Antwort
Ihre Lernschule könnte im Rahmen einer unterrichtenden Tätigkeit nach dem Einkommensteuergesetz gestaltet werden. Unterricht ist demnach die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form. Dies schließt einen Individualunterricht nicht aus. Werden die Kenntnisse aber nicht auf der Grundlage eines allgemein gültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit. Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln.
Nach dem Gewerberecht jedoch liegt Unterricht als „Dienstleistung höherer Art“ nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein Hochschulstudium erforderlich ist. Bei unterrichtenden Tätigkeiten muss es sich um Schulunterricht handeln. Nachhilfe- und Musikunterricht werden dabei als Schulunterricht angesehen. Wenn Sie also Lehrpersonal beschäftigen, sollten Sie die Anforderungen hierfür beachten. Nähere Informationen finden Sie im Folgenden.
Ein zweiter Weg führt über die erzieherische Tätigkeit im freien Beruf. Erziehung bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen; dabei wird unter Mündigkeit die Fähigkeit verstanden, selbstständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Voraussetzung für jede erzieherische Tätigkeit ist die Formung der ganzen Persönlichkeit. Eine Tätigkeit mit dem Ziel, nur bestimmte individuelle Verhaltenspositionen und Persönlichkeitsdefekte zu überwinden, wird wegen der fehlenden Ganzheitlichkeit nicht als Erziehung angesehen. Ebenso ist eine Beratungstätigkeit, die auf die Lösung von Problemen in einem bestimmten Teilbereich zwischenmenschlicher Beziehung gerichtet ist, nicht erzieherisch im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Es ist zwar nicht abschließend geklärt, ob nach diesem Verständnis auch Erwachsene „erzogen“ werden können, jedoch ist davon auszugehen, dass hier in der Regel nur die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erfasst wird. Sollten Sie also ausschließlich für Kinder und Jugendliche tätig werden, so wäre dies auch nach Gewerberecht als freiberuflich anzusehen, weil die besonderen Anforderungen an die Qualifikation der Lehrenden wie bei der unterrichtenden Tätigkeit hier nicht gelten!
Nähere Informationen zu unterrichtenden und erzieherischen Tätigkeiten im freien Beruf bietet das BMWi in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101 KB).
Wenn Sie weitere Lehrende in Ihr Unternehmen einbinden, so bietet sich - wie in vielen vergleichbaren Fällen - die freie Mitarbeit an. Gewerberechtlich würde von diesen Mitarbeitern in der Regel ein Hochschulabschluss verlangt, um Ihre Schule als freiberuflich anzusehen. Demnach liegt keine freiberufliche Tätigkeit vor, wenn Studenten oder Abiturienten diese Tätigkeit ausüben (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Aktenzeichen 1 C/ 25/85 vom 1. Juli 1987). In der Praxis können auch Studenten oder Abiturienten beschäftigt werden, wenn es sich um Bagatellfälle handelt, also Lehrende mit geringem Zeitbudget und Einkommen.
Zum Status des freien Berufes ist unbedingt erforderlich, dass Sie Ihre Schule leitend und eigenverantwortlich führen, wenn Sie fachlich vorgebildete Lehrende beschäftigen. Dazu gehört zunächst, dass Sie selbst über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen. Fachlich vorgebildete Arbeitskräfte im Sinne des Einkommensteuerrechts sind nicht nur Angestellte, sondern auch freie Mitarbeiter bzw. Subunternehmer. Fehlt Ihrer Tätigkeit als Inhaber der Lernschule der „Stempel seiner Persönlichkeit“, so liegt kein freier Beruf vor.
Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortliche Tätigkeit liegt demnach nur vor, wenn Ihre persönliche Teilnahme als Inhaber an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Schule zu tragen. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr dem Steuerpflichtigen selbst und nicht den qualifizierten Mitarbeitern zuzurechnen sein. Es genügt daher nicht eine gelegentliche fachliche Überprüfung der Mitarbeiter. Sie müssten auch selbst unterrichtend tätig sein. Den Stempel der Persönlichkeit können Sie auch erhalten, indem Sie gemeinsam mit beschäftigten Unterrichtern Veranstaltungen inhaltlich gestalten und diese anleiten. Dazu gehört auch, den Erfolg der Arbeit von (freien) Mitarbeitern zu überprüfen. Dass Sie das Unternehmen selbst führen müssen (Leitung von Planung, Organisation, Verwaltung usw.), versteht sich in diesem Sinne von selbst. In der Praxis sind die genannten Anforderungen durchaus machbar!
Provision und Raumnutzungsgebühren würden Sie wohl von Ihren freien Mitarbeitern erheben. Dies ist unüblich. Normalerweise leben Sie von dem Unterschied zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis Ihrer Dienstleistungen. In den Einkaufspreis würden Sie die Kosten Ihrer Schule kalkulieren (Raumkosten, Verwaltung, insbesondere Personalkosten usw.). Ihr Verkaufspreis - was also die Schüler bzw. deren Erziehungsberechtige bezahlen - muss diese Kosten decken und darüber hinaus einen Überschuss erwirtschaften, der Ihre Motivation zum Betreiben der Schule stimuliert.
Die vorgeschlagene Unternehmensbezeichnung können Sie verwenden, sollten aber durch entsprechende Recherchen Verwechslungsgefahr ausschließen. Branchenbezeichnungen und Tätigkeitsangaben sind hier nicht nur erlaubt, sondern für das Marketing dringend erforderlich. Phantasienamen sind ebenfalls zusätzlich erlaubt. Darüber hinaus können Sie ein Logo verwenden. Namenszusätze dürfen nicht irreführend sein. So dürfen Sie nicht den Namenszusatz eines anderen, branchengleichen Unternehmens führen.
Nähere Informationen zur Unternehmensbezeichnung finden Sie beim BMWi in der Rubrik Unternehmensname.
Darüber hinaus bietet das BMWi zahlreiche und detaillierte Informationen zur Gründung etwa in der Rubrik Rechtsformen.
Zusammenfassend führen Ihre Angaben im Abgleich der rechtlichen Anforderungen zu Schluss, dass Ihre Lernschule durchaus in freiberuflicher Form geführt werden könnte. Dazu wünsche ich viel Erfolg!
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
August 2019
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