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Psychomotorik und Entwicklungsbegleitung: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich möchte eine mobile Praxis für Psychomotorik und Entwicklungsbegleitung für Kinder und Familien eröffnen. Ich berate Familien und arbeite mit den Kindern und den Familienmitgliedern in den privaten Räumen der Klienten. Mein psychomotorisches Angebot werde ich in den Räumen von z.B. Kitas, Familienzentren usw. anbieten. Muss ich ein Gewerbe anmelden oder gehört meine Tätigkeit zu den freien Berufen? Ich habe keinen staatlich anerkannten Abschluss im pädagogischen Bereich - ich habe in allen beschriebenen Arbeitsfeldern Trainer- und/oder Weiterbildungen absolviert. Was muss ich evtl. noch beachten?

Antwort

Die Tätigkeit in den Bereichen „Psychomotorik und Entwicklungsbegleitung“ kann einkommensteuerrechtlich als freiberuflich i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzustufen sein, wenn Sie einen Hochschulabschluss der Psychologie/Pädagogik und/oder die Zulassung als Heilpraktiker/in vorweisen können. Diplom-Psychologen, Heilpraktiker zählen als sog. Katalogberuf unzweifelhaft zu den Freien Berufen. Da Sie leider über keinen der vorbezeichneten Abschlüsse verfügen, ist es äußerst schwierig, Sie unter diesem Aspekt als freiberuflich einzustufen.

Ob möglicherweise Ihre Weiterbildungen ausreichend sind, um über den sog. „Ähnlichkeitsberuf“ den Katalogberufen gleichgestellt werden zu können, kann hier ohne nähere Angaben nicht abschließend beurteilt werden. Anzumerken ist, dass die Finanzämter hieran sehr hohe Anforderungen stellen und verlangen, dass der ähnliche Beruf dem Katalogberuf in allen wesentlichen Punkten entspricht, d.h. sowohl Ausbildung als auch die berufliche Tätigkeit müssen nahezu vergleichbar sein.

Ein weiterer Ansatzpunkt könnte die „unterrichtende Tätigkeit“ sein. Auch der Unterricht kann einkommensteuerrechtlich als freiberuflich i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzustufen sein.
„Unterricht im Sinne des Einkommensteuergesetzes ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form“ (vgl. BFH-Urteile vom 13.01.1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18.04.1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl. 1996, 573). Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts erfordert u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen. Der Unterricht kann hierbei auch individuell in Form von Einzelunterricht erteilt werden (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Kein Unterricht, aber eine beratende Tätigkeit liegt vor, wenn die Erarbeitung oder Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programmes im Vordergrund steht. In diesem Fall muss ein Gewerbe angemeldet werden. Es ist daher stets eine Einzelfallprüfung vorzunehmen und das Ergebnis vom Gesamtbild der Verhältnisse abhängig. Prüfen Sie daher, inwiefern Sie die Anforderungen an eine „unterrichtende Tätigkeit“ erfüllen.

Beachten Sie bitte noch die abschließenden Hinweise:
Lehrende, die regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, sind gesetzlich rentenversicherungspflichtig.
Da Sie in den privaten Räumen der Klienten arbeiten, sollten Sie unbedingt über den Abschluss entsprechender Versicherungen nachdenken. Ihre privaten Versicherungen beziehen sich ausschließlich auf Ihren Privatbereich und decken nicht auch Ihre unternehmerische Tätigkeit ab, es sei denn, dies wurde vertraglich ausdrücklich vereinbart.

Zum Thema Freiberuflichkeit und Versicherungen empfehle ich Ihnen zudem die Lektüre der GründerZeiten Nr. 05: Versicherungen (PDF, 790  KB) und GründerZeiten Nr. 17: Existenzgründungen durch freie Berufe (PDF, 932  KB).

Quelle: Chanell Eidmüller
Rechtsanwältin
Leiterin der Gründungsberatung
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Mai 2016

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