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Tonmeister in der Synchronbranche: freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Frage

Ich bin als Tonmeister in der Synchronbranche tätig und nehme nach meinem Ermessen Dialoge und Geräusche passend zum Bild auf und mische diese auch teilweise im Haus der Auftraggeber zur fertigen deutschen Fassung. Des Weiteren erstelle ich hin und wieder auch deutsche lippensynchrone Dialogbücher auf Grundlage des vorliegenden Filmmaterials. Bin ich mit diesen Tätigkeiten freiberuflich oder gewerbesteuerpflichtig?

Antwort

Wenn die Sache nicht eindeutig ist, bedarf es der Einzelfallprüfung. Dies kommt gerade im Bereich Kunst häufig vor. Grundlage für die Beurteilung der Tätigkeit des Tonmeisters ist die einschlägige Rechtsprechung. Das Finanzgericht Berlin hat schon 1986 festgestellt, dass die Tätigkeit eines Tonmeisters als freiberuflich im einkommensteuerlichen Sinne anzusehen ist, wenn aus musikalischen Leistungen einzelner Musiker ein Gesamtklangbild erstellt wird (FG Berlin, Urteil vom 30.9.1986, V 368/85, EFG 1987, S. 244). Hier wurde die Tätigkeit also als künstlerisch anerkannt.

Eine ebenso aktuelle wie ausführliche Darstellung zum Thema Kunst im Sinne des Einkommensteuergesetzes biete das BMWi mit der PRAXISHILFE: Freiberufliche Künstlerinnen und Künstler (PDF, 111  KB).

Der Bundesfinanzhof kam in einer anderen Sache zu folgenden Schlussfolgerungen:
(Zitat) 1. Stellen ein Kameramann und ein Tontechniker als Gesellschafter einer Personengesellschaft für Fernsehanstalten mit Originalton unterlegtes Filmmaterial über aktuelle Ereignisse her, sind sie als Bildberichterstatter freiberuflich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig.
2. Geben sie teilweise Aufträge an andere Kameramänner und Tontechniker weiter, ohne insoweit auf die Gestaltung des Filmmaterials Einfluss zu nehmen, sind sie mangels ausschließlich eigenverantwortlicher Tätigkeit insgesamt gewerblich tätig.
BFH-Urteil vom 20.12.2000 (XI R 8/00) BStBl. 2002 II S. 478 (Zitatende)

Die Tätigkeit des Tonmeisters kann also steuerlich freiberuflich sein, wenn die genannten Anforderungen erfüllt sind. Die Ausarbeitung „lippensynchroner Dialogbücher auf Grundlage des vorliegenden Filmmaterials“ erhärtet diese Auffassung.

Beachten Sie hierzu bitte das Folgende: Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es oft vor, dass Gründer dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden auch Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und Kosten verbunden.

Da Sie angeben, „teilweise im Haus der Auftraggeber“ zu arbeiten, sollten Sie noch das Folgende beachten: Die bisherigen Ausführungen stehen unter dem Vorbehalt der Selbstständigkeit. Die wichtigsten Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit sind ein eigenes Unternehmerrisiko, die Verfügbarkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. In der gesetzlichen Rentenversicherung liegt eine Versicherungspflicht vor, wenn 5/6 der Betriebseinnahmen aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber über einen vorausschauend berechneten bedeutsamen Zeitraum von einem Jahr erzielt wurden (Sozialgericht München - 24.03.2006 - S 27 R 2642/05).

Nähere Informationen hierzu bietet das BMWi in der Rubrik „Scheinselbständigkeit“.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Oktober 2018

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