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Selbständiger Übersetzer: Voraussetzungen?

Frage

Ich bin Dipl.-Informatiker mit entsprechender Berufspraxis. Nun möchte ich mich mit Interesse und Talent für Sprachen hauptberuflich als Übersetzer selbstständig machen. Im Job war Sprache oft Englisch und ich habe ein Jahr in Spanien studiert. Kann ich mich so als Freiberufler anmelden? Hier war zu lesen: „Ein Abschluss als "staatlich geprüfter Dolmetscher/Übersetzer" oder ein Hochschulabschluss ist hier für die Freiberuflichkeit unabdingbar". Aber gibt es dazu eine Grundlage? Es ist doch ein Katalogberuf nach Paragraph 18 EStG; dort ist kein Abschluss vorgeschrieben und die Bezeichnung ist nicht geschützt. Müsste der Freiberuflerstatus so nicht unabhängig vom Abschluss sein? Ich denke, die meisten Quereinsteiger-Übersetzer melden sich doch als Freiberufler an. Falls nicht: Reicht ein Hochschulabschluss (Informatik) und/oder Berufspraxis Englisch/Studium im Ausland für die Einstufung als Freiberufler oder müsste ich dann Gewerbe anmelden?

Antwort

In § 1 Abs. 2 PartGG (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) heißt es: „Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.“

Dienstleistungen höherer Art erfordern in der Regel einen (Fach-)Hochschulabschluss. Ausgenommen sind künstlerische Berufe. In einigen Berufen ist für staatlich geprüfte Berufe der Zugang zum freien Beruf möglich. So ist etwa ein staatlich geprüfter Fremdsprachenkorrespondent ein Zugangsberuf zum freiberuflichen Berufsfeld „Dolmetscher/Übersetzer“. Dolmetscher und Übersetzer gehören unter diesen Voraussetzungen zu den so genannten Katalogberufen (§18 Abs.1 Nr.1 Satz2 EStG).

Entscheidend ist auch die Leistungserbringung in eigener Person (Vergabe von Aufträgen an Dritte nur in begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn die hierbei übersetzten Sprachen nicht selbst beherrscht werden). Anders sieht es aus, wenn Sie als Informatiker wissenschaftliche Übersetzungen anbieten. Dann müssen Sie nachweislich auch über ausreichende Kenntnisse in der jeweiligen Wissenschaft verfügen. Auch hier gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung. Sind die Voraussetzungen erfüllt, können Sie Ihre Übersetzertätigkeit beim zuständigen Finanzamt anzeigen als „selbstständige Tätigkeit“ im Gegensatz zur gewerblichen Selbstständigkeit.

Allerdings sind Sie richtig informiert, wenn Sie bei vielen Übersetzern oder auch Dolmetschern von einem „vereinfachten Zugang“ zum freien Beruf ausgehen. Dies beruht auf der Annahme, dass Dolmetscher und Übersetzer explizit als freie Berufe benannt sind („Katalogberufe“). Dabei bleibt der Aspekt der Dienstleistung höherer Art unberücksichtigt, wobei auch das Gewerberecht entsprechende Vorgaben beinhaltet.

Sollten Sie sich trotz dieser Feststellungen entschließen, dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so beachten Sie bitte noch das Folgende: Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständige Dienstleister dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden.

Unabhängig davon können Sie sich mit dem Finanzamt in Verbindung setzen, das auch eine beratende Funktion hat. Sollten Sie sich auf eine gewerbliche Betätigung verständigen, so hilft Ihnen ein Hinweis auf die Gewerbesteuer: Als Einzelunternehmer wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.500 Euro auf den Gewinn gewährt.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Januar 2020

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