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Ernährungsberaterin mit lehrender Tätigkeit: freiberuflich?

Frage

Ich arbeite freiberuflich als Ernährungsberaterin. Einer meiner Auftraggeber stellt in Frage, ob meine Tätigkeit nicht als "lehrend" einzustufen ist. Falls meine Tätigkeit nicht als "lehrend" gilt - bin ich dann trotzdem freiberuflich tätig?

Antwort

Freiberuflich in steuerrechtlicher Hinsicht ist die Tätigkeit als Ernährungsberaterin nur dann, wenn sie entweder

  • mit staatlicher Erlaubnis (staatlich anerkannte Diätassistentin) und/oder
  • mit Krankenkassenzulassung und/oder
  • auf der Grundlage eines einschlägigen Hochschulstudiums ausgeübt wird.

Die Krankenkassenzulassung ersetzt allerdings die staatliche Erlaubnis nicht.

Ähnliches gilt für die Krankenkassenzulassung: Um Leistungen zur Ernährungsberatung bzw. Kursangebote mit der Krankenkasse abzurechnen, ist die Qualifikation als Diplom-Oecotrophologe, Diplom-Ernährungswissenschaftler, Diplomingenieur der Ernährungs- und Hygienetechnik und Diätassistent erforderlich. Daneben ist auch eine jeweils gültige Zusatzqualifikation für Ernährungsberatung gemäß des Curriculums der DGE bzw. des VDOE und/oder dem Nachweis der QUETHEB-Registrierung möglich. Auch Ärzte mit gültigem Fortbildungsnachweis gemäß Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer und/oder QUETHEB-Registrierung können Leistungen als Ernährungsberater mit der Krankenkasse abrechnen.

Der zweite Zugang zur Freiberuflichkeit könnte für Sie in der unterrichtenden Tätigkeit bestehen. Freiberuflich ist Ihre Tätigkeit dann, wenn Sie nach der einschlägigen Rechtsprechung als unterrichtend einzuordnen ist. Die Rechtsprechung - in der Regel die des Bundesfinanzhofes (BFH) - hat zu einer Einbeziehung zahlreicher Berufe, den so genannten Katalogberufen (= im Gesetz genannte Berufe) "ähnlichen Berufen", im Sinne des § 18 Abs.1. Nr. 1 EStG, in den Kreis der Freien Berufe geführt. Hierbei ist in der Regel von der Erfordernis einer Einzelfallprüfung auszugehen. Den Katalogberufen stellt die Rechtsprechung die ähnlichen Berufe gleich. Da sich die Berufsbilder, insbesondere durch technologische und gesellschaftliche Entwicklungen, im Lauf der Zeit ändern, entscheiden in den einzelnen Fällen vor allem Finanzämter und Finanzgerichte über die Freiberuflichkeit. Dabei orientieren sie sich wiederum an der Unterscheidung des §18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuerrechts in wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende und erzieherische Tätigkeiten.

"Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form" (vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573). In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.

Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln (BFH IV R 130/79 v. 1. 4. 1982, BStBl. II 82, 589 = BFHE 136, 86). Schreibt jedoch das öffentliche Berufsrecht einen bestimmten Befähigungsnachweis oder eine behördliche Zulassung vor, so spricht eine Vermutung dafür, dass beim Fehlen des Nachweises oder der Zulassung der Unterrichtende die erforderlichen Fähigkeiten nicht besitzt.

Unter den genannten Voraussetzungen können Sie also steuerlich freiberuflich sein.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine "doppelte Freiberuflichkeit" vorliegen kann, wenn Sie zu den steuerrechtlich anerkannten Ernährungsberatern gehören und gleichzeitig unterrichtend tätig sind. Sollte in Ihrem Fall nur die unterrichtende Tätigkeit greifen, so wäre zu fragen, ob Ihre Dienstleistung davon geprägt wird, die unterrichtende Arbeit also eindeutig im Vordergrund steht.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Oktober 2013

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