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Coaching und Vorträge: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich möchte mich selbständig machen als Aufräumcoach und Organisationsberater. Die Tätigkeit umfasst das Coaching von Privatpersonen im Einzelkontakt bei ihnen zu Hause. Daneben möchte ich Vorträge und Seminare, z.B. in der VHS halten. Später soll das Coaching auf kleinere und mittlere Firmen ausgeweitet werden, soweit es sich um Büroorganisation/-abläufe handelt. Neben dem Individualcoaching, bspw. für den Inhaber, ist auch ein Firmenseminar für alle Mitarbeiter denkbar. Handelt es sich aufgrund der unterrichtenden Tätigkeit um einen freien Beruf? Wie ist der Aspekt des Einzelunterrichts zu werten - fällt dieser noch unter die „Vermittlung von Wissen (...) in organisierter und institutionalisierter Form“? Könnte es passieren, dass die vortragenden Tätigkeiten eindeutig als freiberuflich eingestuft werden und die Individualcoaching-Einheiten als Gewerbe, da eine institutionalisierte Form fehlt?

Antwort

Anknüpfungspunkt für die Einstufung Ihrer Tätigkeit als „Coach“ als freiberuflich im einkommensteuerlichen Sinne könnte die sog. „unterrichtende Tätigkeit“ i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sein. „Unterricht im Sinne des Einkommensteuergesetzes ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form“ (vgl. BFH-Urteile vom 13.01.1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18.04.1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl. 1996, 573). Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts erfordert u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen. Ein formaler Nachweis ist für die Ausübung der unterrichtenden Tätigkeit grundsätzlich nicht erforderlich. Auch kommt es auf den Gegenstand des Unterrichts nicht an (vgl. BFH v. 1. 4. 1982, R 130/79). Der Unterricht kann hierbei auch in Form von Einzelunterricht erfolgen.

Liegt hingegen eine beratende Tätigkeit vor, d.h. steht die Erarbeitung oder Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programmes im Vordergrund, so handelt es sich nicht um Unterricht und damit nicht um einen Freien Beruf, sodass hierfür ein Gewerbe anzumelden ist.

Eine betriebswirtschaftliche Beratung ist hingegen nur dann steuerlich freiberuflich, wenn tatsächlich Kenntnisse aus den Hauptbereichen der BWL zum Einsatz kommen und zudem ein entsprechender Hochschulabschluss der BWL vorliegt (sog. „beratender Betriebswirt“ i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Anzumerken ist, dass im lehrenden Bereich die Gewerbeämter zunehmend dazu tendieren, den Unterricht als gewerblich einzustufen. Sie begründen ihre Entscheidung in der Regel damit, dass für die konkrete Art des Unterrichts keine besondere Qualifikation erforderlich ist und somit die Erbringung einer höherwertigen Leistung, welche für die Freiberuflichkeit charakteristisch ist, nicht vorliegt. Soweit Sie über keine akademische Ausbildung, wie z.B. ein Studium der Psychologie, BWL - verfügen, ist davon auszugehen, dass es sich bei Ihrer Tätigkeit als „Aufräumcoach“ um eine gewerbliche Tätigkeit handelt.

Prüfen Sie sorgfältig, inwiefern Sie die obigen Anforderungen erfüllen. Die verbindliche Einstufung (Freier Beruf - Gewerbe) obliegt allein dem zuständigen Finanz- und Gewerbeamt und ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

Achten Sie abschließend darauf, dass Lehrende, die regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, grundsätzlich gesetzlich rentenversicherungspflichtig sind.
Lesen Sie hierzu: www.deutsche-rentenversicherung.de

Quelle: Chanell Eidmüller
Rechtsanwältin
Leiterin der Gründungsberatung
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2016

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