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Gesundheitspädagogin: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich plane derzeit meine Selbständigkeit als Gesundheitspädagogin. Etwas unklar ist mir, ob ich damit eher in die freiberufliche oder die gewerbliche Richtung eingestuft werde. Ich habe Erziehungswissenschaften (Pädagogik) studiert und hier meinen Bachelor of Arts erworben. Schwerpunkt meines Studiums lag auf psychologischer Diagnostik und Beratung mit Inhalten wie z.B. Beratungstechniken etc. Im Anschluss an mein Studium absolvierte ich noch eine Weiterbildung zur Gesundheitsberaterin, die u.a. die Themen gesunde Ernährung, Bewegung und Fitness, Entspannungspraxis und Stressmanagement sowie Naturheilverfahren enthielt. Die Inhalte meiner zukünftigen Arbeit sind die beratende Wissensvermittlung, Aufklärung und Begleitung von Menschen, die ihre gesundheitliche Situation verbessern möchten. Ich denke an Einzel- und Gruppenberatung, Kurse und Seminare, Kooperation mit Bildungsträgern wie Schulen, Kindergärten, Krankenkassen. Wie schätzen sie dies ein? Freier Beruf oder Gewerbe?

Antwort

Zu Ihrem Ziel im freien Beruf können mehrere Wege führen.

Beginnen wir mit der „unterrichtenden Tätigkeit“, bei der die Anforderungen an die von Ihnen durchgeführten Schulungen wie folgt definiert sind: Werden in fachlich strukturierter, in institutionalisierter und organisierter Form Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten an Schüler vermittelt, so liegt eine unterrichtende Tätigkeit vor. Der Unterricht muss mittels eines schulmäßigen Programmes erfolgen. Kenntnisse müssen auf der Grundlage eines für das bestimmte Fachgebiet allgemein gültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermittelt werden. Unterricht umfasst hier nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch von praktischen Fertigkeiten. Für einen institutionalisierten Unterricht sind ein typisches Lehrprogramm und eine persönliche Beziehung des Unterrichtenden zum Schüler erforderlich. Der Unterrichtscharakter muss durchgängig gewährleistet sein, eine punktuelle Anleitung genügt nicht. Erfordert die Tätigkeit die Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit. Dabei ist Ihr Bachelor in Pädagogik hilfreich, weil sich die Frage nach einer ausreichenden Qualifikation für den Unterricht auch aus gewerberechtlicher Sicht nicht stellt. Die Anforderungen an die unterrichtende Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts könnten bei Ihnen also erfüllt sein. Problematisch wäre möglicherweise der Einzelunterricht - siehe „Beratung“.

Der zweite Weg führt über die „erzieherische Tätigkeit“ im freien Beruf. Erziehung bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen; dabei wird unter Mündigkeit die Fähigkeit verstanden, selbstständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Voraussetzung für jede erzieherische Tätigkeit ist die Formung der ganzen Persönlichkeit. Eine Tätigkeit mit dem Ziel, nur bestimmte individuelle Verhaltenspositionen und Persönlichkeitsdefekte zu überwinden, wird wegen der fehlenden Ganzheitlichkeit nicht als Erziehung angesehen. Ebenso ist eine Beratungstätigkeit, die auf die Lösung von Problemen in einem bestimmten Teilbereich zwischenmenschlicher Beziehung gerichtet ist, nicht erzieherisch im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Es ist zwar nicht abschließend geklärt, ob nach diesem Verständnis auch Erwachsene „erzogen“ werden können, jedoch ist davon auszugehen, dass hier in der Regel nur die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erfasst wird.

Die dritte Möglichkeit besteht in der „beratenden Tätigkeit“ als Pädagogin. Da die von Ihnen genannten Dienstleistungen dem Berufsbild der Pädagogin zugeordnet werden können, kann eine freiberufliche Tätigkeit vorliegen. In diesem Zusammenhang ist allerdings noch die Frage nach der Berücksichtigung des Bachelorgrades zu stellen. In freien Berufen gelten an deutschen Hochschulen erworbene oder als gleichwertig anerkannte Abschlüsse als Graduierte (grad.), mit Diplom (Universität, TU, FH oder BA), Bachelor-, Master- oder Magistergrad als für den Zugang zur steuerlichen Freiberuflichkeit anerkannte Qualifikationen (dies sind nur die wichtigsten Abschlüsse). Eine davon abweichende Praxis insbesondere in der Rechtsprechung ist mir nicht bekannt.

Ihre Freiberuflichkeit kann also mehrfach begründet sein, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Vermeiden Sie dabei jeden Anschein, heilberuflich tätig zu sein.

Abschließend ist auf die Pflichtmitgliedschaft von Lehrenden in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verweisen. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/02_Start_ins_Berufsleben/03_Existenzgruender/01_Selbststaendig_und_pflichtversichert/selbststaendig_und_pflichtversichert_node.html

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
März 2018

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