Antwort
Für eine Erweiterung Ihrer bisherigen Dienstleistung um Seminare und Workshops mit „systemischen Inhalten“ wäre zur freiberuflichen Einstufung vom Finanzamt zu prüfen, inwieweit die Tätigkeit einer „unterrichtenden Tätigkeit“ nach §18 EStG entspricht.
Die unterrichtende Tätigkeit wird im Sinne des Einkommensteuergesetzes definiert als: „Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form“ (vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts erfordert, dass Sie für die Vermittlung Ihrer Kenntnisse ein Unterrichtskonzept für ein spezifisches Fachgebiet erstellen. Hierbei ist auch die Vermittlung Ihrer Kenntnisse in Form des Einzelunterrichts möglich (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).
Bei den unterrichtenden Tätigkeiten tendieren die Gewerbeämter jedoch zunehmend dazu, den Unterricht als gewerblich einzuordnen. Dies gilt v.a. wenn für die konkrete Art des Unterrichts keine besondere Qualifikation erforderlich ist und somit die Erbringung einer höherwertigen Dienstleistung, welche für die Freiberuflichkeit charakteristisch ist, nicht besteht. In diesem Fall ist es erforderlich anhand der eigenen Qualifikationen zu argumentieren. Eventuelle Zweifel am Freiberuflerstatus seitens der Gewerbeämter können durch den Nachweis entsprechender pädagogischer Qualifikationen, Weiterbildungen o. Ä. vermieden werden und somit die Einstufung erleichtern.
Falls Sie die obigen Voraussetzungen als erfüllt sehen, ist eine Erweiterung der bisherigen Dienstleistung um die unterrichtende Tätigkeit denkbar. Wenden Sie sich hierfür an das örtliche Finanzamt. Bitte beachten Sie, dass die Anerkennung Ihrer Anmeldung der freiberuflichen Tätigkeit keine verbindliche Einstufung seitens des Finanzamtes darstellt. Das Finanzamt stuft Ihren Status, ob freiberuflich oder gewerblich, ausschließlich im Rahmen einer Betriebsprüfung verbindlich ein.
Bezüglich der Zusammenarbeit mit einem Arbeitskollegen sollte geprüft werden, ob durch den Zusammenschluss eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (kurz GbR) gegründet wird. Diese entsteht nämlich nicht ausschließlich durch eine formale GbR-Gründung, sondern im Einzelfall auch bereits durch eine Zusammenarbeit und der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Vor allem aus haftungstechnischen Gründen sollte dieser Umstand beachtet werden.
Nähere Informationen finden Sie unter:
Abschließend möchte ich Sie außerdem darauf hinweisen, dass Lehrkräfte, die regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, grundsätzlich gesetzlich rentenversicherungspflichtig sind. Auch selbstständige Coaches und Supervisoren können dabei als Lehrer gelten. Mehr Informationen finden Sie unter Deutsche Rentenversicherung - Selbstständig und pflichtversichert.
Quelle: Hamid Rezai
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Gründungsberatung
Juni 2019
Tipps der Redaktion: