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Entspannungspädagoge: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich möchte mich als Entspannungspädagoge neben meiner Festanstellung nebenberuflich selbständig machen, bin mir aber nicht sicher, ob es sich hierbei um eine freiberufliche oder eine gewerbliche Tätigkeit handelt. Wenn ich auf einer Homepage werben möchte, ist es dann zulässig z.B. den Begriff "Entspannungswelten" plus einen Städtenamen zu verwenden?

Antwort

Beginnen wir mit der Unternehmensbezeichnung: Diese darf nicht irreführend sein. In Ihrem Fall bedeutet dies, dass die "Entspannungswelten" für einen Einzelunternehmer (davon gehe ich aus) wohl überdimensioniert sind. In diesem Zusammenhang verweise ich auf ein Urteil zum "Tinnitus Zentrum Heilbronn", wo es heißt, dass "Zentrum" mit einer gewissen Größe verbunden werden kann und deshalb irreführend sein kann. So hat das OLG Stuttgart entschieden (Urteil vom 29.11.2012, Az. 2 U 64/12 - nicht rechtskräftig), dass die Bezeichnung “Zentrum" auf eine Einrichtung von besonderer Bedeutung, insbesondere hinsichtlich Größe und personeller Besetzung, hinweist und ein Nichterfüllen dieser Anforderungen den Tatbestand der Irreführung, und damit eines Wettbewerbsverstoßes erfüllt. Insbesondere hat der Senat entschieden, dass durch geographische und kennzeichenrechtliche Zusätze der Begriff des Zentrums nicht relativiert werde. Im vorliegenden Fall wurde die Bezeichnung "Hör- und Tinnitus-Zentrum Heilbronn" untersagt. Der Zusatz "Heilbronn" werde vom Verkehr als Hinweis auf den geographischen Bereich verstanden, in dem das "Hör- und Tinnitus-Zentrum" seine beanspruchte Bedeutung habe. Die Hinzunahme der Unternehmensbezeichnung "auric" habe nicht zur Folge, dass der Verkehr die Bezeichnung mit dem begrifflichen Bestandteil "Zentrum" insgesamt lediglich als Hinweis auf ein Geschäftslokal reduziere, in dem Produkte der betreffenden Firma angeboten würden. Dazu gibt es auch eine Grundsatzentscheidung des BGH zur Bezeichnung “Zentrum": BGH, Urteil vom 18.01.2012 - I ZR 104/10: Neurologisch/Vaskuläres Zentrum - Der Begriff "Zentrum" weist demnach im Grundsatz auf eine besondere Bedeutung und Größe eines Unternehmens hin oder wird jedenfalls vom Verkehr auf einen solchen "Tatsachenkern" zurückgeführt.

Grundsätzlich können Sie Abhilfe schaffen, wenn Sie einer Unternehmensbezeichnung Ihren Vor- und Zunamen hinzufügen. Bei Freiberuflern nur den Nachnamen. Das müssten Sie ohnehin tun, wenn Sie Einzelunternehmer sind. Dann muss immer erkennbar sein, wer einem Unternehmen zuzuordnen ist (Briefkopf, Visitenkarte, Impressum usw.). Durch den Namenszusatz wird die Verwechslungsgefahr weitgehend ausgeschlossen und Ihr Unternehmen sozusagen "personalisiert".

Das Ergebnis lautet:
Phantasiename: ja, wenn gewünscht
Entspannungswelten: nein
Name der Stadt: in Verbindung mit Ihrem Nachnamen - ja
Ihr Nachname: ja
Logo: ja

Bei Phantasie- bzw. Branchenbezeichnungen ist zu beachten: Sie sind nicht Bestandteil des offiziellen Unternehmensnamens. Bevor Zusätze wie Buchstabenkombinationen oder Phantasiebezeichnungen verwendet werden, sollte zudem stets geprüft werden, ob die entsprechenden Bezeichnungen nicht bereits als Firma oder Marke eingetragen sind, oder von anderen Unternehmen als Logo oder Etablissement-Bezeichnung geführt werden.

Ihre "Entspannungswelten" könnten eine unterrichtende Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellen. Denn: Zur freiberuflichen Tätigkeit gehört auch die selbstständig ausgeübte "unterrichtende" Tätigkeit, wobei als "unterrichtend" jede Art der persönlichen Lehrtätigkeit, insbesondere auch der Unterricht im Tanzen, Schwimmen, Reiten usw. gehört (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 18. Februar 1920 II A 59/20, RStBl. 1920, 244; BFH-Urteil vom 27.September 1956 IV 601/55 U, BFHE 63,357, BStBl. III 1956, 334). Beschränkt sich die Tätigkeit allerdings nicht auf das Vermitteln von Fertigkeiten, sondern werden im Zusammenhang mit der Unterrichtstätigkeit auch noch andere Leistungen geboten, so kann je nach Art und Umfang dieser anderen Leistungen insgesamt eine gewerbliche Betätigung vorliegen. Das gilt bei der Erteilung von Reitunterricht vor allem für die Fälle, in denen neben der Unterrichtserteilung auch noch Reitanlagen zur Verfügung gestellt sowie Clubräume und dergleichen bereitgestellt werden (BFH IV R 191/74, 1978).

"Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form"(vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 63,357, BStBl. III 1956, 334). Beschränkt sich die Tätigkeit allerdings nicht auf das Vermitteln von Fertigkeiten, sondern werden im Zusammenhang mit der Unterrichtstätigkeit auch noch andere Leistungen geboten, so kann je nach Art und Umfang dieser anderen Leistungen insgesamt eine gewerbliche Betätigung vorliegen. Das gilt bei der Erteilung von Reitunterricht vor allem für die Fälle, in denen neben der Unterrichtserteilung auch noch Reitanlagen zur Verfügung gestellt sowie Clubräume und dergleichen bereitgestellt werden (BFH IV R 191/74, 1978).

"Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form"(vgl. BFH-Urteile vom 13.Januar 1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18. April 1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u. a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl. II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl. II 1996, 573). In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.

Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln (BFH IV R 130/79 v. 1. 4. 1982, BStBl. II 82, 589 = BFHE 136, 86). Schreibt jedoch das öffentliche Berufsrecht einen bestimmten Befähigungsnachweis oder eine behördliche Zulassung vor, so spricht eine Vermutung dafür, dass beim Fehlen des Nachweises oder der Zulassung der Unterrichtende die erforderlichen Fähigkeiten nicht besitzt.

Beachten Sie bitte: Im Einzelfall kann die Finanzverwaltung die Freiberuflichkeit akzeptieren, während das Gewerbeamt eine Gewerbeanmeldung fordert. Die Begründung aus der Sicht der Gewerbebehörden lautet: Eine Dienstleistung höherer Art liegt nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlich ist. Bei unterrichtenden Tätigkeiten muss es sich um Schulunterricht (hierzu gehören auch der Nachhilfe- und Musikunterricht) handeln, um als nicht gewerblich eingestuft zu werde. Tanz-, Turn-, Tennis-, Fecht-, Golf-, Ski-, Bergsteiger-, Schwimm oder ähnlicher Unterricht ist in der Regel eine anzeigepflichtige gewerbsmäßige Tätigkeit. Dies wäre zu vermeiden, wenn Sie etwa ein Studium nachweisen könnten oder eine vergleichbare Ausbildung.

Ein Gewerbe sollten Sie aber im Fall der Fälle erst dann anmelden, wenn Sie dazu aufgefordert werden, denn die Praxis der Ämter ist durchaus unterschiedlich.

Beachten Sie bitte zur Nebentätigkeit: Prinzipiell ist eine nebenberufliche Selbständigkeit zulässig. Eine zeitliche Überschneidung der Tätigkeiten ist dabei auszuschließen. Auch die Vorschriften der Arbeitszeitgesetzgebung sind einzuhalten. Der Arbeitgeber kann solche Nebentätigkeiten verbieten, die zu einer Vernachlässigung der Pflichten des Arbeitnehmers im Hauptarbeitsverhältnis führen würden bzw. wenn unlauterer Wettbewerb vorliegt. Eine generelle Pflicht des Arbeitnehmers zur Anzeige der Nebentätigkeit kann vertraglich vereinbart sein. Darüber hinaus kann vereinbart werden, dass für jede Nebentätigkeit die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich ist. Bestimmungen über Nebentätigkeiten können auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen geregelt sein.

Beachten Sie bitte zur Rentenversicherung (wobei das Folgende auch für selbständige Nebentätigkeiten gilt): Ein Selbständiger ist dann im Wesentlichen von einem Auftraggeber abhängig, wenn er mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Betriebseinnahmen aus den relevanten Tätigkeiten allein von einem Auftraggeber erzielt. Dabei ist der Beurteilungszeitraum grundsätzlich das Kalenderjahr. Sofern Versicherungspflicht besteht, kann eine Befreiung für Existenzgründer für die Dauer von drei Jahren beantragt werden. Klärung derartiger Sachverhalte - insbesondere auch der Scheinselbständigkeit - kann erzielt werden in Absprache mit
Deutsche Rentenversicherung Bund
Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen
10704 Berlin, Service-Telefon: 0800 10004800

Ob und wie sich die selbständige Nebentätigkeit auf die gesetzliche Krankenversicherung auswirkt, hängt vom Einzelfall ab. Entscheidend ist der Umfang der selbstständigen Tätigkeit. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer hauptberuflich selbstständig tätig ist. Eine ausführliche Information hierzu finden Sie unter
http://www.aok-business.de/fachthemen/pro-personalrecht-online/datenbank/grundlagen/poc/oid/0000091/#subNode_e95eeb1cf300bb4dadb8c5ea6d584b58 (www)

Beachten Sie bitte zur "Kleinunternehmerregelung": Unternehmer, die nur geringe Umsätze tätigen, werden als Kleinunternehmer eingestuft. Als Kleinunternehmer gelten Unternehmer, deren Umsatz im vorangegangenen Jahr einen Betrag von 17.500 Euro nicht überstiegen hat und deren Umsatz im laufenden Jahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Beide Voraussetzungen müssen gegeben sein. Bei Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit ist der voraussichtliche Umsatz im Kalenderjahr zu schätzen. Übersteigt dieser absehbar nicht die Umsatzgrenze von 17.500 Euro, gilt der Unternehmer als Kleinunternehmer.

Kommt die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung, muss der Unternehmer auf seine Umsätze keine Umsatzsteuer erheben. Er kann allerdings auch zur Umsatzsteuer optieren. In diesem Fall hat er die Möglichkeit, auch die Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen. Empfehlenswert ist die freiwillige Umsatzsteuerveranlagung bei hohen Investitionen, da nur so der Vorsteuerabzug möglich wird. Für Kleinunternehmer entfällt neben dem Vorsteuerabzug der Ausweis der Umsatzsteuer sowie der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf erstellten Rechnungen. Werden die Umsatzgrenzen überschritten, muss der Unternehmer auf seine Umsätze Umsatzsteuer erheben. Optiert ein Kleinunternehmer zur Umsatzsteuer, muss er dies gegenüber dem Finanzamt erklären. Seine Entscheidung bindet ihn für fünf Jahre. Die Rechnungen von Kleinunternehmern müssen immer Angaben enthalten wie: "Ich bin Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes und stelle deshalb keine Mehrwertsteuer in Rechnung".

Wenn Sie die oben genannten Voraussetzungen zur steuerlichen Freiberuflichkeit erfüllen, so zeigen Sie Ihrem Finanzamt eine freiberufliche Tätigkeit an. Aber: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und Kosten verbunden.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Diplom-Betriebswirt (FH)
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
April 2014

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