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Werbefinanziertes Online-Portal mit eigenen Pressetexten: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Seit gut 20 Jahren arbeite ich als freiberufliche Journalistin. Nun möchte ich ein Online-Portal gründen, auf dem ich sowohl über eigenständig erarbeitete Themen berichten wie auch (von mir überarbeitete) Presseinformationen von Unternehmen und Institutionen abdrucken will. Finanziell soll sich auf lange Sicht das Portal über Werbetexte (keine Banner etc.) tragen, die ich entweder selbst erstellt/überarbeitet habe oder komplett von Unternehmen zugeliefert bekomme. Eventuell kommen auch Sponsorengelder als finanzielle Unterstützung des Portals hinzu. Meine Frage: Muss ich dafür ein Gewerbe anmelden (evtl. Verlag) oder bin ich weiterhin freiberuflich tätig?

Antwort

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat festgestellt (Urteil vom 10.12.1997 - 1 K 1305/95): "Das Verfassen von Werbetexten im Interesse der auftraggebenden Firmen auf der Basis allgemeiner Vorgaben hinsichtlich der zu behandelnden Themen mit dem Ziel, auf das Unternehmen und ihre Produkte aufmerksam zu machen, ist als schriftstellerische Tätigkeit zu beurteilen, sofern die Texte ein Produkt origineller Gedankenarbeit sind. Eine gewerbliche Tätigkeit liegt auch dann nicht vor, wenn neben der Erstellung der Texte noch organisatorische Leistungen erbracht werden, falls diese der Haupttätigkeit dienen und lediglich Hilfsleistungen darstellen."

Im herkömmlichen Sinn liegt bei Ihnen eine schriftstellerische Tätigkeit in Verbindung mit einem Selbstverlag vor. Da es eine einschlägige Rechtsprechung für das Internet - etwa zu eBooks - noch nicht gibt, müssen die Grundsätze dieses Selbstverlages angewendet werden. Dabei kommt es darauf an, welche Tätigkeit überwiegt. Dabei kommt es sowohl auf den Umfang der jeweiligen Dienstleistungen an - als auch auf die Höhe der jeweiligen Einkünfte. Die Publikation von Werbetexten Dritter ist eindeutig gewerblich, schränkt also den Anteil Ihrer freiberuflichen Tätigkeit entsprechend ein.

Nach dem Stand der Dinge läuft es auf eine Verhandlungslösung mit dem Finanzamt hinaus und die Plausibilität einer eventuellen Begründung des deutlichen Überwiegens der freiberuflichen Dienstleistung. Eine Lösung könnte die Gründung einer zweiten gewerblichen Unternehmung für den Eigenverlag sein, mit getrennter interner Buchführung und Gewinnermittlung. Damit könnten Sie die Infektion Ihrer freiberuflichen Umsätze vermeiden.

Falls Sie zwei Unternehmen (freiberuflich und gewerblich) führen, können Sie Leistungen als Freiberuflerin an Ihren Verlag verkaufen, also in Rechnung stellen. Das kann für Sie wirtschaftliche Vorteile bringen. (Nicht nur) für eine derartige Konstruktion empfehle ich einen Steuerberater.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Diplom-Betriebswirt (FH)
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juli 2014

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