Antwort
Grundsätzlich sind für die Heilpädagogik folgende Zugänge in die Freiberuflichkeit zu berücksichtigen:
1. Heilberuf
In Gesetz (Einkommensteuergesetz und Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) nicht genannte Heilberufe können als freiberuflich eingestuft werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- Die Ausbildung ist den Katalogberufen ähnlich, wenn sie als mehrjährige theoretische und praktische Ausbildung auf Grund eines bundeseinheitlichen Berufsgesetzes absolviert wird.
- Es müssen grundsätzlich vergleichbare berufsrechtliche Regelungen über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung vorliegen.
- Für den zu beurteilenden Beruf muss ein bundeseinheitliches Berufsgesetz existieren, in dem Ausbildung und Ausübung geregelt sind.
- Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer gesetzlich vorgeschriebenen Erlaubnis bedürfen.
- Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer staatlichen Überwachung durch die zuständige Behörde (z.B. Gesundheitsamt) unterliegen.
Es ist deutlich, dass Heilpädagogik hier nicht erfasst wird. Es wird auch nachvollziehbar, weshalb etwa Logopäden freiberuflich sind, Sprachheiltherapeuten dagegen nicht. Auch nicht therapeutisch tätige Psychologen sind demnach nicht als Heilberuf anzusehen (darauf komme ich im Folgenden noch zurück).
2. Erzieherische Tätigkeit
Als erzieherische Tätigkeit im einkommensteuerrechtlichen Sinn wird definiert die planmäßige körperliche, geistige und sittliche Formung junger Menschen. Eine Beratungstätigkeit, die auf die Lösung von Problemen in einem bestimmten Teilbereich zwischenmenschlicher Beziehung gerichtet ist, ist nicht erzieherisch im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Voraussetzung jeder erzieherischen Tätigkeit ist, dass die ganze Persönlichkeit geformt wird.
Damit ist Ihre Lebensberatung wohl als nicht freiberuflich im Form einer erzieherischen Tätigkeit einzustufen, zumal hier nur Kinder und Jugendliche erfasst sind.
3. Unterrichtende Tätigkeit
Unterricht ist nach der Auffassung im Einkommensteuerrecht die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese Art des Unterrichts setzt vor allem ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit.
Eine unterrichtende Tätigkeit liegt bei Ihnen offenbar nicht vor, da psychologische Beratung oder Lebensberatung eine Individualisierung erfordern, die eine beratende Dienstleistung kennzeichnen.
4. Psychologenähnliche Tätigkeit
Zu den Kernkompetenzen der Heilpädagogin mit Hochschulabschluss zählen:
Behindertenpsychologie, Elternarbeit, Entwicklungspsychologie, Erziehung, Heilpädagogik, Behindertenpädagogik, Supervision
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, berufenet
Ihr Hochschulabschluss lässt die Annahme zu, dass Sie auf Grund Ihrer Ausbildung und der Merkmale Ihrer Tätigkeit in der psychologischen Beratung und Lebensberatung einen der Psychologin ähnlichen Beruf ausüben. Nicht therapeutisch arbeitende Psychologen sind im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz als freier Beruf genannt, im Gegensatz zu heilberuflich tätigen Psychologen bzw. Psychotherapeuten.
Die von Ihnen genannte „Energiearbeit“ ist nicht freiberuflich, da sie nicht auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen beruht. Möglicherweise liegt also bei Ihnen eine „trennbar gemischte Tätigkeit“ vor. Hierbei übt eine Einzelfreiberuflerin sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wobei diese steuerlich getrennt zu behandeln sind. Dies ist aber nur der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch separate Erfassungen bei der Steuer. Ist die Trennung nicht möglich, empfehle ich weiteren fachlichen Rat, vorzugsweise durch einen Steuerberater. Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes.
Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
Juli 2017
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