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Ausbildung, Prüfung und Zertifizierung von Sachverständigen: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich war bisher als freischaffender Architekt freiberuflich tätig. Meine Aktivitäten möchte ich reduzieren und auch auf die Mitgliedschaft in der Architektenkammer verzichten. Meine zukünftigen Tätigkeiten wären Sachverständiger, Ausbildung von Sachverständigen (Vorträge und Seminare, eigene und bei Veranstaltern wie Kammern), Prüfung und Zertifizierung der ausgebildeten Sachverständigen. Die Frage ist, ob insbesondere der dritte Teil in eine freischaffende Tätigkeit passt.

Antwort

Diese Antwort ist entsprechend Ihrer Anfrage in mehrere Abschnitte gegliedert:

1. Sachverständiger
Nach der Rechtsprechung ist ein Sachverständiger steuerlich freiberuflich tätig, wenn er auf der Grundlage von Disziplinen, die an Hochschulen gelehrt werden, und nach sachlichen und objektiven Gesichtspunkten eine qualifizierte Tätigkeit ausübt, die der Lösung schwieriger Streitfragen dient. Es genügt nicht, wenn einzelne Gutachten dieses Sachverständigen wissenschaftliche (oder künstlerisch) vertiefte Sachkenntnisse aufweisen. Als Architekt erfüllen Sie selbstverständlich die Anforderungen an die Qualifikation.

Seit der Novellierung der Sachverständigenbestimmung in der Gewerbeordnung und der Schaffung des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes, das 1995 in Kraft getreten ist, gibt es die Rechtsfigur des „hauptberuflichen Sachverständigen“. Der Gesetzgeber hat damit die Bedeutung dieses Berufsstandes in hohem Maße anerkannt.

Die von Ihnen durchgeführte Qualifizierung von Sachverständigen sollte in jeweils eine oder mehrere der folgenden Wahrnehmungsformen der Tätigkeit münden: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, Sachverständige amtlich anerkannter Prüforganisationen bzw. amtlich anerkannte Sachverständige, Staatlich anerkannte Sachverständige, nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierte Sachverständige. Da Sie eine Kooperation mit Kammern angeben, ist diese Voraussetzung offenbar ebenfalls gegeben.

2. Unterrichtende Tätigkeit
Ihre unterrichtende Dienstleistungen ist unter den folgenden Voraussetzungen freiberuflich: (= selbstständig im Steuerdeutsch): „Unterricht ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form“ (hier und im Folgenden nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes). Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an die Lernwilligen voraus. In diesem Zusammenhang müssen Lehrmethoden und Lernziele definiert sein. Dies schließt einen Individualunterricht nicht aus, wobei Lehrende auf die individuellen Bedürfnisse der Unterrichteten eingehen müssen. Dazu sind nach der Rechtsprechung auch persönliche Anwesenheit und Kontrolle des Lernerfolges erforderlich.

3. Vorträge, Prüfungen und Zertifizierungen
Vorträge sind nicht unterrichtend in dem hier dargestellten Rechtsrahmen. Sofern die Themen dieser Veranstaltungen auf das Berufsfeld Architektur/Sachverständigenwesen bezogen sind, werden sie als „Ausfluss“ Ihrer Kerntätigkeit angesehen und damit als freiberuflich. Entsprechendes gilt für Prüfungen und Zertifizierungen. Dies würde auch für andere Formen Ihrer Berufsausübung gelten wie Publikationen oder auf das Berufsfeld bezogene Beratungstätigkeiten.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
April 2017

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