Antwort
Die Tätigkeit einer Restauratorin ist dann künstlerisch im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (Einkommensteuergesetz), wenn sie ein Kunstwerk betrifft, dessen Beschädigung ein solches Ausmaß aufweist, dass seine Wiederherstellung eine eigenschöpferische Leistung der Restauratorin erfordert. Eine Kunsthandwerkerin kann steuerlich freiberuflich sein, wenn sie eigene Entwürfe realisiert. Wenn der Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit nicht im Handwerk, sondern in Kunst und Design liegt, kann ein Freier Beruf vorliegen. Hierbei handelt es sich um künstlerische Tätigkeiten, deren Arbeitsergebnisse einen praktischen Nützlichkeits- bzw. Gebrauchszweck aufweisen können (z.B. wie bei Ihnen Möbel). Diese Tätigkeit muss auf einer eigenschöpferischen Leistung beruhen, in denen eine "individuelle Anschauungsweise" zum Ausdruck kommt. Dabei muss eine "gewisse künstlerische Gestaltungshöhe" erreicht werden. Ein gewerblicher Verwendungszweck schließt die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit dann nicht aus, wenn der Kunstwert den Gebrauchswert übersteigt. Dies kann bei Möbeln grundsätzlich der Fall sein. Eigenschöpfungen können auf allgemeinen Vorgaben von Auftraggebern beruhen, müssen laut Rechtsprechung aber in der künstlerischen Umsetzung durch die Künstlerin gestaltet sein. Grundsätzlich gilt dies auch für Wohnaccessoires wie auch die folgenden Ausführungen.
Bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 17.7.1958 führte eine gewerbliche Zweckbestimmung dazu, dass eine gestalterische Leistung generell nicht als eine künstlerische Tätigkeit eingestuft wurde. Seither hat sich die Rechtsprechung jedoch grundlegend geändert, hier in Bezug auf Grafikdesigner: "Für die Gerichte ist seitdem allein entscheidend, ob der Grafikdesigner ohne Rücksicht auf die spätere Verwendung seiner Arbeit schöpferische Leistungen vollbringt, also Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen." Sofern eine einschlägige (Hochschul-)Ausbildung vorliegt, ist davon auszugehen, dass die "hinreichende Beherrschung der Technik" vorliegt.
Bei Serienproduktion ist von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Dies ist bei Ihnen nicht der Fall. Der Verkauf Ihrer Werke in Ausstellungen erscheint unproblematisch in Bezug auf die Freiberuflichkeit. Für den Online-Verkauf gelten besondere Anforderungen, denn freiberuflich wäre diese Tätigkeit nur dann, wenn "der Eigenvertrieb sich auf eine der künstlerischen Tätigkeit (im betreffenden Urteilstext des Bundesfinanzhofes heißt es \'der schriftstellerischen Tätigkeit\') dienende Funktion beschränkt" - Aktenzeichen VIII R 111/71. Weiter wird es gewerblich, wenn eine "zu diesem Zweck geschaffene organisatorische Einrichtung" zu einer "neuen Erwerbsgrundlage" führt (z.B. wenn Sie für den Verkauf eigenes Personal beschäftigen). Damit sind die Grenzen zwischen Freiem Beruf und Gewerbe bei der Vermarktung fließend. Da Sie Unikate anbieten, erscheint eine neue Erwerbsgrundlage nicht gegeben: Sie haben eine "Internet-Galerie", aber keinen Internet-Handel.
Hier noch zwei Hinweise:
1. Besonders wichtig ist der Schutz geistigen Eigentums auch und gerade in Kunst und Design, etwa durch eine Geschmacksmusteranmeldung.
2. Für Sie wäre der Zugang zur Künstlersozialversicherung möglich. Dabei wäre zu beachten, dass die Mitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung nicht automatisch zu einer allgemeinen Einordnung als Freier Beruf führt.
Beachten Sie bitte noch das Folgende: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden.
Ergebnis: Sie können eine freiberufliche Tätigkeit anmelden, müssen sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Finanzverwaltung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Dies ist nur dann problematisch, wenn Ihre Umsätze nicht nur eine Gewerbesteuerpflicht verursachen, sondern auf Grund der Höhe Ihrer Umsätze tatsächlich Gewerbesteuer zu zahlen wäre. Die Bestimmung dieser Grenze hängt von spezifischen Gegebenheiten ab (z.B. Hebesatz Ihrer Kommune). Hier sollten Sie einen Steuerberater fragen!
Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Diplom-Betriebswirt (FH)
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juli 2014
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