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Sprecher für Hörspiele usw.: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich arbeite angestellt in einer 4-Tage-Woche und würde gern nebenberuflich Sprecherjobs für Hörspiel, Werbung und Synchron machen. Leider weiß ich nicht, ob ich mich dazu als Freiberuflerin oder Kleingewerbe anmelden muss. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir weiterhelfen und mir sagen könnten, an wen ich mich wenden muss.

Antwort

Nach der einschlägigen Rechtsprechung zur steuerlichen Freiberuflichkeit sind die von Ihnen angegebenen Tätigkeiten wie folgt einzuordnen:

Hörspiel

Zitat: „Wohl liege bei der schauspielerischen Mitwirkung als Sprecher in einem Hörspiel, das durch Funk übertragen werde, eine künstlerische Tätigkeit vor. In der künstlerischen Gestaltung hielten aber Reklamesendungen schon ihrer Zweckbestimmung nach einen Vergleich hiermit nicht aus. Es handle sich dem Sinn und Zweck der Werbesendung entsprechend nur um Werbemittel, nicht aber um die Übermittlung einer künstlerischen Leistung an das Publikum.“
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.06.1962, Aktenzeichen: IV 208/60 U

Bei Hörspielen können Sie also von einer künstlerischen und damit freiberuflichen Tätigkeit ausgehen. Bei der Werbung wird es kritisch - siehe den Abschnitt zur Werbung.

Synchron

Synchronsprecherinnen (und Synchronregisseure) sind in der Regel selbstständig, das bedeutet im Steuerdeutsch freiberuflich.
(BFH Urteile vom 1.3.1973, IV R 231/69, BStBl II 1973, 458, vom 12.10.1978, IV R 1/77, BStBl II 1981, 706, vom 3.8.1978, VI R 212/75, BStBl II 1979, 131), weil sie im Gegensatz zu Schauspielern nicht so fest in die Organisation des die Synchronisation beauftragenden Unternehmens eingegliedert und zeitlich weniger gebunden sind; für Freiberuflichkeit spricht auch die Dienstleistung einer Synchronsprecherin, die von mehreren Unternehmen eine größere Zahl von Aufträgen übernimmt, die nicht durch einen Rahmenvertrag miteinander verbunden sind. Dies gilt auch für Synchronsprecherinnen, die z.B. bei Werbefilmen den Begleittext in einer anderen Sprache sprechen. Damit kommen wir zur Werbung:

Werbung

Einnahmen aus schauspielerischer Tätigkeit im Bereich der Werbung können, wenn sie als eigenschöpferische Leistungen zu werten sind, zu den Einkünften aus selbständiger künstlerischer Tätigkeit gehören. Eine eigenschöpferische Leistung liegt in der Regel nicht vor, wenn sich die Tätigkeit des Künstlers darauf beschränkt, die Rolle eines Produktbenutzers zu sprechen oder zu spielen sowie lediglich den Gegenstand seiner Werbung anzupreisen.

Zitat aus der Rechtsprechung: „Allein entscheidend ist, ob der Schaffende schöpferische Leistungen vollbringt, d.h. Leistungen, in denen sich seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft widerspiegeln und die neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen.“
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.06.1962, Aktenzeichen: IV 208/60 U
Darüber hinaus hat der Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 16. September 2014 VIII R 5/12 entschieden, dass die selbstständige Tätigkeit einer Moderatorin von Werbesendungen für einen Verkaufssender - im Streitfall Präsentation von Produkten aus den Bereichen Wellness, Kosmetik, Gesundheit sowie Reisen - nicht zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit, sondern zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt, die der Gewerbesteuer unterliegen.

Bei der Werbung wird es also mit der Freiberuflichkeit kritisch. Möglicherweise können Sie davon ausgehen, dass Sie im Rahmen Ihrer Nebentätigkeit nicht alle Kriterien der Gewerbetätigkeit erfüllen. Falls Sie Einnahmen aus Tätigkeit in der Werbung nur gelegentlich und nicht regelmäßig erzielen, wäre eine wichtige Anforderung nicht erfüllt. Meine Empfehlung lautet: Zeigen Sie dem Finanzamt für Hörspiel und Synchron eine freiberufliche (selbstständige) Tätigkeit an. Fragen Sie dort darüber hinaus an, ob Einverständnis besteht, Ihre Dienstleistung in der Werbung ebenfalls als nicht gewerblich einzustufen - mit obiger Begründung. Im Zweifelsfall könnten Sie auch in Ihren Einkommensteuererklärungen die Einkünfte aus der Werbung getrennt als gewerblich angeben. Wenn Sie in diesem Fall Kosten haben, die sowohl den freiberuflichen als auch der gewerblichen Tätigkeit zuzuordnen sind, können Sie diese durch Schätzung aufteilen. Sollten Sie dennoch zu dem Ergebnis kommen, ein Gewerbe anzumelden, so bedenken Sie bitte, dass alleine der Freibetrag hier 24.500 Euro beträgt.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Mai 2017

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