor allem ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit. Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass die Unterrichtende die ihr Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln.
Sie können eine freie Sprachschule gründen. So eindeutig diese Feststellung ist, so schwierig wird es mit der Frage nach Freiberuflichkeit oder Gewerbe. Weil Sie nach Auffassung der diesbezüglichen Rechtsprechung nur eingeschränkt über eine erforderliche (Hochschul-) Ausbildung verfügen, gilt: Unterricht kann unabhängig von der Qualifikation der Unterrichtenden gewerbepflichtig sein. Im Einzelfall kann die Finanzverwaltung die Freiberuflichkeit akzeptieren, während das Gewerbeamt eine Gewerbeanmeldung fordert. Die Begründung aus der Sicht der Gewerbebehörden lautet: Eine Dienstleistung höherer Art liegt nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein einschlägiges Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlich ist. Für den Nachhilfeunterricht etwa wird dies nach vorherrschender Meinung verneint. Nachhilfe könne nach dieser Auffassung etwa auch von Studenten oder fortgeschrittenen Schülern erbracht werden: Ein solcher Unterricht ist aber gewerberechtlich weder inhaltlich noch vom Lehrpersonal als Dienstleistung „höherer Art“ anzusehen. Entsprechendes gilt normalerweise für viele andere Unterrichtsleistungen wie Tanz-, Koch-, Turn-, Schwimm-, Reit-, Musik-, Zeichen- oder Fahrunterricht. Sie müssen damit rechnen, eine ähnliche Einstufung zu erhalten.
Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständig Lehrende dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden auch Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer förmlichen Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und Kosten verbunden.
Sollten Sie sich entschließen, auf die Gewerbeanmeldung zu verzichten und lediglich dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so müssen Sie noch das Folgende beachten: Als Einzelunternehmerin wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.000 Euro gewährt. Bleiben Ihre Einkünfte aus Sprachunterricht regelmäßig unterhalb dieser Grenze, müssten Sie keine Nachzahlungen der Gewerbesteuer befürchten. Akzeptiert das Finanzamt Ihre Anzeige einer freiberuflichen Unterrichtstätigkeit und wird im weiteren Verlauf die Gewerbeanmeldung reklamiert, so ist eine Bußgeldforderung nicht auszuschließen. In der Praxis zeigen sich die Gewerbeämter in solchen Fällen nachsichtig, aber das Risiko der Bußgeldzahlung kann nicht ausgeschlossen werden.
Anmeldungen sollten vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. In der Praxis werden auch zwei bis drei Monate akzeptiert.
Beachten Sie bitte noch die folgenden Hinweise zu Kranken- und Rentenversicherung: Nebenberuflich Selbstständige müssen die Nebentätigkeit der Krankenkasse mitteilen. In der Rentenversicherung gibt es unbedingt zu beachtende Vorschriften auch für die nebenberufliche Selbstständigkeit. Hinzu kommt in Ihrem Fall, dass selbstständige Lehrkräfte pflichtversichert sind, wenn sie damit regelmäßig mehr als 450 Euro monatlich verdienen (auch nebenberuflich). Der Lehrbegriff wird dabei weit ausgelegt; Sprachunterricht wird regelmäßig einbezogen.
Zur Umsatzsteuer sehen Sie sich bitte die so genannte „Kleinunternehmerregelung“ an.
Abschließend verweise ich auf die Informationen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu Teilzeit- und Kleinstgründungen.
Nachtrag: Falls Sie an einer näheren Begründung der schwer verständlichen Regelungen zu freiem Beruf und Gewerbe - nicht nur - bei unterrichtenden Tätigkeit interessiert sind, lesen Sie bitte das folgende Zitat aus einem Urteil zur freiberuflichen Dienstleistung eines Schachlehrers: (Zitat) „Diese Qualifizierung im Einkommensteuerrecht hat für die gewerberechtliche Bewertung einer Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich wegen der fehlenden Übertragbarkeit der steuerrechtlichen Regelung auf die Gewerbeordnung keine Bindungswirkung. Die Terminologie des Steuerrechts ist nicht mit derjenigen des Gewerberechts identisch. Dies folgt insbesondere daraus, dass sich die Regelungszwecke der beiden Rechtsmaterien unterscheiden. Die Gewerbeordnung ist zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Wirtschaftsleben bestimmt, während es im Steuerrecht um fiskalische Ziele geht.“ (Zitatende)
Quelle: Bayerisches Verwaltungsgericht München, M 16 K 14.5250, Urteil vom 22. September 2015
Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
Juli 2017
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