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Heilpraktikerin plus Schülercoach: Gewerbe anmelden?

Frage

Ich bin Heilpraktikerin und arbeite bereits in eigener Praxis. Ich überlege mein Aufgabenfeld zu verändern und Schüler/innen zu coachen. Dazu gehören u.a. das Auflösen von Lernblockaden und Prüfungsängsten, aber auch eine alternative Form der Berufsberatung. Alle diese Tätigkeiten gehen fließend ineinander über. Im Rahmen dieser Tätigkeit würde ich keine Krankheiten behandeln, keine Anamnese er- und keine Diagnose stellen. Es bestünde zudem die Möglichkeit, regelmäßige Vormittage an Schulen anzubieten, in deren Rahmen ich sogenannte Kurzcoachings durchführen könnte (Heilkunde im Umherziehen?). Muss ich ein Gewerbe anmelden oder kann ich das Schülercoaching (inkl. der Kurzcoachings in Schulen) im Rahmen meiner freiberuflichen Tätigkeit als Heilpraktikerin anbieten?

Antwort

Die Tätigkeit von Heilpraktikern/innen ist auf die Ausübung von Heilkunde, d.h. auf die Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen ausgerichtet (vgl. § 1 Abs. 2 HeilprG). Als sog. Heilberuf ist diese Tätigkeit unstreitig als freiberuflich im einkommensteuerlichen Sinne einzustufen (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Da Ihr Vorhaben „Coaching“ weder die Behandlung von Krankheiten, noch die Anamnese oder Erstellung von Diagnosen u.a. zum Gegenstand hat, sondern vielmehr auch eine Art Berufsberatung umfasst, handelt es sich hierbei um keine Tätigkeit, die zum klassischen Berufsbild der Heilpraktiker/innen gehört. Eine Freiberuflichkeit scheidet m.E. unter diesem Aspekt aus.

Ansatzpunkt könnte jedoch die sog. unterrichtende Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sein. „Unterricht im Sinne des Einkommensteuergesetzes ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form“ (vgl. BFH-Urteile vom 13.01.1994 IV R 79/92, BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und vom 18.04.1996 IV R 35/95, BFHE 180, 568, BStBl. 1996, 573). Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts erfordert u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen. Der Unterricht kann hierbei auch individuell in Form von Einzelunterricht erteilt werden (vgl. Urteile in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362, und in BFHE 180, 568, BStBl II 1996, 573).

Kein Unterricht, aber eine beratende Tätigkeit liegt vor, wenn die Erarbeitung oder Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programmes im Vordergrund steht. In diesem Fall müsste ein Gewerbe angemeldet werden.

Ansatzpunkt könnte zudem sein, dass es sich um eine sog. „erzieherische Tätigkeit“ handelt. Die erzieherische Tätigkeit bezweckt über die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten hinaus die Schulung des Charakters und die Bildung der Persönlichkeit. Gemeint ist hiermit „die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung von jungen Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen“.

Abschließend könnte sich die Freiberuflichkeit daraus ergeben, dass es sich bei dem Coaching um eine psychologenähnliche Tätigkeit handelt. Hierzu müsste ein Hochschulabschluss in Psychologie oder eines verwandten Fachs (Pädagogik, Sozialpädagogik) nachgewiesen werden. Aufgrund der Sachkunde reicht in der Regel auch der Nachweis als Heilpraktiker/in aus.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es einige Anknüpfungspunkte gibt, um Ihr Vorhaben als freiberuflich einzustufen. Prüfen Sie daher, inwiefern Sie die obigen Anforderungen erfüllen. Die abschließende Entscheidung zur Einstufung Freier Beruf - Gewerbe obliegt allein dem zuständigen Finanz- bzw. Gewerbeamt. Nehmen Sie ggfs. Kontakt mit den entsprechenden Behörden auf.

Quelle: Chanell Eidmüller
Rechtsanwältin
Leiterin der Gründungsberatung
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
November 2016

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