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LernCoach: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich möchte mich als LernCoach selbständig machen. Ich habe u.a. den Abschluss „Heilpraktikerin Psychotherapie“, möchte aber nicht therapeutisch, sondern als reines Coaching beratend tätig sein. Bin ich nun als „Freiberuflerin“ einzustufen oder benötige ich einen Gewerbeschein?

Antwort

Als Heilpraktikerin für Psychotherapie kann das von Ihnen angebotene Coaching als freiberuflich im Sinne des Einkommensteuergesetzes angesehen werden, wenn die Inhalte dieser Dienstleistung Ihrem Berufsbild zugeordnet werden. Als Beispiel wäre die Burnout-Prävention zu nennen. Da Sie Lerncoaching als Dienstleistung benennen, ist nach anderen Wegen in den freien Beruf zu fragen.

An dieser Stelle ist die Unterscheidung zwischen Anwendungen im Einzelfall und in der Gruppe einzuführen. Insbesondere bei einer Betätigung als Coach für Gruppen kommen auch die erzieherische und die unterrichtende Tätigkeit als Zugang zu freien Berufen in Betracht. Dies gilt besonders dann, wenn Sie als Lerncoach außerhalb des Berufsbildes der Heilpraktikerin für Psychotherapie tätig werden.

Erziehung ist hier die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung von jungen Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen. Unter Mündigkeit wird die Fähigkeit verstanden, selbstständig und eigenverantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Hierfür ist die Formung der gesamten Persönlichkeit erforderlich, die Schulung in Teilbereichen zwischenmenschlicher Beziehungen reicht nicht aus. Eine erzieherische Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung nur im Umgang mit Kindern und Jugendlichen gegeben! Einschränkungen hinsichtlich der Qualifikation gibt es gewerberechtlicher Sicht hier nicht, im Gegensatz zur unterrichtenden Tätigkeit, die für Sie bei Coaching von Erwachsenen in Frage kommen könnte.

Unterricht ist nach der Rechtsprechung die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt unter anderem ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit. Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln. Hier kommen wir wieder zu den oben skizzierten fachlichen Anforderungen. Wichtig für Sie ist, dass der Begriff der „Lehrerin“ in dem genannten Zusammenhang sehr weit gefasst ist. Hier sei noch erwähnt, dass Erziehung in Gruppen auch freiberuflich sein kann (z.B. Gruppenerziehung von Kindern in einer Kindertagesstätte).

Nach dem Gewerberecht jedoch liegt Unterricht als „Dienstleistung höherer Art“ nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein Hochschulstudium erforderlich ist. Bei unterrichtenden Tätigkeiten muss es sich um Schulunterricht handeln. Nachhilfe- und Musikunterricht werden dabei als Schulunterricht angesehen. Tanz-, Sport-, Reit- oder ähnlicher Unterricht und damit auch Tennisunterricht stellen in der Regel eine anzeigepflichtige gewerbsmäßige Tätigkeit dar. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass zahlreiche Lehrende in unterschiedlichsten Fächern fälschlicherweise von freiberuflichen Tätigkeiten ausgehen, weil ihnen der gewerberechtliche Aspekt nicht bekannt ist. Betroffene Personen vermuten dann nach Anzeige eines freien Berufes beim Finanzamt ebenso häufig wie fälschlich eine Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und Kosten verbunden.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Mai 2018

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