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Gesundheitspädagogische Beratung: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich mache zurzeit eine nebenberufliche Weiterbildung zur Gesundheitspädagogin. Diese Ausbildung umfasst die Inhalte Ernährungsberatung, Entspannungspädagogik, sowie Gesundheitspädagogik. Mein Plan ist es, mich damit selbständig zu machen. Ich möchte eine Praxis eröffnen und Kinder wie Erwachsene als Zielgruppe haben primär zur Beratung über Ernährung und Entspannung. Dies soll auch Entspannungskurse und ggf. Kochkurse umfassen. Nun stellt sich mir die Frage, ob ich als Freiberufler oder als Gewerbe eingestuft werde.

Antwort

Zunächst wäre die Frage zu klären, ob Sie den freien Heilberufen zugeordnet werden können. In Gesetzen („Katalogberufe“ in Einkommensteuergesetz und Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) nicht genannte Heilberufe können als freiberuflich eingestuft werden, wenn eine mehrjährige theoretische und praktische Ausbildung auf Grund eines bundeseinheitlichen Berufsgesetzes absolviert wird. Darüber hinaus müssen den Katalogberufen vergleichbare berufsrechtliche Regelungen über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung vorliegen. So wird nachvollziehbar, weshalb selbst eine Diplom-Oecotrophologin keinen Heilberuf nach § 18 EStG ausübt.

Kommen wir zur unterrichtenden Tätigkeit: Bei den von Ihnen angebotenen unterrichtenden Tätigkeiten müssen Sie davon ausgehen, dass unterschiedliche Anforderungen zwischen dem Einkommensteuerrecht und dem Gewerberecht bestehen. Während aus steuerlicher Sicht eine besondere (wissenschaftliche) Qualifikation) nicht erforderlich ist, erkennt des Gewerberecht nur „Dienstleistungen höherer Art“ als nichtgewerblich an und damit als freiberuflich.

Zum Hintergrund: Unterricht ist nach dem Einkommensteuerrecht die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form. Dies schließt einen Individualunterricht nicht aus. Werden die Kenntnisse aber nicht auf der Grundlage eines allgemein gültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit.

Über freiberufliche Tätigkeiten in Lehre, Training oder Coaching informiert das BMWi ausführlich in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101  KB).

In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass zahlreiche Lehrende in unterschiedlichsten Fächern fälschlicherweise von freiberuflichen Tätigkeiten ausgehen, weil ihnen der gewerberechtliche Aspekt nicht bekannt ist. Betroffene Personen vermuten dann nach Anzeige eines freien Berufes beim Finanzamt ebenso häufig wie fälschlich eine Anerkennung als Freiberufler. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und Kosten verbunden.

Ein Zugang zu freien Berufen kann Sie über die erzieherische Tätigkeit führen. Erziehung ist hier die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung von jungen Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen. Unter Mündigkeit wird die Fähigkeit verstanden, selbstständig und eigenverantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Hierfür ist die Formung der gesamten Persönlichkeit erforderlich, die Schulung in Teilbereichen zwischenmenschlicher Beziehungen reicht nicht aus. Eine erzieherische Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung nur im Umgang mit Kindern und Jugendlichen gegeben! Einschränkungen hinsichtlich der Qualifikation gibt es gewerberechtlicher Sicht hier nicht, im Gegensatz zur unterrichtenden Tätigkeit. Die von Ihnen genannten Tätigkeiten könnten also als erzieherisch und damit freiberuflich angesehen werden.

Es ist also tatsächlich möglich - wenn auch schwer verständlich -, dass Ihre Tätigkeit mit Erwachsenen auf Grund der gewerberechtlichen Anforderungen dort anzusiedeln ist, während Ihr Dienstleistung an Kinder und Jugendlichen als freiberuflich eingestuft wird.

Falls Sie sowohl freiberufliche als auch gewerbliche Dienstleistungen ausüben, liegt eine so genannte „gemischte Tätigkeit“ vor. Eine ausführliche Darstellung hierzu erhalten Sie beim BMWi unter https://www.existenzgruender.de/DE/Gruendung-vorbereiten/Gruendungswissen/Freie-Berufe/Gemischte-Taetigkeiten/inhalt.html.

Sie sollten in jedem Fall zu diesen Fragestellungen mit Ihrem Finanzamt sprechen, das auch eine beratende Funktion hat.

Beachten Sie bitte noch das Folgende: Lehrende Personen in selbstständiger Berufsausübung sind pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Begriff der Lehrer ist hier sehr weit gefasst. Nähere Informationen erhalten Sie über die Deutsche Rentenversicherung.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Mai 2019

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